Oper

Dramatik auf der Bühne und in echt

Bei der Generalprobe von „Don Giovanni“ am Mittwoch erlebte das Publikum in Glatt Sturm, Donner, Blitze – und grandiose Sänger, Chor und Orchester.

21.07.2017

Von Cristina Priotto

Wettertechnisch wären die Sonnenbrillen nicht nötig gewesen: Ein Gewitter mit Starkregen sorgt dafür, dass die „Don Giovanni“-Darsteller die Generalprobe eine Stunde lang unterbrechen müssen. Nach dem Unwetter wird die Probe fortgesetzt – bis nachts um halb eins.Bilder: Priotto

Wettertechnisch wären die Sonnenbrillen nicht nötig gewesen: Ein Gewitter mit Starkregen sorgt dafür, dass die „Don Giovanni“-Darsteller die Generalprobe eine Stunde lang unterbrechen müssen. Nach dem Unwetter wird die Probe fortgesetzt – bis nachts um halb eins.Bilder: Priotto

Was für ein Abend! Eine Stunde lang konnten sich die Zuschauer in Glatt bei der gut besuchten „Don Giovanni“-Generalprobe für die Opernfestspiele auf das sich in der Dramatik steigernde Geschehen auf der Bühne konzentrieren, dann zogen dunkle Wolken, Wind, Blitze und Donnergrollen am Horizont auf. Ein heftiger Platzregen sorgte dafür, dass das Publikum am Mittwoch vorübergehend Schutz in der Remise, im Wasserschloss oder im Bauernmuseum suchen musste.

Bis zu dieser Unterbrechung waren ein paar hundert Opernfreunde in den Genuss des ersten Durchlaufs der modernen Inszenierung der Mozart-Oper aus dem Jahr 1787 gekommen.

Gekleidet zwischen leger in kurzer Hose bis zum schicken Abendkleid wollten zahlreiche Musikliebhaber schon vor der heutigen Premiere wissen, was sich Regisseur Lars Franke, Dirigent Sven Gnass und Bühnenbildnerin Barbara Benz für die Opernfestspiele ausgedacht hatten.

Vorab sei nur soviel verraten: Bei Kostümen, Schminke und Requisiten erwarten die Premieren-Gäste einige Überraschungen.

Die Special-Effects am Mittwoch waren allerdings kein Einfall der Regie: Sturm, Blitze und Donner steuerte der Himmel bei.

Als Gnass und Franke die Besucher begrüßen und sich enthusiastisch über den im Vergleich zur verregneten Hauptprobe vom Vortag fast wolkenfreien Himmel freuen, an dem lediglich ein Ultraleichtflugzeug und ein paar Schwalben kreisen, kann niemand ahnen, wie schnell sich die Situation für alle ändern soll.

Die Techniker verfolgen den heraufziehenden Wetterumschwung indes bangen Blickes.

Mit Hilfe des THW muss um 21 Uhr wegen des stärker werdenden Windes als erste Maßnahme die große Leinwand zunächst heruntergelassen werden. Während Don Giovanni und Donna Anna in einer leidenschaftlichen Kussszene verschlungen auf dem Sofa liegen und Donna Elvira als Furie auftaucht, schrauben die Techniker direkt daneben den Hintergrund vollständig ab – aus Sicherheitsgründen für die Akteure.

Just als Adam Kim sich, bis auf den Slip entkleidet, in der Badewanne fläzt, fallen die ersten Regentropfen, und die ersten Zuschauer suchen Schutz unter der Remise, wo das Orchester vorerst weiterspielt, im Bauernmuseum oder im Wasserschloss. Als die Tropfen sich um 21.37 Uhr in einen starken Platzregen verwandeln, bricht Regisseur Lars Franke die Generalprobe ab, die Fortführung steht in den Sternen. „Wir warten mal ab“, sagt Sven Gnass.

Auf der Bühne bricht Hektik aus: Die Designermöbel werden mit Planen vor dem Regen geschützt, die Requisiten verräumt.

Das Publikum stärkt sich am „Lazuli“-Stand, besichtigt die Ausstellung von Christine Reinckens oder harrt in Durchgängen und unter Dachvorsprüngen aus, einige gehen nach Hause.

Eine Stunde später ist das Unwetter vorbei, Gnass und Franke geben das Signal zum Weitermachen, und die knapp 100 verbliebenen Zuschauer wischen die Pfützen von den Schalensitzen und nehmen gespannt Platz. Knapp 20 Minuten später folgt die nächste Unterbrechung, eine zehnminütige Pause nach Akt 1.

Die Zuhörer sitzen alle in den vordersten Reihen, nur eine Armeslänge von den Solisten entfernt, die ihre Rollen unerschütterlich weiterspielen. In der Ferne erhellen hin und wieder Blitze den nachmitternächtlichen Himmel, doch es bleibt trocken bis zur letzten Note um 0.30 Uhr.

Don Ottavios Vers „cercate di asciugar“ („versucht, Euch abzutrocknen“), verklingt passend zum Wetter als ironischer Appell.

Ob die Premiere, wie geplant, in Glatt im Freien stattfinden kann, entscheiden Dirigent und Regisseur heute um 13 Uhr.

Lars Franke greift nach dem Regenguss selbst zu einem Wasserschieber und scherzt: „Dannarbeitet der Regisseur auch mal“.

Lars Franke greift nach dem Regenguss selbst zu einem Wasserschieber und scherzt: „Dann arbeitet der Regisseur auch mal“.

Als die ersten Tropfen einsetzen, beschirmt ein Zuhörer Marie-Kristin Schäfer beim Arie-Singen.

Als die ersten Tropfen einsetzen, beschirmt ein Zuhörer Marie-Kristin Schäfer beim Arie-Singen.

Mitwirkende:

Don Giovanni: Adam Kim

Donna Anna: Nina-Maria Fischer

Donna Elvira: Jasmin Etezadzadeh

Don Ottavio: Garrie Davislim

Leporello: Tibor Brouwer

Zerlina: Marie-Kristin Schäfer

Commendatore/Masetto: Alek-sandar Stefanoski

Chor: „Come together“ (Nagold) und Freunde
Orchester: Residenzorchester

Baden-Württemberg

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Erstellt:
21.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 21.07.2017, 01:00 Uhr

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