Everybody Wants Some!!

Everybody Wants Some!!

Regisseur Richard Linklater („Boyhood“) erkundet das Lebensgefühl Jugendlicher in einer texanischen Kleinstadt in den 1980-ern.

03.03.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Everybody Wants Some!!

Ginge es nicht 35 Jahre in der Zeit zurück, ins Jahr 1980, könnte der neue Film von Richard Linklater die Fortsetzung seines Meisterwerks „Boyhood“ (2014) sein. Dieses endete mit dem Auszug des Buben aus dem trauten Heim, jener beginnt mit der Ankunft in einer Unistadt in Texas. Dort bekommt Jake (Blake Jenner) ein Zimmer in einer Groß-WG voller Baseball-Cracks, mit denen er das künftige Uni-Team bilden soll.

Schnell hat man sich beschnuppert und größtenteils für sympathisch befunden. Weil das Semester, also der Ernst des Lebens, erst in drei Tagen beginnt, hauen die Jungs in der verbleibenden Zeit der Unbeschwertheit ordentlich auf den Putz. Mädchen werden angebaggert und abgeschleppt, es wird gesoffen, gekifft und endlos im Spätpubertierenden-Jargon („Ich studiere Cunnilinguistik“) palavert. Kein Wort davon, dass sich Ronald Reagan gerade anschickt, ins Weiße Haus einzuziehen. Dafür laufen in Endlosschleife die Hits der Saison: „Urgent“, „My Sharona“, „Rapper’s Delight“.

Erst im letzten Drittel weitet sich das Blickfeld der Testosteron-Bolzen ein wenig: es kommt zu Begegnungen mit Punks und einer Kunststudenten-Clique – letztere mit amourösen Folgen für den ansonsten ziemlich unscheinbaren Jake.

Zu einer Handlung im strengen Sinn fügt sich das jedoch nicht; mit einer harmlosen Kneipenschlägerei ist der Gipfel der Dramatik auch schon erreicht. Linklaters Regiekunst zeigt sich an den kleinen tragikomischen Charakterskizzen des Romantikers, des Melancholikers oder des cholerischen Ehrgeizlings, die er ganz beiläufig entwirft. Höchst elegant auch, wie die bis dato unterschwelligen Konflikte zwischen den Jungs beim ersten Baseball-Training konzentriert an die Oberfläche drängen.

Die atmosphärische Dichte (verbunden mit der Feier jugendlichen Freiheitsdrangs) von Linklaters Debütfilm „Dazed And Confused“, dem er in vieler Hinsicht ähnelt, erreicht „Everybody Wants Some!!“ allerdings nicht. Vielleicht ist aber auch nur die kulturelle Kluft zu groß. Das Milieu universitärer Superathleten ist dem Deutschen doch sehr fremd.

Ein großartiger Erinnerungsfilm – zumindest für die Sportskanonen von der Uni.

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Erstellt:
03.03.2016, 13:44 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 59sec
zuletzt aktualisiert: 03.03.2016, 13:44 Uhr

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