Unterstellung

Diffamierung einer Musterfirma

ULH-Stadtrat Martin Raible erntet mit seinen haltlosen Anschuldigungen im Ausschuss gegen „Murat Lamm“ viel Kritik und Unverständnis.

19.10.2017

Von Dagmar Stepper

„Murat Lamm“ verarbeitet im Horber Industriegebiet Heiligenfeld Lamm, Rind und Kalbfleisch. Die Döner-Spieße werden nicht nur im Südwesten Deutschlands gegessen, sondern auch nach Ungarn, Frankreich und Österreich exportiert. Bei einem Besuch im März 2013 inspizierte Oberbürgermeister Peter Rosenberger (links) den Horber Exportschlager mit Interesse.Archivild: Kuball

„Murat Lamm“ verarbeitet im Horber Industriegebiet Heiligenfeld Lamm, Rind und Kalbfleisch. Die Döner-Spieße werden nicht nur im Südwesten Deutschlands gegessen, sondern auch nach Ungarn, Frankreich und Österreich exportiert. Bei einem Besuch im März 2013 inspizierte Oberbürgermeister Peter Rosenberger (links) den Horber Exportschlager mit Interesse.Archivild: Kuball

Es ist ein Familienbetrieb wie aus dem Bilderbuch: Vor 45 Jahren gegründet, schaffen bei „Murat Lamm“ zwei Generationen unter einem Dach. 2008 gründeten die Brüder Faik und Mevlüt Kabalar ihre Fleisch- und Döner-Kebab-Produktion im Horber Industriegebiet Heiligenfeld. Die Familie, die aus dem Raum Böblingen stammt, investierte 1,2 Millionen Euro in Horb. 50 Mitarbeiter stellen hier für den Groß- und Einzelhandel Döner-Spieße her, die in ganz Europa gegessen werden. Und natürlich auch in Horb. Oberbürgermeister Peter Rosenberger zählt zu den Kunden.

OB: eine Verleumdung

Trotzdem war die Firma am Dienstagabend in der Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses Anlass einer heftigen Diskussion. Eigentlich ging es um die Vorstellung des Tierschutzvereins, aber ULH-Stadtrat Martin Raible nutzte diese Gelegenheit, um Stimmung gegen „Murat Lamm“ zu machen. „Wie steht der Tierschutzverein dazu, dass Fleisch auf dem Hohenberg geschächtet wird und an Horber Kinder verkauft wird“, fragte er provokant die Vorsitzende Beatrice Buchmann. „Aus Tierwohlgründen sind wir gegen das Schächten“, antwortete Buchmann, „aber das Gesetz lässt es auch nicht zu.“

Raible musste seine Aussage dann erst mal korrigieren. Denn „Murat Lamm“ befindet sich nicht im Wohngebiet Hohenberg, sondern im Industriegebiet Heiligenfeld. Dort werde gar nicht geschlachtet, sagte Rosenberger, sondern in Gärtringen. In Horb wird das Fleisch verarbeitet. Und an beiden Standorten gehe alles korrekt zu. Aber wenn Raible auf seine Aussage bestehe, werde er, Rosenberger, in seinem Namen Anzeige wegen ungesetzlichem Schächten erstatten. „Aber Sie lehnen sich ganz schön aus dem Fenster und eventuell handeln Sie sich eine Anzeige wegen Verleumdung ein“, warnte er Raible.

Das bekräftigte Rosenberger gestern auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE. „Die Behauptung, dass auf dem Hohenberg, also inmitten von Wohnungen, rechtswidriges Schächten stattfindet und dieses Fleisch an unwissenden Jugendliche verkauft würde, ist eine richtige Verleumdung“, stellt Rosenberger klar. In der Sitzung wurden die Irrtümer geklärt. Dennoch habe Raible an seiner Unterstellung festgehalten. Daher habe er, Rosenberger, ihn aus der Reserve gelockt. Denn: „Der Horber Gemeinderat und die Stadtverwaltung sind daran gehalten, sich an Recht und Ordnung zu orientieren, und es darf nicht zugelassen werden, dass aufgrund von reinen Unterstellungen und Vermutungen Gewerbetreibende in der Stadt diffamiert werden“, sagt er auf unsere Anfrage.

