Hollywood-Horror auf Hohenzollern

Der Fürstensitz diente als Gruselkulisse

Mit geschätzten 70 Millionen Dollar Produktionskosten ist „A Cure for Wellness“ der bislang größte Filmdreh der Region. Kinostart ist am 23. Februar.

07.02.2017

Von Eike Freese

Skeptischer Blick nach oben zur Burgmauer: Dane Dehaan ist einer der Hauptdarsteller im Film „A Cure for Wellness“. Daneben: Die Burg Hohenzollern vor Schweizer Alpenpanorama. Bild: Verleih)

Skeptischer Blick nach oben zur Burgmauer: Dane Dehaan ist einer der Hauptdarsteller im Film „A Cure for Wellness“. Daneben: Die Burg Hohenzollern vor Schweizer Alpenpanorama. Bild: Verleih)

Ein Horrorfilm für mehr als 50 Millionen Dollar? Das gilt selbst in Hollywood-Kreisen als mutig. Im Genre ist finanzieller Erfolg nicht automatisch programmiert – selbst nicht mit einem Erfolgs-Regisseur wie Gore Verbinski („Fluch der Karibik“), dem vor 15 Jahren immerhin das Blockbuster-Remake des Grusel-Klassikers „The Ring“ gelang. Doch den US-Produzenten ist für „A Cure for Wellness“ kaum etwas zu teuer: Beim Football-Event „Super Bowl“ am Sonntag schalteten sie einen der berüchtigt millionenschweren Werbespots – und steckten zuvor geschätzte 70 Millionen Dollar in den Streifen.

Ein großer Teil der Produktionskosten landete in Deutschland. Genauer: auf der Burg Hohenzollern, die als Haupt-Schauplatz der Grusel-Geschichte dient. Der Fürsten-Stammsitz ist im Film ein herrschaftliches Sanatorium – allerdings eines, in dem die Gäste nur wenig gesundheitsförderliche Behandlung erfahren. Im Sommer 2015 starteten auf dem Zoller die Arbeiten an dem rund 140 Minuten langen Film – zehn Tag Dreh zwischen Basteien und Türmen, 500 Mitarbeiter, komplett abgeschottet von der Außenwelt.

„Der Kreis der möglichen Drehorte in Deutschland war für uns zuvor ziemlich schnell ziemlich überschaubar geworden“, sagt Markus Bensch, als „Production Executive“ bei den Filmstudios Babelsberg fürs „Location-Scouting“ zuständig: „Wir suchten nach einer großen Burg, die solitär auf einem Berg steht. Das lässt den Kreis der Möglichkeiten schon einmal kleiner werden. Unter der Burg sollte es ein kleines Dorf geben können – und die Burg selbst sollte optisch dafür taugen, ein 5-Sterne-Sanatorium zu beherbergen.“

Bensch hat zuletzt Drehorte für die „Bourne“-Reihe, die TV-Serie „Homeland“ oder die „Tribute von Panem“ ausfindig gemacht. Wie so oft, sagt er, war es auch beim Dreh auf der Burg Hohenzollern nicht einfach, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Beispiel: Ein großer Teil der rund 300 000 Besucher im Jahr, die die Burg zur Finanzierung dringend braucht, reist in den Sommermonaten an. Zwei Wochen Film-Quarantäne für das weltbekannte Gebäude bedeuten also immense Ausfälle. „Und obwohl wir den Dreh auf allen Kanälen angekündigt hatten“, sagt Burg-Leiterin Anja Hoppe, „standen viele Spontan-Besucher in der Zeit vor verschlossenen Türen“.

