Aloah Horb

Horber Hohenberghalle wird beim Eröffnungsball zur bunten, durchgeknallten Insel

Einmal Südsee und zurück. Einen Abend lang, ganz ohne Flugticket. Wer dem winterlichen Treiben für ein paar Stunden entfliehen und sich närrisch-geistig erwärmen wollte, der war in der Horber Hohenberghalle am Samstagabend genau richtig: Kannibalische Gags, tropisch hitzige Lieder und bissige, stromlinienförmige Haifische – der Eröffnungsball der Narrenzunft Horb bot ein Programm mit viel Abwechslung.

18.01.2016

Von Gerd Braun

Insel-Feeling verbreiteten auch diese Besucher mit ihren Kostümen beim Horber Fasnets-Eröffnungsball in der Hohenberghalle.Bild: Kuball

Insel-Feeling verbreiteten auch diese Besucher mit ihren Kostümen beim Horber Fasnets-Eröffnungsball in der Hohenberghalle.Bild: Kuball

Horb. Gespannt auf die Überraschungen des schwäbisch-karibischen Abends, war eine der Fragen erfahrener Besucher: Würde Manuela Müller-Ferl als Insel-Moderatorin und ausgewiesene Miss Tahiti die Zeit zwischen den Darbietungen so unterhaltsam füllen wie dies Alexander „Locke“ Guth zuletzt als echte Drag-Queen verstanden hatte? Die Antwort: Sie tat es. Sie tat es auf ihre frivole Art im knappen grünen Glitzerkleid; selbstbewusst, berlinerisch schlagfertig und als „etwas echtes Weibliches“.

Die Frage, wie sich wohl der Nachwuchs beim Eröffnungsball schlagen würde, beantworteten gleich zu Beginn „Lord Helmchen und die Kannibalinnen“. Theresa Löffel (Wilma Wadenbeißer), Lisa Dörr (Zamanta) und Dana Zimmermann (Elle von der Speiche) überzeugten zusammen mit dem gestrandeten Ballonfahrer Günther Kuch und Inselhäuptling Andreas Galsterer gesanglich und mit kreativen Liedtexten vollauf. Und da die Kannibalinnen schließlich nicht zum Biss kamen, gab’s für sie am Schluss noch einen Essensgutschein – „vom Friedrichson, zum selber ausgraba“.

Dass die gezeigten Videos in diesem Jahr nicht alle komplett neu gemacht waren, sondern teilweise aus dem Archiv stammten, konnte den Horber Narren allein schon von daher wohl kaum einer verübeln, als diese echte Granaten waren – mehrmals mit dem verstorbenen Axel Lipp in dessen unnachahmlichen Art. Hingucker waren die kessen Filmchen aber allesamt.

Markus „Magic“ Maier teilte als „Verschollener Kautz“ mit seinem Ball „Wilson“ im Arm aus. Bei ihm beförderte die gute Fee Oberbürgermeister Peter Rosenberger bei dessen dritten Wunsch – pling – kurzerhand zurück in sein Büro. Denn, so Maier kauzig, „als Letztes wünschte er sich, nie wieder zu arbeiten, kein Stress, nur noch erholsame Ruhe“.

OB Peter Rosenberger

bekommt sein Fett weg

Sowieso bekam Rosenberger vor allem seiner Kandidatur bei der OB-Wahl in Mannheim gleich mehrfach sein Fett weg. Unter anderem stieß Manu Müller-Ferl in diese Kerbe: „Dett is fürs Peterle nich wirklich jut jeloofen“, hielt sie gleich eingangs fest, und natürlich bauten die beiden Haifische Hilti von Hammer und Willi White, verkörpert von Ralf Brackop und Alexander „Locke“ Guth die im zweiten Wahlgang gescheiterte Kandidatur Rosenbergers in ihrem Beitrag ein. Allein schon das hautenge graue Kostüm der beiden war ein Genuss, und die pointierte Unterhaltung der beiden Haifische aus dem Horber Neckar zählte unter sehr viel sehr Gutem zum Besten, was der Eröffnungsball 2016 zu bieten hatte.

