Bürgermeister-Wahl

Drei Männer, drei Visionen

In der Gemeinderatssitzung am Dienstag wählt das Gremium den Nachfolger von Jan Zeitler und die künftige rechte Hand von OB Peter Rosenberger. Im Interview mit der SÜDWEST PRESSE erklären die drei Kandidaten, was sie für den Posten auszeichnet.

22.04.2017

Von Dagmar Stepper, Maik Wilke und Fabian Schäfer

Seit eineinhalb Dekaden arbeitet Ralph Zimmermann eher im Hintergrund. In Horb möchte er zum Macher werden.

Warum bewerben Sie sich in Horb?

Ralph Zimmermann:Ich bin seit 15 Jahren im Wirtschaftsministerium tätig. Es ist eine interessante Tätigkeit, die mir großen Spaß macht. Was mir aber fehlt, ist der direkte Kontakt zu den Bürgern. Als Bürgermeister ist man näher an den Menschen dran und kann auch mehr bewegen. Das reizt mich. Und Horb gefällt mir einfach. Horb ist für mich die perfekte Symbiose zwischen beruflicher Herausforderung und einer reizvollen Landschaft.

Was prädestiniert Sie für den
Bürgermeister-Posten?

In meinen Jahren beim Wirtschaftsministerium habe ich gelernt, rasch zu reagieren, Sachverhalte zu erfassen und zügig Ideen umzusetzen. Ich bin zwar Ingenieur von Beruf und kein Verwaltungsfachwirt, aber die Tätigkeiten im Ministerium, den anderen Verwaltungsebenen in denen ich aktiv war und einer Gemeinde ähneln sich. Außerdem habe ich in Stuttgart in den vergangenen Jahren ein gutes Netzwerk aufgebaut, das ich gerne für die Entwicklung von Horb nutzen möchte.

Welche Stärken hat Horb, welche Schwächen? Wo wollen Sie mit
Ihrer Arbeit ansetzen?

Horbs größte Stärke ist gleichzeitig auch eine Schwäche: Horb hat eine kleine Kernstadt und 17 Teilorte. Es konzentriert sich so nicht alles in der Kernstadt, sondern auch in seinen Ortsteilen. Das macht Horb über die Kernstadt hinaus attraktiv. Im Interesse einer positiven Gesamtentwicklung müssen Kernstadt und Teilorte gleichermaßen weiterentwickelt werden. Das ist nicht umsonst zu haben – kostet Zeit und Geld. Mit dem Masterplan 2050 ist Horb auf einem guten Weg. Wichtig bleibt auch für die Zukunft, gemeinsam das „Wir-sind-Horb-Gefühl“ weiterzuentwickeln. Die kleine Kernstadt hat meiner Meinung nach noch Ausbaupotenzial. Horb darf nicht nur Schlafplatz für die Stuttgarter Region werden, sondern sollte ein attraktives Mittelzentrum und ein starker Wirtschaftsstandort sein.

Sie sind Mitglied in der FDP,
kandidieren sogar für die Liberalen für den Bundestag. Schadet
das Ihnen eher oder bringt es Stimmen im Gemeinderat?

Von der SPD kam ja der Vorwurf, ich sei ein „Parteisoldat“, weil mich Michael Theurer auf den vakanten Bürgermeisterposten aufmerksam gemacht hat. Das bin ich aber definitiv nicht. Ich bin aus Überzeugung in die FDP eingetreten, weil ich finde, wir sollten liberale Werte verteidigen. Wenn ich allerdings nach Horb kommen darf, komme ich nicht als Mann der Liberalen, sondern um gemeinsam mit Oberbürgermeister Rosenberger und dem Gemeinderat Horb weiterzuentwickeln und wo es möglich ist meine Ideen umzusetzen.

Wie ist Ihr Eindruck von OB Peter Rosenberger?

