Vom Schwein zum Schinken

Der gestrige Naturparkmarkt lockte tausende Besucher auf den Flößerwasen

Tausende kamen gestern nach Horb zum Naturparkmarkt mit verkaufsoffenem Sonntag. Die Tische auf dem Flößerwasen waren meistens voll besetzt. Zu regionalem Essen gab es ein regionales Musik- und Showprogramm.

25.07.2016

Von Dunja Bernhard

Die Tische auf dem Flößerwasen waren den ganzen Tag über gut besetzt. Sonnenschirme spendeten auf dem ansonsten sehr sonnigen Platz ein wenig Schatten und Kühle. Bei einem zünftigen Vesper ließ es sich dort gut verweilen. Bilder: Kuball

Die Tische auf dem Flößerwasen waren den ganzen Tag über gut besetzt. Sonnenschirme spendeten auf dem ansonsten sehr sonnigen Platz ein wenig Schatten und Kühle. Bei einem zünftigen Vesper ließ es sich dort gut verweilen. Bilder: Kuball

Horb. Der Regen der Nacht hatte sich verzogen, die Sonne strahlte zwischen den Wolken hindurch. Ideales Wetter für ein Fest unter freiem Himmel. Nur ein bisschen weniger schwül hätte es sein dürfen. Auch ein kurzer Schauer brachte keine Abkühlung. Doch so flossen Gersten- und Weizensaft reichlich. Die angebotenen Produkte stammten alle aus regionaler Herstellung. Da schmeckte es doppelt gut.

Mit knapp 40 Ständen hatte Naturpark-Organisatorin Friederike Stetter zehn Stände mehr als in den Vorjahren gewinnen können. „Der Markt ist ein Schaufenster der Region“, sagte sie bei der Eröffnung. Die Natur habe den Tisch reich gedeckt.

Andrea Kolb-Biester aus Neuhengstett warb mit „Von damals für heute“. Im eigenen Garten und auf den Grundstücken der Verwandtschaft erntete sie Früchte, Blumen und Kräuter, die sie zu Sirup, Marmeladen, Pesto und Chutneys verarbeitete. Früher sei alles verwertet worden, sagte sie. So will sie es heute noch halten. Neben Rhabarber-, Waldmeister- und Löwenzahnsirup hatte sie so ausgefallene Sorten wie Veilchen- und Schlüsselblumensirup dabei. Fast jeder Pflanze werde eine Heilkraft zugeschrieben, sagte sie. Doch nicht nur Süßes gab es an ihrem Stand. Aus Girsch macht sie Pesto, aus grünen Tomaten Chutney. Die gingen besonders bei Männern gut. Bei einer Marmelade aus roten Zwiebeln schieden sich die Geister, verriet sie. Die Reaktion sei entweder „lecker“ oder „igitt“.

Wilfried Keller fällt schon allein durch seine urige Erscheinung auf. Der Hirte zieht noch zu Fuß mit seinen Ziegenherden übers Land. Die Tiere folgen ihm, weil er einen Eimer mit Futter unterm Arm trägt. An einem Stand verkaufte er verschiedene Ziegenkäse mit und ohne Gewürze und Ziegensalsitz. Den Namen habe er aus Italien mitgebracht. Übersetzt heiße es „gute Wurst“. Die Italiener schreiben es Salsiccia.

Aus der Not heraus ist das Angebot von Carina Stetter aus Pfalzgrafenweiler geboren. Sie verträgt keinen Weizen, berichtete sie. Auf der Suche nach einem Ersatz stieß sie auf die ursprüngliche Dinkelsorte „Oberkulmer Rotkorn“. Angebaut wird er in Rottenburg-Bieringen. Diese Sorte sei sehr verträglich und gehaltvoll. Stetter bot daraus nicht nur verschiedene Brotsorten und Backmischungen an, sondern auch Flocken und Müsli. Der Bäcker Armin Schmieder hat auch auf Dinkel umgestellt. Er habe damit auf die Wünsche der Kunden reagiert, sagte er. „Sie kommen vom Arzt oder Ernährungsberater und sagen: Ich will keinen Dinkel mehr.“ Schmieder entwickelte ein vielfältiges Angebot von salzigen und süßen Broten. Zu Weihnachten bietet er Plätzchen aus Dinkel an.

Nudeln aus Dinkel- und Weizengrieß verkaufte Jessica Krüger aus Talheim. Was zunächst für die Familie gedacht war, breitete sich bald über den lokalen Bäcker bis in Hofläden und auf Märkte aus, erzählte sie. Bei den selbst gemachten Soßen reagiert auch sie auf Kundenwünsche.

Andrea Schwarz aus Neuhausen bot ganz ausgefallene Senfe mit ebenso einfallsreichen Namen an. Der „1001 Nacht Senf“ ist mit einer orientalischen Gewürzmischung verfeinert. In „Mirabelle-Marakesch“ hat sie neben Senfkörnern und Mirabellen Harissa verarbeitet. Die Früchte kommen aus dem eigenen Garten, die übrigen Zutaten aus dem Reformhaus, sagte Schwarz. Sie möchte den industriell hergestellten Senfen geschmacklich etwas entgegen setzen. Eine weitere Besonderheit hatte sie noch dabei: Marmelade aus gelben Kirschen. Früher habe es die Sorte südlich von Pforzheim häufiger gegeben. Ein Foto bewies, dass in ihrem Garten immer noch ein Baum steht.

Landwirte aus der Region warben in der Markthalle und auf dem Marktplatz für ihre Produkte. Bei regionalen Lebensmitteln entstehen weder bei der Herstellung noch beim Verkauf lange Wege, sagte Michael Kessler, Nebenerwerbs-Landwirt in Ahldorf. „Der Kunde weiß, wo die Nahrungsmittel herkommen.“ Das schaffe eine Identifikation mit der Region. Wer bei heimischen Anbietern kaufe – und das gelte nicht nur für landwirtschaftliche Produkte – stütze den Einzelhandelsstandort Horb, sagte er.

Gregor Gramer aus Bildechingen gehört einer Betriebsgemeinschaft an, die Milchkühe hat. Innerhalb von zwei Jahren habe sich der Erzeugerpreis für Milch halbiert, sagte er. Derzeit liege er bei gut 20 Cent. „Das hält man nicht lange aus.“ Verschiedene weltweite Entwicklungen, die zu einer Überproduktion geführt haben, seien dafür verantwortlich. Bei den Eigenmarken der Einzelhändler kämen als Lieferanten stets die günstigsten Anbieter zum Zug.

Bei Molkereimarken sei das anders. Da verdienten die Landwirte mehr. Eine Selbstvermarkung sei für Milchbauern keine Alternative. Die produzierten Mengen seien zu groß.

Wie gut frische Milch vom Bauern schmeckt, konnten Marktbesucher in der Markthalle testen. Dort gab es Erdbeer- und Schokomilch.

Die Gingergirls zeigten auf der Marktbühne flotte Tänze in bunten Kostümen. Auch die restlichen Programmpunkte konnten sich sehen lassen.

Die Gingergirls zeigten auf der Marktbühne flotte Tänze in bunten Kostümen. Auch die restlichen Programmpunkte konnten sich sehen lassen.

Ferkel und Kälber hatten Landwirte mitgebracht, um auch bei den Jüngsten für ihre Produkte zu werben. Streicheln war erlaubt.

Ferkel und Kälber hatten Landwirte mitgebracht, um auch bei den Jüngsten für ihre Produkte zu werben. Streicheln war erlaubt.

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25.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 16sec
zuletzt aktualisiert: 25.07.2016, 01:00 Uhr

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