Das brandneue Testament

Das brandneue Testament

Schräge Komödie mit Benoît Poelvoorde als Gott, der die Menschen nach Lust und Laune quält.

03.01.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Gott ist ein Stinkstiefel: Das brandneue Testament

Vater unser im Himmel? So ein Schmarrn! Im Film des Belgiers Jaco Van Dormael („Toto der Held“) residiert Gott in Brüssel und ist, mit Verlaub, ein Arschloch. Seine Frau und seine kleine Tochter, von denen die Allgemeinheit wohlweislich nichts weiß, behandelt er wie den letzten Dreck; sein Sohn hat sich deswegen schon vor 2000 Jahren aus dem Staub gemacht. Mehr noch bekommen die gewöhnlichen Menschen die ewig schlechte Laune des Tyrannen zu spüren. Um ihnen das Leben schon auf Erden zur Hölle zu machen, heckt er ständig Plagen aus oder ersinnt fiese Gebote: etwa, dass das Brot grundsätzlich auf die Marmeladenseite fällt. Bis Töchterchen Ea eines Tages der Kragen platzt und sie aus Rache jedem Menschen übers Handy sein genaues Todesdatum mitteilt ? mit der fatalen Folge, dass fortan keiner mehr an den alten Herrn glaubt.

Diese erste halbe Stunde des Films ist brillant: Religionssatire vom Feinsten, die einen Vergleich mit dem „Leben des Brian“ nicht zu scheuen braucht. Wie Gott an der Modelleisenbahn mit breitem Grinsen verherende Katastrophen simuliert, ist nur eine von vielen grandiosen Szenen, die Gläubige zum Schaudern bringen dürfte.

Die zweite Hälfte fällt dagegen ab: Aus nicht ganz ersichtlichen Gründen mischt sich Ea unter die Menschen, um unter den Mühseligen und Beladenen sechs Apostel zu rekrutieren. Das erinnert von Ferne an „Amélie“, gerät aber arg süßlich und ist auf Dauer langatmig ? da helfen weder die surreal märchenhaften Bilder noch Catherine Deneuve, die, um sich von ihrem schäbigen Ehemann zu emanzipieren, mit einem Gorilla im Bett fläzt.

Zum Glück heftet sich Gott an die Fersen seiner ungehorsamen Tochter ? und muss nun in Brüssels Problemvierteln seine eigenen Sauereien ausbaden. Das verschafft erheblich mehr Befriedigung, als Eas lauer Feldzug für die Nächstenliebe.

Allmächtigen-Bashing vom Feinsten. Den süßlichen Rest muss man absitzen.

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Erstellt:
03.01.2016, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 59sec
zuletzt aktualisiert: 03.01.2016, 11:11 Uhr

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Klex 10.12.201518:31 Uhr

Die Religions- und Gesellschaftskritik ist ein bisschen angestaubt (das ,,Leben des Brian" ist immerhin 36 Jahre alt, das müsste man schon toppen) und auch die Apostelgeschichten sind nicht gerade originell, obwohl genau das der Film furchtbar gern sein möchte. Nur der Schluss ist so sympathisch und unterhaltsam, dass man immerhin 3. Sterne geben kann. Dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis dennoch besser ist als bei allen 4 ,,Tributen von Panem" versteht sich von selbst.