Brillanter Verdi, beschauliche Stille Nacht

Glanzvolles Konzert des Musikvereins Salzstetten / Aktive und Jugend überzeugten auf der ganzen Lini

Die letzten Ecken des Gemeindesaals in Salzstetten wurden noch schnell bestuhlt, um alle Zuhörer unterzubringen. Wie hoch auch immer die Erwartungen an das Jahreskonzert des Musikvereins waren, Jugend- und Aktivenkapelle überboten sie mit Bravour.

21.12.2015

Von Hans-Michael Greiß

Freude nach einem erfolgreich gemeisterten Konzert: die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins Salzstetten mit ihrem Dirigenten Branko Herbstreit. Bilder: hmg

Freude nach einem erfolgreich gemeisterten Konzert: die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins Salzstetten mit ihrem Dirigenten Branko Herbstreit. Bilder: hmg

Salzstetten. Zu dem Mystery-Rock „Superspy“ sei der Komponist Luigi di Ghisallo von Hitchcock-Filmen angeregt worden, berichtete ein Jungmusiker. Bei dem Medley bekannter Weihnachtslieder „A World of Christmas“ der Jugendkapelle steigerten sich die eingängigen Melodien zum triumphalen „Adeste Fideles“ Mit einer klassischen Polka führte Dirigent Branko Herbstreit seine jugendlichen Bläser an die Wurzeln der Blasmusik.

Eine nicht endenwollende Reihe von Aktiven zog durch die ganze Halle zum Podium. Als der Begrüßungs-Applaus abebbte, kommentierte eine Zuschauerin: „Bei de Rentner höre mer uff.“

Grenzenloses Vertrauen hatte Branko Herbstreit in seine Aktiven gesetzt, denn bei der Auswahl bekannter Melodien fallen Fehler gleich auf. Aber der Musikverein war bestens präpariert, als er mit Johan Sebastian Bachs berühmtestem Orgelwerk, der Toccata und Fuge in d-moll einstieg und es zur Rockversion verwandelte.

Dröhnende Paukeneinsätze mit Tuba-Solo beschworen eine düstere drohende Gefahr, wie sie Ulrike Schweikert in ihrem Buch „Die Hexe und die Heilige“ beschreibt, die von Steven Reineke zu einer dramatischen Komposition gesetzt wurde. Ein spannungsreiches Largo der Außenregister Tenorhorn und Trompete modifizierte zu den Schicksalsschlägen, die an „O Fortuna“ aus Orffs Carmina Burana erinnerten, um in eine tänzerische Heiterkeit zu wechseln, aus der zum Ende die prasselnden Scheiterhaufen vor dem geistigen Auge akustisch aufloderten.

Entspannend wirkte der barocke Kanon von Johann Pachelbel, bei dem Herbstreit das jeweils das Thema vortragende Register hervortreten ließ, die übrigen sanft dämpfend, aber stets eine ausgeglichene Harmonie bewahrend.

In Klangwolken schwelgend zelebrierte die Kapelle „Verdi“, von Walter Tuschla arrangierte Melodien des italienischen Opern-Superstars. Gefesselt, wie auf ihren Stühlen festgeklebt lauschte das Auditorium, selbst beim „Libiamo“ aus La Traviata zeigte es keine Regung, beim „Va pensiero“ aus Nabucco nicht den geringsten Ansatz zum Schunkeln, wie man es in Verona gewohnt ist, wo schon beim ersten erklingenden Ton die Volksseele zu kochen beginnt. Branko Herbstreit gelang es, den musikalischen Diamanten Verdi mit einem 32-Facettenschliff zum strahlenden Brillanten zu veredeln, dass alle in sprachlosem Staunen verharrten. Auf keinen Ton dieser faszinierenden Interpretation wollte man verzichten.

Um so mehr brach sich der Beifall Bahn, und er hätte wohl kaum geendet, hätte nicht Waltraut Welle, die mit ihren Texten eine perfekte Einführung zu den einzelnen Stücken gab, auf die nicht minder vollendet in Eigenleistung bereiteten Schnittchen hingewiesen, deren Verkauf zur Vereinsförderung dem Musikverein nicht weniger am Herzen lag als ein optimales Konzert zu spielen. Die Freunde vom Liederkranz leisteten ganze Arbeit, in der Pause alle Gäste zu sättigen.

Anna-Lena Stehle stimmte auf ihrer Querflöte in das „Amazing Grace“ ein, das von den drei Trompetern Andreas Fischer, Florian und Manuel Kreidler auf der Empore übernommen wurde, die damit einen kalten Schauer auf dem Rücken hervorriefen.

Arrangiert war dieses Stück von dem ehemaligen Dirigenten des MV Salzstetten, Günter Klück, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Sein Verein würdigte ihn mit einem weiteren Stück aus seiner Feder, dem Gruß aus Salzstetten.

Auf das Können der Salzstetter ausgerichtet erwies sich ein Auszug von Filmmelodien Ennio Morricones. In den breit ausholenden Gesten Branko Herbstreits, denen die Musiker nur zu willig folgten, erlebten die Zuhörer die endlosen Weiten der Prärie, durch die die Züge der Union Pacific ratterten, oder die Cowboys im Trab in eine staubige Westernsiedlung einritten, mit effektvollen Dynamikwechseln hielt oder steigerte sich das Geschehen.

Mit den gebotenen Meisterleistungen wollte sich das dankbare Publikum aber nicht zufrieden geben, der im letzten Jahr verstorbene James Last lieferte einen Zugabenhit mit prickelnd-schäumender Partylaune, was die Erwartungen noch mehr antrieb und in einer weiteren Komposition von Günter Klück ihre Erfüllung fand. Mit einer seltenen Begabung für wirkungsvolle Effekte schrieb Klück jedem Weihnachtslied eine spezielle Charakteristik zu, ergreifende Wucht bei „Vom Himmel hoch“, einem swingenden „White Christmas“ oder einem heimelig-beschaulichen „Alle Jahre wieder“ entwickelte er die ganze Farbigkeit der universellen Weihnachtsfreude, um in einem piano-verträumten „Stille Nacht“ den Schlusspunkt zu setzen.

Über die Ehrungen im Rahmen des Jahreskonzerts werden wir noch berichten.

Mit Freude und Können bei der Sache: die Jugendkapelle Salzstetten.

Mit Freude und Können bei der Sache: die Jugendkapelle Salzstetten.

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Erstellt:
21.12.2015, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 21.12.2015, 01:00 Uhr

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