Axolotl Overkill

Axolotl Overkill

Helene Hegemann hat ihren Roman über eine Teenagerin, die hemmungslos durchs Berliner Nachtleben taumelt, selbst verfilmt.

02.04.2017

Von Klaus-Peter Eichele

Axolotl Overkill

Ihr autobiografischer Debüt-Roman „Axolotl Roadkill“ über eine Berliner Schülerin, die sich wenig um Manieren und Moralvorstellungen schert, machte die damals 17-jährige Helene Hegemann vor sieben Jahren zum Star des Feuilletons. Jetzt hat die Autorin den Roman nach eigenem Drehbuch selbst verfilmt. Die Hauptrolle, immerhin, überließ sie der Schweizerin Fritzi Jasna Bauer, die sich in Filmen wie „Barbara“ und „Scherbenpark“ bereits als Spezialistin für unangepasste junge Frauen hervorgetan hat.

Bauer spielt also die 16-jährige Mifti, die raucht, säuft, Drogen konsumiert, sexuell mit wechselnden Partnern unterschiedlichen Alters und Geschlechts verkehrt, die Schule schwänzt und sich die Nächte im Technoclub um die Ohren haut – ohne dass all diesem Problemverhalten, wie in den pädagogisch wertvollen Jugendfilmen, Strafe oder wenigstens Einsicht und Läuterung auf dem Fuße folgen würde. Mit etwas gutem Willen kann man hinter ihrem Verhalten eine wildwütige Rebellion gegen den Zynismus der Welt, den vor allem Miftis wohlhabender Vater repräsentiert, erkennen.

Der Rast- und Orientierungslosigkeit der Figur entspricht Hegemanns Inszenierung. Im Stil einer Collage reiht die Regisseurin komische, traurige und surreale Szenen aus Miftis Alltag aneinander, die weder narrativ noch moralisch auf ein bestimmtes Ziel zulaufen. So muss man sich auch den Werdegang der Teenagerin – den Tod der Mutter, das zwiespältige Verhältnis zum Vater, die Flucht in eine chaotische Wohngemeinschaft mit ihren Halbgeschwistern – mühsam aus an unterschiedlichen Stellen eingestreuten Informationen erschließen.

Hegemanns sprunghafter Erzählduktus macht das Zuschauen mitunter zur Strapaze, erlaubt am Ende aber vielleicht doch einen authentischeren Einblick ins Naturell dieser Kreuzung aus Pipi Langstrumpf und Christiane F., als wenn ihr Leben in eine konventionelle Coming-of-Age-Geschichte gepresst worden wäre. Stabilisiert wird das konfuse Potpourri von der großartigen Hauptdarstellerin, die das Zerbrechliche, Aufrührerische, Verzweifelte und Rotzige der Figur famos zu einer Charakter-Einheit zusammenschweißt.

Bringt bei allen dramaturgischen Schwächen frischen Wind ins Coming-of-Age-Genre.

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Erstellt:
02.04.2017, 12:46 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 57sec
zuletzt aktualisiert: 02.04.2017, 12:46 Uhr

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