Caracas, eine Liebe

Caracas, eine Liebe

Zwischen einem wohlhabenden Homosexuellen und einem Straßenjungen entwickelt sich in Venezuela eine eigentümliche Beziehung.

28.02.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Caracas, eine Liebe

Im Macho-Paradies Venezuela schwul zu sein, ist kein Zuckerschlecken. Armando (Alfredo Castro) hat also gute Gründe, seine Neigung nicht offen auszuleben. Stattdessen gabelt der wohlhabende Zahntechniker von Zeit zu Zeit junge Kerle aus dem Armenviertel von Caracas auf, die sich gegen Geld für ihn ausziehen. Einer dieser armen Schlucker ist Elder (Luis Silva), der sich mit Diebstählen über Wasser hält und bei Auseinandersetzungen mit anderen Gangs besonders brutal zu Werke geht.

Das bekommt auch Armando zu spüren. Beim ersten Date wird er von Elder als Schwuchtel beschimpft, zu Boden geschlagen und ausgeraubt. Doch wider Erwarten sucht der Gedemütigte weiter die Nähe des allmählich zahmer werdenden Straßenjungen. Er führt ihn zum Essen aus, und als Elder selbst halbtot geprügelt wird, pflegt ihn Armando in seiner Wohnung gesund.

Anfangs von der Aussicht auf Geld und Lust zusammengehalten, bekommt die Beziehung mit der Zeit eine emotionale Komponente; sie scheint beiden eine Chance zu bieten, sich aus ihrer Isolation beziehungsweise Einsamkeit zu befreien. Allerdings streut Regisseur Lorenzo Vigas von Beginn an auch Hinweise, dass Armando insgeheim etwas ganz anderes im Schilde führt. So gesellt sich zur eigentümlichen Liebesgeschichte ein unterschwelliger Thriller-Touch.

Auf einer dritten Ebene spiegelt die zwischen symbiotisch und parasitär oszillierende Beziehung aber auch die politischen und soziokulturellen Verhältnisse in Venezuela: die Homophobie ebenso, wie den Zorn der Klassen aufeinander und die Sehnsucht nach einem sozialen Frieden. Beim Festival in Venedig gewann der Debütfilm im Vorjahr überraschend den Goldenen Löwen.

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Erstellt:
28.02.2016, 17:40 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 46sec
zuletzt aktualisiert: 28.02.2016, 17:40 Uhr

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