Doch natürlich hat die Burg, und auch die Region, einiges von einem Blockbuster-Dreh direkt vor Ort: „Es ist weniger das direkt Wirtschaftliche“, so Markus Bensch, „aber immer ein Image-Gewinn, wenn Millionen Leute einen Drehort im rechten Licht sehen“. Zudem beobachte die Filmindustrie genau, sagt er, ob Städte, Gemeinden und einzelne Orte sich offen für die nicht selten komplexen Belange der Branche zeigen. „Ein perfektes Beispiel ist die Stadt Görlitz“, so Bensch: „Als ‚In 80 Tagen um die Welt‘ für uns dort prima funktioniert hat, folgten kurz darauf ‚Der Vorleser‘ und ‚Inglourious Basterds‘.“

Rund um so einen Dreh entsteht ein enormer logistischer Aufwand für die Film-Crew, aber auch für die Anbieter des Drehorts. Während der Julitage 2015 hatten sich die Parkplätze unter der Burg in Lager für die rund 500 Mitarbeiter verwandelt. Nur eine Handvoll Schauspieler und wenige Statisten waren darunter – dafür aber gleich mehrere Kamera-Teams, Kostümbildner, Bühnenbildner, Techniker und das Catering. Der ganze Dreh verlief energietechnisch autark: „Wir brauchen für die Dreharbeiten so viel Strom, das kann die Burg gar nicht leisten“, sagt Markus Bensch. Beschäftigung gab es dennoch für die Schwaben vor Ort: Zehn Mitarbeiter der Burg standen während der Drehzeit bereit, um rund um den Zoller Türen zu öffnen und zu helfen. Die örtliche Feuerwehr passte auf, wenn etwa der Stuntman ferngesteuerte Mercedes-Limousinen neben der Burg-Zufahrt durchs Unterholz krachen ließ. Letztendlich werteten es alle als Ehre, dass Hollywood den Namen des Hohenzollern verbreitet.

In der Region erhielt die Hoffnung auf mehr Präsenz in den Kinosälen dadurch neues Futter. Seit diesem Jahr gibt es die „Film Commission Neckar-Alb“ von der Standort-Agentur der Kreise Tübingen, Reutlingen und Zollernalb. Sie soll Häuser, Fabriken, Schlösser, Straßen und Natur als mögliche Drehorte sammeln und aufbereiten - damit es künftige „Location Scouts“ einfacher haben, den nächsten Film in der Region anzusiedeln. 25 000 Euro im Jahr (plus 20 000 Euro von der Filmförderung) gibt es dafür zunächst. Man erwartet sich wirtschaftlichen Input für die Zeit der Dreharbeiten – aber auch mehr Touristen.

Auch die Burg Hohenzollern stellt sich aufgrund des Films auf den einen oder anderen künftigen Kino-Touristen ein. „Sobald die Medien-Sperre für den Inhalt des Films endet“, sagt Anja Hoppe, „bekommen unsere Mitarbeiter eine Schulung, damit sie Besuchern etwas erzählen können.“ Derzeit darf, auch im TAGBLATT, noch kaum etwas über den Streifen verraten werden. „Das ist so üblich, um die Spannung hochzuhalten“, sagt Anne Schütz, die die Öffentlichkeitsarbeit für „A Cure for Wellness“ besorgt. Vor allem bei Thrillern fürchten die Produzenten nicht selten die berühmten „Spoiler“ im Internet, die Kinogängern den Spaß verderben.

Markus Bensch, Mitarbeiter der Filmstudios Babelsberg und Burg- Leiterin Anja Hoppe. Bild: Freese

Markus Bensch, Mitarbeiter der Filmstudios Babelsberg und Burg- Leiterin Anja Hoppe. Bild: Freese

„A Cure for Wellness“

Die amerikanisch-deutsche Co-Produktion „A Cure for Wellness“ kommt am 23. Februar in die deutschen Kinosäle. Der Horrorthriller ist ab 16 Jahren freigegeben. Schauspieler Dane Dehaan spielt in dem Film einen Mitarbeiter, der auf der Suche nach seinem verschollenen Chef in ein Schweizer Sanatorium aufbricht. Jason Isaacs und Mia Goth sind in weiteren Rollen zu sehen. Das Bühnenbild besorgte die dreifach Oscar-nominierte Britin Eve Stewards („The King’s Speech“), die Kostüme die oscarprämierte Britin Jenny Beavan („Mad Max: Fury Road“).

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Erstellt:
07.02.2017, 21:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 43sec
zuletzt aktualisiert: 07.02.2017, 21:00 Uhr

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