Kriminalität

Diebe gejagt, Drogen gefunden

Betäubungsmittel bleiben ein beliebtes Thema für das Horber Amtsgericht. Bei 400 Gramm, kann es schnell sehr unangenehm werden.

21.09.2017

Von Hans-Michael Greiß

Ja, die Einkaufstasche habe ihm gehört, gab ein 22-jähriger Maschineneinrichter gleich zu Prozessbeginn zu, aber er wisse nicht einmal, wie viel darin gewesen sei. Vor einem Einkaufsmarkt habe ihm am 8. Juli 2016 ein alter Schulfreund diese Tasche nur mal so übergeben. Auf der anderen Straßenseite habe er sich „komplett allein“ Autos angeschaut, da er „ein totaler Fan von BMW“ sei, dann sei „alles so passiert“.

Als ein Polizeiwagen um ihn herum gefahren sei, vermutete er, sie hätten ihn im Visier. So suchte er sein Heil in der Flucht und machte damit erst recht auf sich aufmerksam. Die Beamten fuhren jedoch verstärkt Streife, weil sich die Autodiebstähle gehäuft hatte. Sie wollten potenzielle Diebe abschrecken.

Nicht auffällig gewesen

Die Plastiktüte warf er in einen Reifenstapel, wo sie ein Drogenhund aufspürte und vier luftdicht verschlossene Plastikbehälter mit jeweils 100 Gramm Marihuana zum Vorschein kamen. In seiner Hosentasche steckte exakt die Mindermenge von sechs Gramm, als ihn die Polizisten hinter einem Container entdeckten und festnahmen.

Vor Gericht beharrte der junge Mann auf seiner Behauptung, aus alter Freundschaft seit Kindestagen habe ihm sein Kumpel das Rauschgift zum Eigengebrauch so einfach geschenkt, mit ihm habe er nichts ausgemacht. Der Kontakt bestehe weiter, man treffe sich gelegentlich wie zuvor.

Auf den Einwand des Richters, diese außerordentlich große Menge hätte für eine Weile gereicht, antwortete der Angeklagte treuherzig: „Kein normaler Mensch tankt für nur 10 Euro, mit einem größeren Vorrat kommt man weiter.“

Die beiden als Zeugen aussagenden Polizisten bestätigten, ganz zufällig auf den Angeklagten gestoßen zu sein. Einer der Beamten war zwei Wochen vor dem Treffen bei einer Durchsuchung im Haus der Familie beteiligt, da diese im Milieu nicht unbekannt sei. Jedoch betreffe dies den Bruder, der damals die alleinige Verantwortung für die aufgefundenen Asservaten auf sich genommen habe. Die Beteuerung des vor Gericht Stehenden, weder vor noch nach dem Aufgreifen am fraglichen Juliabend in der Drogenszene aufgefallen zu sein, bestätigte er. Allerdings hinterfragte er die Menge und Verpackung, die er damals beschlagnahmte. Dies sei von hoher Qualität gewesen, die er als Experte so für den Verkauf einschätzte.

Gefängnis bleibt ihm erspart

Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick hegte Zweifel an den Beteuerungen des Eigenbedarfs, denn die 400 Gramm reichten für 3600 Konsumeinheiten und stellten einen Wert von über 3000 Euro dar, den auch ein noch so guter Freund nicht eben mal verschenke, konnte aber keinen eindeutig belastenden Beweis finden.

Ob nun Handel oder bloßer Besitz, die scharfen Drogengesetze sehen bei dieser nicht geringen Menge eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis vor. Die junge Staatsanwältin unterstellte weiterhin Handel und wollte diesen mit einer Haft von zwei Jahren und zwei Monaten verbüßt sehen, die Verteidigerin erneuerte alle entlastenden Argumente und verwies auf das bisher unbescholtene Leben ihres Mandanten. Seit vier Jahren leiste er innerbetrieblich eine gute Arbeit, der Erwerb des Führerscheins belege seine Drogenabstinenz. Er belege eine prima Sozialprognose.

Das Schöffengericht urteilte nach langer Beratung, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr undzehn Monaten auf drei Jahre zur Bewährung, zu verhängen. Ein Monatsgehalt muss er an die Gerichts- und Bewährungshilfe bezahlen, dazu drei Urinproben untersuchen lassen. Auch die Gerichtskosten werden ihn noch eine lange Zeit belasten. Niemand als Richter Trick selbst wünschte mehr, dass die Strafe nur auf dem Papier bestehe und der junge Mann mit seiner Freundin den Weg in ein bürgerliches Leben erfolgreich beschreite.

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Erstellt:
21.09.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 46sec
zuletzt aktualisiert: 21.09.2017, 01:00 Uhr

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