Zerstörungswut

Jeden Tag steht ein „Seggel“ auf

20 kaputte Blumenkästen und fünf umgestoßene Kübel sind die traurige Bilanz eines nächtlichen Sachbeschädigungs-Streifzugs.

16.08.2017

Von Benjamin Breitmaier

In kurzer Zeit hatten die Bauhofmitarbeiter den Dreck wieder weggemacht. Bild: Breitmaier

In kurzer Zeit hatten die Bauhofmitarbeiter den Dreck wieder weggemacht. Bild: Breitmaier

Blumen – Symbol für Unschuld und Schönheit. Die Frage nach dem „Warum“ scheint mit dieser Feststellung ungemein schwierig zu beantworten. Trotzdem würde man sie gerne fragen, die drei jungen Männer. Warum habt Ihr das gemacht? Warum musste der alkoholisierte Streifzug durch die Horber Innenstadt in einer Zerstörungsorgie enden, die es in diesem Ausmaß in der Neckarstadt wohl nur selten gab?

Es zeichnete sich das in den Medien so oft proklamierte „Bild der Verwüstung“. Dienstagmorgen. Die Sonne versteckt sich noch hinter den bewaldeten Hängen des Neckartals. Polizisten streifen durch das Zentrum von Horb. Eine Zeugin hatte die Beamten auf die Zerstörungen aufmerksam gemacht. Zwei Wagen der Horber Beamten begaben sich sofort auf Fahndung: Mit Erfolg, wenig später finden sie die mutmaßlichen Täter.

Die Polizisten machen Bilder, von dem, was sich nur Minuten zuvor in der Innenstadt von der Neckarstraße bis zur Dammstraße ereignete: Kein Blumenkübel war vor ihnen sicher. Der gesamte Flößersteg, die teure Blütenpracht, sie wurde von den Zerstörern dahingerafft. Ein ähnliches Bild zeichnet sich direkt vor dem Polizeirevier, die Neckarstraße, überall liegen Dreck und ausgerissene Blüten. Einen Kübel, der vor der Fahrschule Hug stand, haben sie in den Neckar geworfen.

Die drei Täter wurden gefasst

Vom Stadtzentrum bis zur Ampel am Flößersteg waren die Ergebnisse der zerstörerischen Nacht zu sehen. Aus 20 Blumenkästen rissen sie die Pflanzen heraus und in der Neckarstraße stießen sie laut Beamten fünf bepflanzte Blumenkübel um.

„Warum?“ Die Polizei kann die Frage nicht beantworten. Das können nur die Täter selbst, wenn überhaupt. Sie waren zu dritt. 18 und 20 Jahre alt. Sie hatten Alkohol getrunken. Zwei von ihnen stammen aus dem Landkreis Rottweil.

Über den entstandenen Sachschaden konnten die Beamten noch keine Angaben machen. Das können die Männer und Frauen der Bauhof-Crew, die innerhalb von wenigen Stunden, die Innenstadt wieder vom Dreck befreiten. Schon gestern mittag war Horb wieder sauber – aber auch ein Stück liebloser. „Ein Blumenkübel allein kostet 250 Euro“, erklärt ein Bauhofmitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden will, gegenüber der SÜDWEST PRESSE. Er und seine Kollegen sind stinksauer. Nicht, weil sie wieder aufräumen müssen, sondern weil diese Arbeit „einfach nur unnötig“ sei, erklärt er und schleudert den Inhalt eines weiteren Blumenkübels auf den Bauhof-Pickup.

Unnötig und teuer – Stadtsprecher Christian Volk rechnet zusammen: Für die Aufräumarbeiten muss der Bauhof zwei volle Manntage aufwenden. Noch einmal so viel Arbeitskraft müsste für das erneute Aufstellen der Blumenkübel eingesetzt werden. „Müsste“ – Konjunktiv. Denn: „Derzeit überlegen wir, ob eine Neupflanzung für dieses Jahr überhaupt noch infrage kommt“, erklärt Volk. Schließlich sei es schon Mitte August.

Der Stadtsprecher geht von Kosten in Höhe von 12 000 bis 18 000 Euro gesamt aus. Es war nicht der erste Vorfall dieser Art: Die SÜDWEST PRESSE titelte fast genau vor einem Jahr: „Empörung über kaputte Pflanzen“. Damals wurde auch der Flößersteg zum Zentrum der willkürlichen Zerstörungswut. „Dieses Mal ist es aber richtig krass“, erklärt Volk. „Für uns ist es bedauerlich, dass solche Vorfälle so oft vorkommen, dass sogar Mittel für die Instandsetzung der Bepflanzung im Haushaltsplan eingestellt werden müssen“, sagt Volk. Jedes Jahr werden fast 20 000 Euro an Steuergeld dafür eingesetzt.

Schaden bis zu 20 000 Euro

Wenigstens gebe es im aktuellen Fall jemanden, der zur Verantwortung gezogen werden könne. Polizeisprecher Thomas Kalmbach erklärt auf Anfrage, dass die dringend tatverdächtigen jungen Männer mit einer Anzeige wegen „gemeinschädlicher Sachbeschädigung“ rechnen müssten, da öffentliches Gut betroffen sei. Zum Motiv kann auch Kalmbach nur mutmaßen: „Wie sagt man: ,Es stoaht hald jeden Tag n Seggel auf‘“.

Je nach Vorgeschichte und äußeren Umständen müssten die Tatverdächtigen mit empfindlichen Geldstrafen bis zu geringen Freiheitsstrafen rechnen.

Stadtsprecher Volk ist darum froh, dass in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit die Täter ausgemacht werden konnten: „Wir sind immer dankbar, wenn die Bevölkerung ein wachsames Auge hat, die Täter aufzugreifen.“

So sah der Flößersteg noch in den Morgenstunden aus. Bilder: Polizeirevier Horb

So sah der Flößersteg noch in den Morgenstunden aus. Bilder: Polizeirevier Horb

Auch die Neckarstraße blieb nicht verschont.

Auch die Neckarstraße blieb nicht verschont.

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16.08.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 16.08.2017, 01:00 Uhr

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