Dazu gibt es eine Anekdote: Im Hinblick auf eine Terminabstimmung bat ich Herrn Oberbürgermeister Rosenberger um Rückruf und meine Tochter ging ans Telefon. Sie hat hinterher gefragt: Wer war das? Der hatte so eine nette Stimme – da liegen die Einschätzung meiner Tochter und meine nicht auseinander, nur dass ich mich nicht nur auf seine Stimme beziehe. Ich finde, Herr Rosenberger passt nach Horb und wir passen zusammen. Ich denke, wir ergänzen uns und könnten uns gut gegenseitig die Bälle zuspielen.

Ist Horb für Sie ein Sprungbrett? Viele frühere Bürgermeister sind ja inzwischen OB.

Nein, eindeutig Nein. Ich bin Ministerialrat, ich habe nicht das Bedürfnis, mich beweisen zu müssen. Ich habe aus eigener Kraft bereits eine erfolgreiche Karriere gemacht. Nun habe ich den Wunsch nach Veränderung im Leben, mit 48 Jahren eine neue Perspektive zu finden. Das erhoffe ich mir in Horb.

Wenn Sie nicht gewählt werden, wie ist Ihr Plan B?

Dann bleibe ich im Ministerium und unterstütze mit meinem Wirken die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Das ist nicht der schlechteste Job, den man haben kann.

Mit welchem Gefühl gehen Sie
in die Gemeinderatssitzung am Dienstagabend?

Natürlich wird eine Portion Nervosität dabei sein. Man gibt ja auch viel von sich preis – meine Vorstellung gegenüber den Damen und Herren des Gemeinderates war zu einhundert Prozent ich. Und ich hoffe, dass die Zuneigung, die ich für Horb entwickelt habe, auch erwidert wird.

Mit ländlichen Räumen kennt sich Matthias Kreutzer aus, schließlich stammt er selbst aus einem. Horb kennt er daher bereits.

Warum bewerben Sie sich in Horb?

Matthias Kreutzer: Horb war mir grundsätzlich schon durch seine lebendigen Stadtteile bekannt, da ich aus Niedereschach im Schwarzwald-Baar-Kreis komme. Ich habe verfolgt, dass die Stelle frei wurde und da es das ist, was ich schon lange machen wollte, habe ich mich beworben.

Was prädestiniert Sie für den
Bürgermeister-Posten?

Ich kenne aufgrund meiner Tätigkeit die Herausforderungen ähnlich strukturierter Städte. Ich verfüge über ein großes Netzwerk und bekomme deutschlandweit viele Praxisbeispiele mit. Ich weiß genau, wie Kommunalverwaltungen arbeiten, auch in den Aufgabenbereichen des Dezernates II. Ich verfüge über eine hohe Analysefähigkeit und Lösungskompetenz, bin am Puls der Zeit und weiß, welche zukünftigen Anforderungen, wie beispielsweise die Digitalisierung, an die Stadtverwaltung bestehen. Ich habe Erfahrung darin, wie Führungsaufgaben verantwortungsvoll und wertschätzend wahrzunehmen sind und viele Ideen.

Welche Stärken hat Horb, welche Schwächen? Wo wollen Sie mit
Ihrer Arbeit ansetzen?

Stärken gibt es viele, die alle hier zu benennen den Rahmen sprengen würde. In Horb gibt es hohes bürgerschaftliches Engagement, außerdem hat die Stadt auch als Hochschulstandort viel Potenzial. Als Herausforderung ist insbesondere der demografische Wandel zu benennen. Letzterer wird bis zum Jahr 2035 vor allem zu einer Alterung in der Bevölkerung führen, der sich auch auf die Steuereinnahmen auswirken wird. Der demografische Wandel wird in den Stadtteilen unterschiedlich spürbar und beispielsweise in Nordstetten andere Auswirkungen zeigen als in Dießen. Daher ist es wichtig, einen intensiven Austausch mit den Ortsvorstehern und Ortschaftsräten zu pflegen.

Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Das kann ich nicht einschätzen. Es war mir wichtig, mich überparteilich zu positionieren. Ich habe die Gemeinderäte als hochverantwortliche Persönlichkeiten kennengelernt, die wissen, dass bei der Besetzung so einer Funktion die fachlichen und sozialen Kompetenzen und nicht die Parteizugehörigkeit im Vordergrund stehen sollte.

Wie ist Ihr Eindruck von OB Peter Rosenberger?

Ich habe ihn als einen sehr sympathischen Menschen und führungsstarken OB erlebt. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam ein gutes, junges Team bilden würden. Wichtig ist mir noch zu betonen, dass ich das Amt des Bürgermeisters als Vertreter der Verwaltung verstehe. Der OB gibt als Verwaltungschef die Leitlinien vor, die der Bürgermeister nach außen vertritt. Hierfür ist es wichtig, dass die Chemie stimmt, was aus meiner Sicht der Fall ist.

Sie sind Mitglied in der SPD:
Schadet das Ihnen eher oder bringt es Stimmen im
Gemeinderat? Auch im Hinblick darauf, dass ihr Vorgänger
ebenfalls Sozialdemokrat war.

Was ich bislang gehört habe, hat Jan Zeitler hier eine hervorragende Arbeit geleistet. Das wird dann natürlich auch mein Anspruch sein. Aber ich denke, es hängt nicht vom Parteibuch ab, der Gemeinderat ist erfahren genug, das zu wissen. Ich kann auch nicht erkennen, inwiefern, beispielsweise bei der Organisation des Bauhofes, eine parteiprogrammatische Ausrichtung relevant ist.

Ist Horb für Sie ein Sprungbrett? Viele frühere Bürgermeister sind ja inzwischen OB.

Da denke ich überhaupt nicht daran. Ich möchte hier eine Wahlperiode als Bürgermeister arbeiten und dann sehen, ob der Gemeinderat mit meiner Arbeit zufrieden ist. An den nächsten Schritt denke ich zurzeit gar nicht.

Wenn Sie nicht gewählt werden, wie ist Ihr Plan B?

Es gibt keinen Plan B und den brauche ich auch nicht. Ich würde dann bei meiner derzeitigen Tätigkeit bleiben, die wunderbar und spannend ist.

Mit welchem Gefühl gehen Sie
in die Gemeinderatssitzung am Dienstagabend?

Ich finde das alles spannend. Aufgeregt bin ich aber nicht. Ich freue mich darauf und dann wird es sich zeigen, wie es läuft.

Als Sozialdezernent in Chemnitz trägt Philipp Rochold bereits viel Verantwortung. Der Wechsel nach Horb wäre für ihn jedoch kein Abstieg.

Warum bewerben Sie sich in Horb?

Philipp Rochold: Für mich war schon immer klar, dass ich einmal zurück nach Baden-Württemberg ziehen möchte. Ich habe in Freiburg studiert und während meiner Tätigkeit in Konstanz meine Frau kennengelernt. Zudem kenne ich die Region gut, weil meine Eltern Freunde aus dem Schwarzwald hatten, wir früher oft Urlaub in Oberndorf gemacht haben und ich auf dem Feldberg das Skifahren gelernt habe.

Was prädestiniert Sie für den
Bürgermeister-Posten?

Als Vize-Präsident im Regierungspräsidium Chemnitz musste ich häufig mit 44 Zweckverbänden zusammenarbeiten, viele Gespräche führen und Kompromisse finden. In Horb, einer Stadt mit 17 Teilorten, ist es wichtig, allen Stadtteilen gerecht zu werden und deren Wünsche unter einen Hut zu bringen. Darin habe ich bereits Erfahrung.

Welche Stärken hat Horb,
welche Schwächen? Wo wollen Sie mit Ihrer Arbeit ansetzen?

