Hansi Müller: Deutsche Elf auf richtigem Kurs

Gomez sorgt für mehr Gefahr

Mit dem Schwung und dem Selbstbewusstsein des Weltmeisters. Hansi Müller sieht die deutsche Mannschaft auf dem besten Weg ins EM-Finale.

23.06.2016

Von GRA

Wollte nur die mangelhafte Quote beim Torschuss kritisieren: Bundestrainer Joachim Löw. Foto: afp

Wollte nur die mangelhafte Quote beim Torschuss kritisieren: Bundestrainer Joachim Löw. Foto: afp

Nach dem Sieg gegen Nordirland sage ich: Soll erfüllt, drei Punkte geholt, als Tabellenerster abgeschlossen. Alles okay. Für mich ist es immer ein sehr positives Zeichen, wenn du in der Lage bist, dir Torchancen herauszuspielen. Gegen Polen war es nicht der Fall. Aber gegen Nordirland hätte es nach einer halben Stunde schon 3:0 oder 4:0 stehen können. Natürlich kann man, wie Jogi Löw, bemängeln, dass wir zu wenig Tore gemacht haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass uns so was nur einmal passiert. Wenn sie sich in der nächsten Partie wieder so viele Möglichkeiten erspielen, dann wird es auch zwei-, dreimal rappeln.

Wichtig ist, dass die deutsche Elf in der Lage war, mit direktem Spielen, gutem Blick und tollen Aktionen vor das Tor zu kommen. Gegen die Polen und die Ukraine sind die Nordiren nicht so brutal in Bedrängnis gekommen.

Es freut mich sehr, dass meine Prognose, dass die Nordiren Mario Gomez fürchten werden, voll eingetroffen ist. Ich war davon überzeugt, dass Jogi ihn bringt, weil du gegen diese großgewachsenen Abwehrspieler einfach einen Kerl brauchtest, der sich voll hineinwirft und damit gleich zwei Leute bindet. Dagegen tust du dem Mario Götze keinen Gefallen, wenn du ihn ganz vorne spielen lässt. Er ist kein Mittelstürmer. Von dieser Sorte haben wir nur einen: Gomez. Er sorgt für Gefahr und er gibt der Mannschaft eine Option mehr. Es ist für die Mitspieler immer gut, wenn sie wissen: Hey, da vorne ist einer, dem wir den Ball hineinklopfen können – und er macht was draus. Wenn man sieht, welchen Weg Gomez gemacht hat. Die lange Leidenszeit, dann der Aufschwung in Istanbul. Das musst du erst einmal schaffen, auf Anhieb in der Türkei Meister und Torschützenkönig zu werden. Es war eine wichtige und richtige Maßnahme von Jogi, ihn zu bringen, und er ist dafür belohnt worden.

Es hat mich beeindruckt, wie Joshua Kimmich auf Anhieb eingeschlagen hat. Er strahlt Lust, Zuversicht und Spielfreude aus. Er ist schnell, ist technisch stark, besitzt eine hohe Spielintelligenz. Und er hat seine Bayern-Kollegen um sich herum: Neuer, Boateng, Müller, Götze. Da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ich kann mich erinnern: Als Aufsichtsrat des VfB saß ich vor etwa zwei Jahren mit am Tisch, als wir mit dem Vorstand über Kimmich diskutierten. Jochen Schneider, der damals den sportlichen Bereich interimsweise verantwortete, sagte: Für kein Geld der Welt verkaufen. So überzeugt war er von Kimmichs Qualitäten. Wenn dann ein Klub wie Bayern ruft, kannst du ihn aber nicht mehr halten. Für Joshua war es genau der richtige Schritt, auch weil Pep Guardiola, der Trainer der Bayern, voll auf ihn setzte. Ich wage es zu bezweifeln, dass es Kimmich als VfB-Spieler zur EM geschafft hätte.

Auf Augenhöhe mit unserer Mannschaft sehe ich nur Frankreich, Spanien und Italien. Es stehen 14 Spieler im Kader, die in Brasilien erfolgreich waren. Sie alle haben sich weiter gesteigert. Meine Prognose ist, dass der amtierende Weltmeister auch das Finale der EM erreicht. Da kann dann natürlich alles passieren.

Unser Experte Hansi Müller machte 186 Spiele in der ersten und zweiten Liga für den VfB Stuttgart sowie 42 Länderspiele. Bis 2015 war er als Mitglied des VfB-Aufsichtsrats aktiv.

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Erstellt:
23.06.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 23.06.2016, 06:00 Uhr

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