Apfelernte

Ertragslose Subvention

Dramatische Einbußen mussten dieses Jahr fast alle, die Äpfel ernten, hinnehmen. Aber das Hilfspaket der Landesregierung kommt hier kaum einem zugute.

24.11.2017

Von Gerd Braun

Auf eine fettere Apfel-Ausbeute im Jahr 2018 hoffen die Besitzer von Streuobstwiesen. Dieses Jahr war der Ertrag erschreckend schlecht.Bild: Kuball

Auf eine fettere Apfel-Ausbeute im Jahr 2018 hoffen die Besitzer von Streuobstwiesen. Dieses Jahr war der Ertrag erschreckend schlecht.Bild: Kuball

Die Politik hat Hilfe für die Obstbauern in Aussicht gestellt: 49,44 Millionen Euro Fördergeld sagte Peter Hauk, baden-württembergischer Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, am Mittwoch in Stuttgart zu. Dass davon viel in den Raum Horb, beziehungsweise in die Region fließt, ist kaum zu erwarten. Strukturell hängt die hiesige Landwirtschaft nicht so am Apfel wie beispielsweise der Bodensee- oder der Ortenaukreis. Dennoch wirken sich die Folgen des ungewöhnlich späten Frosts auch hier aus.

Ganz konkret treffen die üblen Launen der Natur in diesem Jahr das Duttenhofersche Apfelgut in Hopfau. Betriebsleiter Josef Vogel verrät, dass man gegenüber dem Vorjahr 55 Prozent an Einbußen erlitten habe, im Drei-Jahres-Vergleich sind es immer noch 45 Prozent. In den Genuss einer Unterstützung durch das Land kommt das Apfelgut trotzdem nicht. Festgeschrieben ist hier eine Untergrenze von 6000 Euro Schaden; Grundlage: der Großmarktpreis.

Mit diesem könne das Hopfauer Unternehmen aber als regionaler Vermarkter nicht kalkulieren, sagt Vogel, der sich empört: „So verlierst Du zweimal“. Obwohl alle Schäden im Betrieb mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand erfasst und dokumentiert wurden, wird nichts aus einer Hilfe durch das Land – „wir sind einfach zu klein“, schimpft Josef Vogel, der beklagt, dass stattdessen den großen Betrieben das Geld hinterhergeworfen werde.

Jürgen Wippel, stellvertretender Pressesprecher im Ministerium von Peter Hauk, verweist zunächst darauf, dass die Hilfen ohnehin noch unter Haushaltsvorbehalt stünden. Heißt: Der Landtag muss erst noch zustimmen. Zweitens: Sie seien gedacht, um dem Erwerbsanbau existenzielle Unterstützung zu geben. Tatsächlich seien beim Ministerium aus dem Landkreis Freudenstadt keine entsprechenden Schadensanträge eingegangen, aus dem Kreis Rottweil dagegen schon. Näheres könne er aber aus Datenschutzgründen nicht dazu sagen.

Apfelsaft getrunken wird aber auch in einem Jahr schwächerer Erträge – auch nach der historisch schlechtesten Ernte. Müssen die Verbraucher da nicht auch mit steigenden Preisen rechnen?

Tatsächlich lagen die Apfelpreise EU-weit im September dieses Jahres etwa ein Drittel über dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Ob und in welchem Maße die Preise für Apfelsaft steigen werden, vermag auch eine Sprecherin des nahezu bundesweit aufgestellten Konzerns BayWa, auch in der Region bekannt für sein Tauschsystem, nicht einzuschätzen. Das Tauschsystem an sich, heißt es, sei auch in Jahren schwachen Ertrags attraktiv bei den Lieferanten, in vielen Fällen hobby-mäßige Eigentümer von Streuobstwiesen. Und auch wenn vereinzelt früher geerntet wurde als sonst, sei der Anliefer-Zeitraum ähnlich gesen wie in den Vorjahren.

Mit Kurzarbeit reagiert

Bei den Erntemengen nennt die BayWa ähnliche Zahlen wie Josef Vogel: Deutschlandweit seien etwa 55 Prozent der Menge des Vorjahres geliefert worden. Dennoch strebe man an, mithilfe von Kurzarbeit die rund 100 Arbeitsplätze an den BayWa-Standorten zu erhalten.

Erheblich kleiner als der fast bundesweit vernetzte BayWa-Konzern ist Franz-Fruchtsäfte, lokal ausgerichteter Fruchtsaft-Erzeuger mit Sitz in Glatten. „Es muss schon sehr lange her sein, dass es so wenig war – vermutlich Jahrzehnte“, sagte Inhaber Edwin Franz, dem gegenüber dem Vorjahr gerade einmal rund 14 Prozent der Menge an Äpfeln angeliefert wurden. Eigentlich die letzte Option für den Glattener, in diesem Jahr aber unumgänglich: Um die Nachfrage einigermaßen bedienen zu können, musste er Obst in Osteuropa zukaufen – und das zudem für einen relativ hohen Kaufpreis.

Existenzbedrohend werde dieses Ausnahmejahr zwar unterm Strich wohl nicht für ihn werden, sagt Franz, Umsatz und Ertrag aber werden gewiss erheblich unter dem Mittel liegen. „Schwankungen gibt es bei uns ja immer“, sagt Edwin Franz, „und mit einer ‚normalen‘ kleineren Ernte kommen wir auch zurecht. Aber wenn man nur die Hälfte dessen bekommt, was man bräuchte, wird‘s dann doch ziemlich schwierig.“

Es dürfte wohl die Ausnahme sein, aber: Wer in diesem Jahr einen akzeptablen Ertrag auf seinen Streuobstwiesen zu verzeichnen hatte, konnte sich über eine stattliche Vergütung des Sammelguts freuen. 16 Euro pro Doppelzentner war in diesem Jahr ein handelsüblicher Preis. Zum Vergleich: Im Super-Obstjahr vor drei Jahren gab‘s dafür zum Teil unter vier Euro.

Ein Flop war in diesem Jahr dagegen die Spittelsaft-Aktion der katholischen Kirche. Diakon Klaus Konrad berichtet von 600 Litern Saft, die man aber überwiegend für den Kirchen-internen Gebrauch benötige. Sonst seien es zwischen 12 000 und 14 000 Liter, Rekord: 17 000 Liter. Entsprechend schlecht sieht es in diesem Jahr mit potenziellen Spenden für die geplanten zehn Hilfsprojekte aus.

Gerhard Faßnacht, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes und bekennender Mosttrinker, hat gegenüber den sonst üblichen 2000 Liter und mehr heuer auch nur 100 bis 120 Liter Saft gemacht. „Ich habe aber wohl in weiser Voraussicht letztes Jahr das Doppelte gemostet“, sagt der Altheimer, „ich werde wohl das nächste Jahr überstehen.“

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Erstellt:
24.11.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2017, 01:00 Uhr

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