Bitte kein Brexit

Der gebürtige Engländer David Brittain hofft, dass die Insel die EU nicht verlässt

Heute entscheiden die Briten, ob sie in der Europäischen Union bleiben wollen oder nicht. Der Volksentscheid wird auch in Deutschland sehr genau verfolgt, denn ein Austritt von Großbritannien könnte weitreichende Konsequenzen haben. Wir haben zwei Männer, die der Insel eng verbunden sind, über ihre Meinung befragt.

23.06.2016

Von dagmar stepper

Vielen Briten ist die EU fremd geblieben, Protest gegen die ungeliebte politische Gemeinschaft hat Tradition: Das Bild entstand bei einer Demonstration in London im Mai 1999. Beim heutigen Referendum geht es nun ums Ganze. Archivbild: Metz

Vielen Briten ist die EU fremd geblieben, Protest gegen die ungeliebte politische Gemeinschaft hat Tradition: Das Bild entstand bei einer Demonstration in London im Mai 1999. Beim heutigen Referendum geht es nun ums Ganze. Archivbild: Metz

Göttelfingen/Horb. „Ein Austritt wäre ganz schlimm.“ David Brittain (60) findet klare Worte. Der gebürtige Londoner wohnt zwar seit 38 Jahren in Deutschland, doch ein möglicher Brexit treibt ihn sehr um. Abstimmen darf er selbst nicht, aber wenn, würde er auf jeden Fall für den Verbleib votieren. „Denn es hätte nur Nachteile“, ist er überzeugt. Brittain sieht auf sein altes Heimatland nicht nur wirtschaftliche Nachteile zukommen, sondern auch das Image von Großbritannien würde darunter leiden. „Die USA sehen Großbritannien als Brücke nach Europa. Wenn wir die EU verlassen, habe ich Angst, dass wir isoliert werden“, sagt er. Er befürchtet, dass internationale Konzerne der Insel den Rücken kehren könnten. Der Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox, der von einem vermeintlichen Austrittsbefürworter begangen wurde, hat ihn erschreckt: „Das ist einfach furchtbar!“

In den vergangenen Tagen hat er viele englische Zeitungen gelesen. „Es ist unglaublich, was da teilsweise für Hass-Kampagnen laufen“, meint Brittain. Ihn ärgert auch, dass teilweise Unfug verbreitet wird. So würden sich Brexit-Befürworter beispielsweise darüber mokieren, dass zu viele Ausländer in Großbritanien leben würden. Denn mit der freien Wohnortswahl für EU-Bürger sind eben auch EU-Bürger – darunter viele Polen – nach England gekommen. „Diese Leute hoffen, dass mit dem Austritt es wieder mehr englische Ärzte oder Fußballer gibt“ – Brittain kann darüber nur den Kopf schütteln.

Über die Gründe, warum es in Großbritannien zu einem Referendum kommen konnte, sagt er Folgendes: „Viele Briten sehen Großbritannien immer noch als Weltmacht.“ Sie würden gerne eine isolierte Insel bleiben und kein Teil von Europa: „Vielen passt es nicht, dass in Brüssel und nicht in London entschieden wird.“ Auch dass England jährlich über 6 Milliarden Euro in die EU einbezahlt, nerve sie. „Sie denken, Großbritannien geht es ohne die EU besser.“

Brittain wird heute sehr genau die Nachrichtenlage verfolgen. Und hoffen, dass sich England fürs Bleiben entscheiden wird. Auch wenn Brittain sehr wahrscheinlich in Göttelfingen wohnen bleibt. Er ist übrigens 1978 aus beruflichen Gründen nach Deutschland gekommen: „Ich dachte, ich bleibe vielleicht für zwei Jahre. Daraus wurden dann 38.“

Dirk Eickenhorst ist zwar kein Brite, der Insel aber eng verbunden: Als 14-Jähriger war er zum ersten Mal in Großbritannien und seither regelmäßig zu Besuch. Eickenhorst ist Vorsitzender des Englisch-Speaking-Circle, der auch Mitglieder in Horb hat, sich hier regelmäßig trifft: „Der Brexit wäre für keinen ein Gewinn“, ist der Balinger überzeugt. Er plädiert leidenschaftlich dafür, das England in der EU bleibt: „Was ist England ohne Europa – und Europa ohne England?“, fragt er. Nicht nur aus wirtschaftliche Sicht wäre ein EU-Austritt fatal: „Es ist wichtig, dass wir zusammenstehen und sich Europa nicht spaltet. Wenn England austritt, wäre das ein Anfang.“ Wichtig für den Ausgang des Referendums wäre die Wahlbeteiligung. „Bei einer hohen Wahlbeteiligung gibt es wahrscheinlich kein Brexit. Bei einer geringen könnte er aber kommen“, vermutet Eickenhorst.

David Brittainist gebürtigerEngländer, wohnt aber inzwischenin Göttelfingen.Privatbild

David Brittain ist gebürtiger Engländer, wohnt aber inzwischen in Göttelfingen. Privatbild

Der gebürtige Engländer David Brittain hofft, dass die Insel die EU nicht verlässt

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Erstellt:
23.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 23.06.2016, 01:00 Uhr

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