Attempto

Eberhards Uni und ein Kerl namens Karl

19.02.2016

Von Wilhelm Triebold

Palmensaal in Bad Urach.

Palmensaal in Bad Urach.

„Wer war eigentlich dieser Eberhard Karls, nach dem eure Uni benannt ist?“ Das hat mich ein ahnungsloser Besucher gefragt. Nun, den Zusatz hatte fast 300 Jahre nach der Gründung der damalige Herzog Karl Eugen aus purer Geltungssucht dazugeschmuggelt. Es müsste also, wenn schon, „Eberhards und Karls Universität“ heißen.

Oder lieber gleich nach einem ganz anderen Kerl namens Karl ungetauft werden. In einem Tagblatt-Artikel beschäftigt sich ein berufener Tübinger Kunsthistoriker mit der burgundischen Herkunft des Gründer-Mottos „Attempto – ich wag’s“. Sergiusz Michalski hat Neues, Spektakuläres herausgefunden. Die gezogene Verbindungslinie zwischen dem wagemutigen Eberhard und dem waghalsigen Burgunder-Herzog Karl dem Kühnen klingt so plausibel, dass man sich wundert, warum sie von der gestandenen Historikerzunft offenbar nie erwogen wurde.

Es gibt Wahlsprüche, die bei allen Widersprüchen bleiben. Merkels humanitäres Mantra („Wir schaffen das“), Barack Obamas evangelikaler Trompetenstoß („Yes we can“). Das ist nicht zu verwechseln mit Wahlslogans, mit denen politische Parteien auf Stimmviehtrieb gehen. Zwei Klassiker: die verzagt-bewahrende Adenauer-Parole „Keine Experimente“ oder das frisch-fröhliche Aufbruchs-Fanal „Mehr Demokratie wagen!“ aus Willy Brandts SPD.

Die Welt rechnet in Devisen. Und manche Devise entpuppt sich als solide, valide Fremdwährung. Wie das zupackende „Ich wag‘s“ eines Regenten, der selbst als kleiner Duodezfürst der Spätrenaissance sich allerhand zutraute und zumuten mochte. Attempto, Graf Eberhards Wahlspruch, der als akademische Losung über der Neuen Aula prangt, ist und bleibt Wahlspruch und Leitmotiv auch der Stadt. Jetzt womöglich als demokratischer Plural verstanden: Wir wagen’s als Zivilgesellschaft.

Karl der Kühne, um dessen Wahlspruch „Ich hab‘s gewagt“ es hier geht, war kein Weichei wie sein Vater Philipp der Gute (Wahlspruch: „Ich will keine andere“ – er meinte dabei die dritte Gattin). Karl hielt es mehr mit Uropa Philipp dem Kühnen und mit seinem Opa Johann Ohnefurcht („Wahlspruch: „Ich halte stand“). Oder mit dem Habsburger Kontrahenten Maximilian (Wahlspruch: „Durch so viele Gefahren“).

Auch spätere Devisen fielen eher martialisch aus. Bei den Preußen: „Für Ruhm und Vaterland“ (Friedrich der Große). „Nicht einmal der Sonne weicht er“ (Friedrich Wilhelm I). Der Wahlspruch des ersten Preußenkönigs Friedrich I. ist dagegen kontaminiert und dürfte für alle Zeit diskreditiert sein: „Jedem das Seine“.

„Honi soit qui mal y pense“, steht über dem Tübinger Schlossportal. Ein Schelm, wer Böses denkt bei alldem. Karl der Kühne fiel übrigens auf dem Feld der Burgunderschlachten, weil mit Wilhelm Herter von Hertneck ausgerechnet ein Feldherr aus Dußlingen stärker war als er. Aber das ist eine andere Geschichte.