Horb hat sehr viel Potenzial. Eine Stärke ist die gute Infrastruktur. Es gibt sowohl eine Anbindung an das ICE-Netz als auch an die Autobahn A81, zudem ist der Flughafen nicht weit weg. Mit der Dualen Hochschule und dem Campus geht die Verwaltung ebenso in die richtige Richtung, wie mit dem Masterplan 2050. Soweit, eine klimaneutrale Kommune zu werden oder sich zumindest dieses ehrgeizige Ziel zu setzen, sind viele andere Städte nicht. So gut aber die Verkehrsanbindung nach außen ist: Einige Ortsteile sind nur schwer zu erreichen, gerade abends. Ich kenne die damit verbundenen Probleme selbst von meinen Kindern. Als die im entsprechenden Alter waren und zur Disko wollten, blieb nur die Fahrt mit dem Auto als Alternative. Das ist sicher ein wichtiger Ansatzpunkt.

Ist es für Sie ein Nachteil,
parteilos zu sein? Schließlich
haben Sie damit keine Fraktion
sicher hinter sich...

Zunächst einmal hatte ich viele, sehr positive Gespräche mit den Fraktionen in Horb. Natürlich kann es ein Vorteil sein, ein Parteibuch zu haben. Da kommt es aber darauf an, welches. Wenn diese Fraktion nicht die Mehrheit stellt, wird es auch schwierig. Zudem spielt es eine Rolle, wie das Verhältnis unter den Parteien im Gemeinderat ist. Somit kann es auch ein Vorteil sein, parteilos zu sein, weil ich für alle Fraktionen eine Option bin.

Glauben Sie, es wird eine parteipolitische Wahl?

Das könnte durchaus möglich sein, schließlich sind in diesem Jahr auch noch die Wahlen für den Oberbürgermeister. Ich habe schon einiges erlebt und mache mir da nichts vor.

Wie sehen Sie also Ihre Chancen?

Schwer einzuschätzen. Aber ich hatte viele gute Gespräche mit den Fraktionen, mehr kann ich jetzt nicht mehr tun.

Wie ist Ihr Eindruck von OB Peter Rosenberger?

Sehr positiv. Wir haben zunächst einmal telefoniert, uns dann aber gleich zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Ich habe das Gefühl, dass wir beide gut harmonieren könnten.

In Chemnitz, einer Stadt mit 250 000 Einwohner, sind Sie
Leiter des größten Dezernats. Was reizt Sie am beschaulichen Horb?

Es kommt nicht auf die Größe an, sondern auf die Potenziale. Und davon hat Horb, wie bereits erwähnt, genug.

Ist Horb für Sie eine Zwischen-
station? Viele frühere Bürgermeister sind ja inzwischen OB.

Nein, schauen Sie doch mal auf mein Alter. Ich bin jetzt 55, die Wahlperiode geht über acht Jahre, dann wäre ich also 63. Außerdem: Schon als ich Bürgermeister in Chemnitz wurde, hat die Verwaltung davor gefragt, ob ich dann auch für die Wahl zum Oberbürgermeister antreten werde. Das habe ich von vorneherein ausgeschlossen und mich dann auch – im Vergleich zu anderen Kollegen – nie beworben. Da spiele ich mit offenen Karten.

Wenn Sie nicht gewählt werden, wie ist Ihr Plan B?

Zunächst einmal bleibt es bei mir dann einfach beim Status quo. Ich hatte schon einige Anfragen, auch aus größeren Städten mit 250 000 bis 300 000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen. Aber zum Glück bin ich in der zufriedenen Ausgangslage, dass ich nicht unbedingt etwas verändern muss.

Philipp Rochold

Philipp Rochold

Matthias Kreutzer

Matthias Kreutzer

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Erstellt:
22.04.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 6min 52sec
zuletzt aktualisiert: 22.04.2017, 01:00 Uhr

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