Köstlich, wie beispielsweise „Locke“ die Text-Lücke von Brakopp – als Hammerhai mit zwei seitlichen Hörnern am Kopf ausgestattet – füllte: „Mit so em Kopf könnt i mir au koin Text merken“, schoss Guth in seiner typischen Art los, nachdem „Hilti von Hammer“ mehrmals erfolglos gegen den Text-Strom angeschwommen war. Das Publikum gröhlte, und Brakopp war wieder im Text.

Ein Stauwehr statt der Brücke im Neckartal

Und dann erzählte der weiße Hai „Willi White“ von einem am Wehr verschlungenen Freudenstädter, der so hohl gewesen sei, dass er zwei Wochen lang nicht tauchen habe können. Die beiden philosophierten über ein Stauwehr aus Stuttgart-21-Abraum – nicht im Steinach-, sondern im Neckartal anstelle der Brücke. Weil sich Rosenberger so (auch Besoldungs-technisch) zum Senator einer Hansestadt machen könnte. Bildechingens Ortsvorsteher Peter Zimmermann könnte, so ihre Theorie, zum ältesten Hafenmeister der Geschichte werden, und Nordstettens Ortsvorsteherin Edith Barth könnte statt Lärmschutz einen Leuchtturm bauen. Der Eutinger Bahnhof bekäme eine ganz neue Dimension – „from Street to Rail to Ship“ –, und Yachtclub-Gründer Axel Blochwitz, „der ist halt immer einen Schritt voraus“, habe schon Liegeplätze im Kasernenareal ausgewiesen.

Warum Car-Sharing in Horb nicht funktionieren kann, erklärte „Locke“ Guth an einem Beispiel: „Du wohnsch in Altheim und willsch beim Straub uffm Hohenberg Eier kaufe… Lauf’sch also quasi an Deine Eier vorbei, hol’sch ’s Auto, fährsch die Eier nach Altheim und musch den Karra zurück brenga… Koschtet Dich des Ei runde 2 Euro ’s Stück.“ Bissig durchdrangen die beiden noch diverse andere mehr oder minder neuralgische gesellschaftliche und politische Gewässer, ehe sie mit großem Applaus von der Bühne begleitet wurden.

Davor noch hatten – ein bisschen Wehmut schwang da nicht nur bei Zunftmeister Eckhard Bukenberger mit – die Tanzhexen nach 18 Jahren noch ihren letzten Auftritt beim Horber Eröffnungsball. Sie werden sich nach der Fasnet 2016 auflösen. Angeknüpft an den Eröffnungsball 2015 traten die sehr unterhaltsamen Mitglieder des „Circus Charmanti“, die sich mit dem Erlös des verkauften Zirkus in die Südsee abgesetzt hatten, auf. Gesanglich brillant und vorzüglich getextet, war der Vortrag von Susanne Baiker, Julia Voss, Markus „Euro“ Wagner und Daniel Wagner, begleitet vom unermüdlichen Musiker Alexander Wolpert, ein Genuss.

Der Schlusspunkt war dann den singenden und lästernden Reiseleiterinnen Pfefferle Schayenne (Ute Karp), Professorin Eisenbeis (Ute Schuler) und Wolke (Elke Straub) zusammen mit Alexander Woplert vorbehalten. Genial: Der Song „Zigeunertäle“ zum Thema Steinbruch-Auffüllung, auf die Melodie von Alexandras „Zigeunerjunge“ aus dem Jahr 1967. Sie rundeten mit ihren sechs Liedbeiträgen den sehr kurzweiligen Eröffnungsball 2016, der durchweg hohes Unterhaltungsniveau hatte, ab. Und so ging’s nach der letzten Abmoderation und dem großen Finale ziemlich genau um 22.22 Uhr nach knapp drei kurzweiligen Stunden in die Bar oder auf die von der Tanzband „Columbia“ in Schwung versetzte Tanzfläche.

Siehe auch die Bilderseite weiter hinten und die Bildergalerie auf www.neckar-chronik.de

Zum Artikel

Erstellt:
18.01.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 41sec
zuletzt aktualisiert: 18.01.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!