Tempo 30 bei der Fasnet

Auch in der närrischen Gemeinderatssitzung in Eutingen ging es politisch zur Sache

Die Narren stürmten gestern Abend das Eutinger Rathaus. Prinzessin Diana und Prinz Joachim übernahmen bis Aschermittwoch die Regentschaft. Tobias Plaz schaute als Wahrsagerin in die Zukunft.

05.02.2016

Von Dunja Bernhard

Kurz vor seiner Entmachtung übergab Bürgermeister Armin Jöchle Prinzessin Diana mit ihrer Gefolgschaft noch die Aufgabe, beim Eutinger Umzug am Sonntag für das 30er-Tempo in der Ortsdurchfahrt zu werben. Einige Demonstrationsschilder brachte er gleich mit. Bild: dun

Kurz vor seiner Entmachtung übergab Bürgermeister Armin Jöchle Prinzessin Diana mit ihrer Gefolgschaft noch die Aufgabe, beim Eutinger Umzug am Sonntag für das 30er-Tempo in der Ortsdurchfahrt zu werben. Einige Demonstrationsschilder brachte er gleich mit. Bild: dun

Eutingen. Fragen seien nicht nötig, sagte Tobias Plaz in weißer Bluse und mit schwarzhaariger Perücke als Wahrsagerin Esmeralda. Durch Gedankenlesen könne er sehen, was die Zuhörerschaft wissen wolle. Und auch das, was sie nicht wisse. „Zunftmeister und Vize wissen nicht, was ein Kolloquium ist“, behauptete er. Das sei ein Fachgespräch. „Und genau das soll es heute Abend werden.“

Als Referenzen für ihre Qualitäten führte die Wahrsagerin an, dass der SV Eutingen sie jedes Jahr die Aufstellung machen lasse, und sie Heggo Pusch die Blitzer zwischen Eutingen und Haiterbach voraussage.

Der umfangreiche Fragenkatalog der Narrenzunft an die Wahrsagerin sei, nach einem Blick auf den Kostenvoranschlag, auf vier Fragen zusammengestrichen worden, plauderte Plaz. Die Renovierung der Eutinger Halle finde vor einem Jubiläum statt, verriet ihm die Kristallkugel. Ob es das zum 50-jährigen Bestehen der Gemeinde Eutingen 2025 oder das zum 40-jährigen Dienstjubiläum von Bürgermeister Armin Jöchle 2031 sei, könne er nicht erkennen. Die Fasnet weiche während der Bauphase in den „größten Ziegenstall Deutschlands“ aus. Die neue Halle des Nabus werde wegen eines Rechenfehlers nämlich anderthalb Mal so groß wie geplant. Damit die Fasnet nicht unter dem demografischen Wandel leidet, schmiedet 2019 Hansi Seefried zusammen mit den Doktores Oberle und der Apothekerin einen Plan, behauptete Plaz. Statt der Anti-Baby-Pille werden Placebos verschrieben und Kondome mit Löchern verkauft. 2025 werden die Schelladralle dann 25 Kinderwagen im Umzug mitschieben.

Nach zunächst rosigen Aussichten sah die Wahrsagerin dunkle Wolken für die finanzielle Situation der Gemeinde aufziehen. Die Karten zeigten „unerwartete Geschenke“, „mehr Geld als Laub auf der Straße“, ein Freibad, eine Drehleiter für die Feuerwehr und einen großen Spielplatz. Doch die Kuh der Steuereinnahmen gebe plötzlich keine Milch mehr. Die Gemeinde stelle einen Insolvenzantrag, Kämmerer Walter Volk sei der Schwarze Peter. Das passte gut. Die Rathausmitarbeiter hatten sich als Schornsteinfeger verkleidet.

Bevor die Narren Bürgermeister Armin Jöchle mit lautem Tamtam absetzten und ihm den Rathausschlüssel entwendeten, stellte er noch einen Eilantrag. Die Eutinger Halle solle „uff jeden Fall vor da Weitinger Halle“ saniert werden. Eine Unterschriftenliste hatte er auch mitgebracht. „Da steht zwar mein Name drauf, aber ich habe gar nicht unterschrieben“, stellte Prinz Joachim fest. Das solle in Eutingen schon öfter vorgekommen sein, klärte Jöchle ihn auf. Die Abstimmung über den Antrag verlief etwas zäh. Erst einmal sollen Vertrauensleute benannt werden, die einen Bürgerentscheid organisierten.

Für die neuen Regenten hatte Jöchle eine Aufgabe mitgebracht. Prinzenpaar und Narrenrat sollen beim Umzug am Sonntag mit 15 weiteren Personen als fußläufige Gruppe mitmarschieren und für das 30er-Tempolimit im Ort werben. Der Bürgermeister hatte schon entsprechende Schilder vorbereitet. „Bitte“, „30“ und „Danke“ war darauf zu lesen. Die Eutinger dürfen gespannt sein, was sich die närrische Regierung bis Sonntag noch einfallen lässt.

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Erstellt:
05.02.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 05.02.2016, 01:00 Uhr

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