Ärgernis

Graben zwischen Anwohnern und Verwaltung

Die Baustelle in der Lerchenstraße sorgt bei den Bewohnern für Unmut. Sie kritisieren vor allem die Informationspolitik der Stadt Horb.

18.10.2017

Von Maik Wilke

Nur ein provisorischer Steg führt derzeit zu den Häusern der Lerchenstraße 43 bis 51. Für Ältere und Leute mit Rollator ein echtes Problem. Bilder: Wilke

Nur ein provisorischer Steg führt derzeit zu den Häusern der Lerchenstraße 43 bis 51. Für Ältere und Leute mit Rollator ein echtes Problem. Bilder: Wilke

Mit ihrem McFlurry und einer Tüte Fast Food in den Händen laufen zwei Schülerinnen quatschend durch die Lerchenstraße. Über den Bauschutt und einen provisorischen Überlauf kommen die Jugendlichen zu einem Garten, flotten Schrittes wollen sie auch diesen queren – bis sich der Anwohner dieses Privatgrundstücks ihnen in den Weg stellt. Eine kurze, aber klare Zurechtweisung und die Schüler treten den Rückzug an. „Aber so läuft das hier im Fünf-Minuten-Takt“, sagt der Anwohner, dessen Garten seit Beginn der Bauarbeiten direkt vor dem Zugang zur Lerchenstraße 43 bis 51 als inoffizielle Umleitungsstrecke fungiert.

Weil seit dem 4. Oktober in der Lerchenstraße auf dem Horber Hohenberg das Abwasserkanalnetz saniert und das Fernwärmenetz ausgebaut wird, hatte sich teilweise ein vier Meter tiefer Graben vor den Häuserzugängen der Anwohner aufgetan. Nur über einen teils wackligen Steg aus Metallplatten erreichen sie ihre Wohnungen.

Doch das größere Problem stellt die Vollsperrung der Lerchenstraße inklusive des Gehwegs dar: Der direkte Weg von den Garagen, die unterhalb der Reihenhäuser liegen, war mehrere Tage komplett versperrt. „Mit schweren Einkaufstaschen oder gar Getränkekisten hätten wir den ganzen Umweg hinunter bis zur Kreissparkasse und dann auf Höhe des Amselwegs zurück zu unseren Häusern machen müssen. Das geht nicht“, empört sich ein Anwohner der hinteren Häuser. Die Lösung: Der Anwohner an der Stirnseite der Häuserfront ließ die Anwohner durch seinen Vorgarten passieren. „Wenn wir aber ein zerstrittenes Verhältnis hätten, kämen wir von der Garagenseite gar nicht zu unseren Häusern.“ Und: Das Schlupfloch in der Hecke nutzen nun eben auch andere.

Spaziergänger und Schüler laufen durch den Garten, die Tatsache, dass es sich dabei um ein Privatgrundstück handelt, interessiert nicht. „Es gibt eine offizielle Umleitung für Fußgänger“, erklärt Stadtsprecher Christian Volk auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE. „Doch wenn diese offenbar von einzelnen Personen ignoriert und sogar über Hecken von Privatgärten gestiegen wird, können wir als Stadt dagegen leider nur wenig unternehmen. Selbst ein weiteres Schild mit der Aufschrift „Durchgang verboten“ würde daran wohl nicht viel ändern.“ Dies sieht sogar der Anwohner so. An einem Tag während der Bauarbeiten habe die Stadtverwaltung einen Mann vom Ordnungsamt „Streife“ laufen lassen, „doch der musste sich teilweise heftige Beleidigungen anhören“, so der Anwohner.

Handeln oft nur auf Nachfrage

Dennoch kritisieren die Betroffenen das Handeln der Verwaltung, vor allem deren Informationspolitik. „Es wird einfach losgelegt mit allen verbundenen Einschränkungen. Ein Anschreiben haben wir nie bekommen“, sagt einer von ihnen. Es habe zwar im März einen Informationsabend gegeben, doch wer diesen damals verpasst hat, stehe jeden Morgen vor einer neuen Überraschung, zuletzt am Montagmorgen. Dort konnten die Anwohner der Lerchenstraße 43 bis 51 nicht einmal ihre Garagen anfahren, weil sich ein neues Loch in der Straße auftat. Die Absperrung für dieses versperrte die Zufahrt. Die Anwohner sollten über den Gehweg, der durch einen Betonklotz verengt ist, und den hohen Bordstein fahren. „Doch dabei mache ich noch mein Auto kaputt“, schimpft ein Betroffener. Ein Bauarbeiter habe reagiert und die Erhöhung zu den Bordsteinen mit Sand abgeschwächt.

Aber es gibt noch weitere Probleme. Um überhaupt bis zu vier Meter in die Tiefe graben zu können, musste der Fußweg auf einer Breite von drei Metern aufgegraben werden. Daher wurde den Anwohnern jeweils 1,5 Meter ihres Vorgartens abgetragen. „Doch alles, was weggenommen wurde, wird nach Beendigung der Arbeiten wieder in den vorherigen Zustand versetzt“, verspricht Volk. Die Bewohner betrachten dies mit Zweifeln.

In einem der hinteren Reihenhäuser wohnt eine schwerst gehbehinderte Frau, die mit ihrem Rollator nur mit viel Mühe über die provisorischen Wege der Baustelle gelangt sei. Auch hier habe der Ehemann erst bei der Bauleitung reklamieren müssen – dann wurde der Zugang verbreitert. Stadtsprecher Volk: „Im Vorfeld wissen wir natürlich nicht, wo Leute mit besonderem Bedarf wohnen. Daher ist die Rückmeldung von den Bewohnern für die Stadt an dieser Stelle wichtig. Wenn wir Hinweise bekommen, versuchen wir so schnell wie möglich zu reagieren, was auch in diesem Fall geschehen ist.“ Den Anwohnern ist das zu wenig, stets müssten sie selbst Anreize zu Verbesserungen geben. Außerdem sei kein Zeitplan, kein Ablauf der Bauarbeiten bekannt. „Wenn wir wüssten, wann und mit welchen Einschränkungen wir rechnen müssen, wäre das alles halb so schlimm“, so der Tenor bei den Anwohnern.

Einen klaren Zeitplan und einen Termin für das Ende der Arbeiten kann aber auch Volk auf Nachfrage nicht nennen: „Das ist wie immer bei solchen Sanierungsarbeiten eben auch witterungsabhängig. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Bauarbeiten wie angekündigt im Laufe des Novembers abgeschlossen werden können.“ Die Anwohner fürchten allerdings dass der Wintereinbruch vor Beendigung der Sanierungsarbeiten eintrifft und sie deshalb bis ins Frühjahr mit den Einschränkungen der Baustelle leben müssen.

Die Absperrung der Baustelle führt die Anwohner über ein Privatgrundstück (links). Doch diese inoffizielle Umleitung nutzen nun eben auch Spaziergänger und Schüler.

Die Absperrung der Baustelle führt die Anwohner über ein Privatgrundstück (links). Doch diese inoffizielle Umleitung nutzen nun eben auch Spaziergänger und Schüler.

Die Zufahrt zu den Garagen wird durch einen Betonklotz und durch Absperrungen blockiert. Sandaufhäufungen vor den Bordsteinen sollen die Anfahrt erträglicher machen.

Die Zufahrt zu den Garagen wird durch einen Betonklotz und durch Absperrungen blockiert. Sandaufhäufungen vor den Bordsteinen sollen die Anfahrt erträglicher machen.

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18.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 29sec
zuletzt aktualisiert: 18.10.2017, 01:00 Uhr

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