Bei „Murat Lamm“ ist man entsetzt über die Anschuldigungen. „Warum macht man sowas, das ist Verleumdung. Einen guten Ruf aufzubauen, dauert Jahre“, sagt gestern Murat Kabalar, Sohn von Faik Kabalar, und Mitnamensgeber der Firma, gegenüber unserer Zeitung. Murat Kabalar stellt Folgendes klar: Die Firma lässt in Gärtringen seit 1994 schlachten, dort haben sie eine Filiale. Die Tiere werden betäubt, bevor ihnen der Schnitt am Hals gesetzt wird. Das Fleisch sei so „halal“ im Sinne der muslimischen Religion. Die Familie Murat wehrt sich vehement gegen den Vorwurf der Tierquälerei. „Wir arbeiten nach EU-Gesetz und unter Aufsicht des Veterinäramtes in Böblingen“, betont Mevlüt Kabalar. Das Freudenstädter Veterinäramt hier ein fast täglicher Gast, genauso wie der Wirtschaftskontrolldienst. Sie vermuten, dass ausländerfeindliche Gründe hinter Raibles Aussagen stecken und halten sich rechtliche Schritte gegen ihn vor.

Kabalar: voll integriert

Murat Kabalar bemerkt über seinen Vater, dass der voll schwäbisch spricht. Er selbst hat die deutsche Staatsbürgerschaft und bezeichnet die Familie als „total integriert“. Die Familie ist einer der Sponsoren der Sozialaktion „Weihnachten schenken“ in Horb. Viele aus der Region seien Kunden und schätzen den Döner der Firma. Und nicht zuletzt: „Wir tun der deutschen Wirtschaft sehr gut. Wir schaffen Arbeitsplätze und zahlen ordentlich Steuern,“ sagt Murat Kabalar.

Rosenberger bestätigt das: „Murat Lamm gilt als Musterbetrieb. Und ist übrigens auch ein guter Steuerzahler.“ Er verurteilte auch gestern nochmals scharf die halt- und gegenstandslosen Vorwürfe von Raible. „Offenbar wurde hier lediglich der Versuch unternommen, ideologische, diskriminierende Unterstellungen im Beisein der Presse zu platzieren“, schreibt er gestern in einer Stellungnahme.

Diese Meinung teilten auch die Ausschussmitglieder in der Sitzung am Dienstagabend. Raible wurde dort quer durch die Fraktionen für seine Anschuldigungen scharf verurteilt. CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Keßler, von Beruf Landwirt und Sachgebietsleiter beim Landwirtschaftsamt Horb, bezeichnet „Murat Lamm“ als hervorragend geführter Betrieb, der sein Fleisch aus der Region bezieht, und SPD-Stadträtin Viviana Weschenmoser bedauerte es sehr, dass Raible die Vorstellung des Tierschutzvereins als Deckmantel benutzt, um seine rechtspopulistische Weltanschauung zu verbreiten und einen türkischstämmigen Betrieb zu diffamieren.

Schächten und Halal

Der Verzehr von Blut ist sowohl im Judentum als auch im Islam verboten. Daher werden Tiere mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite, in dessen Folge die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden, getötet. Das wird Schächten genannt. Im Christentum ist der Verzehr erlaubt, da Jesus im Markusevangelium alle Speisen für rein erklärt.

Schächten ohne Betäubung ist in Deutschland verboten. Es gibt aus zwingend religiösen Gründen Ausnahmegenehmigungen. Das trifft aber nicht bei „Murat Lamm“ zu . Die Tiere für den Betrieb in Horb werden in Gärtingen vor dem Schlachten betäubt, anschließend wird der Schnitt gesetzt. Das Fleisch ist dadurch „halal“ und kann auch von religiösen Moslems verzehrt werden.

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Erstellt:
19.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 36sec
zuletzt aktualisiert: 19.10.2017, 01:00 Uhr

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