Podolskis Abschied von der Nationalmannschaft

Auf das weltmeisterliche Fest folgt der strategische Umbruch

Der Abschied Podolskis bedeutet eine Zäsur. Bundestrainer Löw muss möglichst schnell eine Stammformation für die WM finden.

24.03.2017

Von ARMIN GRASMUCK

Mann des Abends: Lukas Podolski wurde nach seinem Abschiedsspiel von den Mitspielern und den Fans im Stadion gefeiert. Foto: actionpress

Mann des Abends: Lukas Podolski wurde nach seinem Abschiedsspiel von den Mitspielern und den Fans im Stadion gefeiert. Foto: actionpress

Dortmund. Der Abend der großen Gefühle hat auf der Ehrenrunde die leidenschaftliche Pointe bekommen. Gleich in der ersten Kurve stieg Lukas Podolski auf das Absperrgitter, legte sich einen rot-weißen Schal um den Hals und feierte unter donnerndem Applaus mit den Anhängern des 1. FC Köln. Hunderte von Fahnen und Trikots in den Farben seines Heimatvereins leuchteten von den Rängen. Die Südtribüne des Dortmunder Stadions, als „gelbe Wand“ bekannt und eigentlich der Stammplatz der Borussen-Anhänger, schien fest in Kölner Hand. Dazu lief der Gassenhauer „Kölsche Jung“ in einer Dauerschleife. Mancher Zuschauer war von der emotionalen Magie des Moments so gerührt, dass die Tränen liefen.

Ende einer Ära

Podolski konnte die Atmosphäre in der Arena und die letzten Schritte im Dress der deutschen Nationalmannschaft spürbar genießen. Es war sein Abschiedsspiel, und er hatte höchstpersönlich dazu beigetragen, dass es sich zu einem einzigartigem Ereignis entwickelte. Mit einem traumhaften Knaller aus mehr als 20 Metern direkt in den Winkel hatte er in dem freundschaftlichen Duell mit der englischen Auswahl das Tor des Tages erzielt, bevor er, begleitet von dem tosenden Beifall der 60?000 Besucher, abtrat. „Man kann sich nichts Besseres wünschen“, so befand Podolski zu vorgerückter Stunde: „Ein geiles Stadion, ein geiles Spiel, ein geiler Gegner – es war wie im Film.“

In 128 der 130 Länderspiele, die er für die deutsche Elf bestritt, stand ihm Joachim Löw als Trainer oder Co-Trainer zur Seite. Der Fußballlehrer schätzte den verlässlichen Charakter des torgefährlichen Angreifers, der mit seiner energiegeladenen Art auch die Kollegen mitzureißen wusste. Er hielt ihn stets für ein bedeutendes Element in der Struktur der Mannschaft. „Wenn man sich etwas hätte wünschen können, dann das, was passiert ist“, sagte Löw. „Besondere Spieler haben einen besonderen Abschied.“ Mit dem Ausstieg Poldolskis endet in der Nationalmannschaft eine Ära. Der Kölner gehörte nach dem Tiefpunkt bei der EM 2004, als die DFB-Elf mit nur zwei mickrigen Remis und einer Niederlage bereits in der Vorrunde ausgeschieden war, neben Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zu den Schlüsselspielern. Er trug auch entscheidend dazu bei, dass Löws Auswahl bei der WM 2014 triumphieren konnte.

Auf die große Abschiedsfeier im Mannschaftshotel mussten der Bundestrainer und sein Lieblingsschüler aus professionellen Gründen verzichten. Der Blick galt dem Pflichtspiel in der WM-Qualifikation an diesem Sonntag in Aserbaidschan. Löw riet seinen Spielern vorsorglich, die Aufgabe in der gut 3600 Kilometer entfernten Metropole Baku auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaft mit dem nötigen Ernst anzugehen. „Ich bin absolut überzeugt, dass wir unsere Siegesserie fortfahren und unsere weiße Weste behalten“, sagte Löw. Das ist unser Ziel, und das gehen wir die nächsten zwei, drei Tage an.“

Werners durchwachsenes Debüt

Für den DFB-Coach scheint das Gastspiel eine weitere günstige Gelegenheit zu sein, den Umbruch in seinem Kader zu beschleunigen. Stammkräfte wie Sami Khedira, Mesut, Özil, Julian Draxler und Mario Gomez, die das Testspiel gegen England verletzungsbedingt absagen mussten, haben sich für den Trip nach Aserbaidschan zurückgemeldet.

Dagegen muss Timo Werner, der in Dortmund sein Debüt in der Nationalelf gegeben hatte, passen. Der Schwabe in Diensten von RB Leipzig zog sich in dem Test gegen England einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zu. Sein erster Auftritt in der Eliteauswahl verlief durchwachsen. Der pfeilschnelle Angreifer bemühte sich redlich, doch meist vergebens. Dem in der Bundesliga treffsicheren Stürmer gelang kein einziger Schuss auf das Tor. „Es war ein tolles erstes Spiel und hat mir großen Spaß gemacht“, so empfand es Werner.

Die zauberhafte Kraft dieses Abends schien auch ihn erfasst zu haben. Werner, der Talentierte, konnte zumindest mit einer wertvollen Erkenntnis abreisen: Der Weg zur Ehrenrunde ist weit.

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Erstellt:
24.03.2017, 06:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 24.03.2017, 06:00 Uhr

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