Französische Filmtage: Nur das Team blieb stumm

Gestern Abend eröffnete das Festival mit Botschaften und Botschafterin in zwei Museums-Kinosälen

Immer mittwochs vor oder in den Herbstferien trifft man sich in Tübingen zur Eröffnung der Französischen Filmtage.

02.11.2017

Von Ulla Steuernagel

Im Kino-Foyer blieben die Gäste und die Filmtage-Mitarbeiterinnen gestern nicht lange stehen, die bequemen Kinositze lockten. Bild: Faden

Im Kino-Foyer blieben die Gäste und die Filmtage-Mitarbeiterinnen gestern nicht lange stehen, die bequemen Kinositze lockten. Bild: Faden

Gestern Abend war wieder so ein Mittwoch. Im großen Saal des Kinos Museum wurde nicht einfach nur ein Film abgespult, sondern es gab eine dreiviertel Stunde lang Vorgeplänkel, diesmal knapper und publikumsgerechter als im vergangenen Jahr. Und noch etwas war anders: Die Eröffnung hatte eine Filiale im Studio, auch dieser Übertragungsort war voll besetzt.

Andrea Bachmann vom Filmtageteam begrüßte die Gäste in zackigem Tempo. Claude Trudelle, Generaldelegierter von Québec, das mit seinen Filmen in diesem Jahr ein Schwerpunktthema bildet, beeindruckte das Publikum mit Zahlen: Die kanadische Provinz ist zwar flächenmäßig drei Mal so groß wie Deutschland, aber auf diesem Riesenterrain leben nur mickrige drei Millionen Einwohner. Der Mann im Jäger-Tweed zeigte sich stolz auf das Kino seiner Provinz, das erfüllt sei von „Offenheit, Buntheit und kulturellem Selbstbehauptungsdrang“.

Nicht nur die „ziemlich besten Freunde“ auf Regierungsebene, auch der Austausch im Alltäglichen, etwa dem Tübinger Festival, trügen viel zur guten Nachbarschaft zwischen Frankreich und Deutschland bei, so sagte die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes. Sie outete sich als Fan von Filmemacher Rainer Werner Fassbinder und etwas aktueller: der TV-Serie „Weißensee“.

Carl Bergengruen von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg kam auch dieses Jahr nicht mit leeren Händen. Die MFG stiftet zusammen mit dem französischen Filmexporteur Unifrance und dem deutsch-französischem Jugendwerk DFJW den Verleihförderpreis in Höhe von 21 000 Euro. Bekommen wird ihn der Film, dem das Tübinger Publikum die meisten Punkte schenkt. Als lokalster Promi wurde Oberbürgermeister Boris Palmer mit einem zwei Jahre alten, aber, wie Andrea Bachmann meinte, durchaus „upgecycelten“ Trailer über seine Person auf die Bühne geholt. Bevor Bachmann ihn wieder in den Saal entließ, wollte er dann doch noch ein bisschen zu Wort kommen. Er trage seinen französischen Orden als Ritter der Ehrenlegion, wohlwissend, dass er nur am französischen Nationalfeiertag angelegt werden soll. „Die Eröffnung der Filmtage ist aber für mich der höchste französische Feiertag“, schmeichelte der OB dem Festival.

Den schönsten Programmteil lieferten die Filmtagemitarbeiter selber. Im Stummfilm-Schwarzweiß ließ Festivalleiter Christopher Buchholz selbstironisch-selbstverliebt Konfetti regnen, Assistent Florian Bauer drehte ihm jedoch energisch den Saft ab. „Translations-Abteilung“ und „Propaganda-Abteilung“ stellten sich vor, der IT’ler hing am Dosentelefon, die Praktikantin schmachtete den Programmleiter an, und so ging‘s munter bis zum flackernden „Fin“ weiter. Um 20.21 Uhr erklärte Sou Abadi, Regisseurin von „Cherchez la femme“, das Festival für eröffnet.

A.-M. Descôtes / Bild: de la Mure/MEAE.

A.-M. Descôtes / Bild: de la Mure/MEAE.

Die erste französische Botschafterin in Berlin

Anne-Marie Descôtes studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der ENS in Paris und bereitete sich anschließend an der ENA (École nationale d’administration) für den auswärtigen Dienst vor. Zwischen 1987 und 90 war sie als Kulturattachée in der französischen Botschaft in Bonn tätig. Sie wurde Fachberaterin für EU-Erweiterung in Brüssel. Später leitete sie im französischen Außenministerium die Generalabteilung Globalisierung, Kultur und internationale Entwicklung. Seit Juni diesen Jahres ist sie die erste Frau an der Spitze der Botschaft in Berlin.

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02.11.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 02.11.2017, 01:00 Uhr

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