Ehrenamt

Macher im Hintergrund

Gerhard Böckle organisiert schon seit 25 Jahren mit viel Engagement das AH-Turnier des TSV Weitingen.

27.05.2017

Von Hermann Nesch

So kennt man ihn, den ehemaligen Vorsitzenden und Organisator des Weitinger AH-Turniers: Gerhard Böckles Wort hat beim TSV Gewicht – nicht nur während des Turniers. Bilder: Nesch

So kennt man ihn, den ehemaligen Vorsitzenden und Organisator des Weitinger AH-Turniers: Gerhard Böckles Wort hat beim TSV Gewicht – nicht nur während des Turniers. Bilder: Nesch

Es ist sein „Turnier“, quasi sein Lebenswerk für den TSV – neben seiner zehnjährigen Amtszeit als Vereinsvorsitzender, die er 2003 in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung angetreten hatte. Das jährliche große Weitinger AH-Turnier weiter zu organisieren, war aber auch das Versprechen Gerhard Böckles, als er vor vier Jahren den Chefposten aufgegeben hat. Darin hielt er Wort. Und sein Wort gilt und hat Gewicht bei dem jährlichen Ereignis.

So wurde vor Wochenfrist kürzlich das bereits 25. Turnier ausgetragen, das zu den größeren dieser Art in der Region zählt. Ergeben hat sich die Turniergeschichte, als nach dem Fall der Berliner Mauer und der „Zonengrenze“ viele ehemalige DDR-Bewohner „rüber machten“. Darunter auch zwei aus Rudolstadt in Thüringen, die in Weitingen bei den AH-Fußballern landeten. Da kam die Idee auf, dort ein Spiel mit späterem Gegenbesuch auszutragen. Gesagt und auch getan – die Einladung über ein verlängertes Wochenende wurde gerne angenommen.

Rudolstadt hat bekanntlich eine lebendige kulturelle Tradition. Die Stadt zog schon berühmte Dichter und Gelehrte wie Schiller und Goethe, Fichte, Humboldt und Schopenhauer und auch die Musiker Richard Wagner, Franz Liszt und Paganini sowie den bekannten Pädagogen Friedrich Fröbel. Aber ganz so feingeistig sind die Begegnungen nicht gewesen. Dafür umso zünftiger und „an Geist hochprozentiger“.

Der Gegenbesuch der Rudolstädter kam dann beim ersten Ü30-Turnier anno 1994 zustande, das der frühere Verbandsligist TV Gültstein gewonnen hatte. Zu dieser Zeit waren die Gültsteiner auch Gastgeber des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach im DFB-Pokal. 1998 kam das Ü40-Turnier hinzu und 2003 wurde es um die Altersklasse der Ü50 erweitert, weil auch einige Teams aus ihrem „jungen AH-Alter“ herausgewachsen waren. Erste Turniersieger waren da der VfL Nagold, beziehungsweise die TSG Balingen.

An diesen Namen sieht man, welchen Rang das Weitinger „Meeting der Fußball-Oldies“ genießt, wenn selbst langjährige Fußballer von erfolgreichen Landes- bis Oberligisten ihr Stelldichein auf dem Weitinger Sportgelände geben. Bis heute zählen sie zu treuen Gastmannschaften, zu denen viele andere gehören, wie der VfL Stuttgart (bei der Vereinsgründung 1912 Patenverein des TSV), dann der TSV Hildrizhausen, die TSG Pliezhausen oder TSG Tübingen mit ihrem Mannschaftskapitän, dem Biologie-Professor Dr. Peter Rosenkranz.

Unter anderem sind auch der neunfache Turniersieger SV Mötzingen mit dem ehemaligen Oberliga-Spieler Andy Mähler, der SV Kuppingen oder FV Mönchberg ohne Unterbrechung vertreten. Der SV Wachendorf schaffte es sogar, 20 Jahre lang ununterbrochen mit der gleichen Mannschaft vertreten zu sein, die von den Ü30- bis zur Ü50-Jährigen durchspielte. Ein Großteil der Teams kommt aus dem Bezirk Böblingen/Calw, der allein 31 der insgesamt 60 Turniersieger stellte. Warum gerade dieser Bezirk? Nun, Gerhard Böckle stammt aus dem Herrenberger Stadtteil Mönchberg, wie übrigens weitere Fußballer im Flecken, im Gegenzug wiederum sind auch einige Weitingerinnen in Mönchberg verheirat. Ein guter und gegenseitig befruchtender Austausch also, einschließlich über alle weitere Bekanntschaften. Einige der AH-Kicker sind ehemalige Fußball- und Klassenkameraden, der Kuppinger Willi Weber war sogar Böckles sein Nebensitzer.

Weber war es auch, der seinem inzwischen 61-jährigen Kumpel Trost spendete, als von den ursprünglich 36 gemeldeten Teams am Ende nur noch 22 übrig geblieben waren. Verletzungen, kurzfristige private Verpflichtungen und auch die Meisterfeier des VfB Stuttgart waren Gründe. Böckle musste ständig die Spielpläne ändern. „Aber des bin i g’wöhnt“, meint er. Er hat deshalb ein spezielles Computerprogramm entwickelt, das die Situation schnell erfasst und umgehend neue Spielpläne ausspuckt. „Ärgerlich isch es manchmal scho‘“, so Böckle weiter, „auch weil man die Spielpläne immer wieder neu verschicken muss.“ Die letzte Absage traf kürzlich am Samstagabend um 22.30 Uhr für den Sonntag bei ihm ein.

Manche Teams reisen aber trotz Personalknappheit an. Gastgeber TSV Weitingen füllte ab und zu den reduzierten Kader auf, oder die einzelnen Teams traten bei verletzungsbedingten Ausfällen und mangels Ersatzspieler während des Turniers einfach mit einem Mann weniger an. Bei allem Ehrgeiz, die Fairness, der Sportsgeist und die Kameradschaft stehen oben an, die Freude am Wiedersehen und einfach der Spaß am Fußballspiel. Deshalb schaut Gerhard Böckle auch hochzufrieden zurück, auch weil nur ganze zweimal das Wetter nicht so richtig mitspielte.

Der Rohrdorfer Rudi Reiser (76), der allerdings für Kusterdingen spielt, bekam von Böckle auch schon Trinkbares als Preis überreicht.

Der Rohrdorfer Rudi Reiser (76), der allerdings für Kusterdingen spielt, bekam von Böckle auch schon Trinkbares als Preis überreicht.

Geschichtchen aus 25 Jahren

Gerhard Böckle kann natürlich auch mit vielen Geschichten und Anekdoten aus dem Schatzkästlein aufwarten. Die SÜDWEST PRESSE berichtete jeweils mit ihren „Turniersplittern“. So brachte der Sulzer Gary Weber, ein Mitarbeiter dieser Zeitung, immer seinen Liegestuhl mit, um sich für das nächste Spiel zu erholen und mental vorzubereiten. Andere wiederum legten einfach ein Nickerchen neben der Seitenlinie oder im Schatten ein. Eine Radler oder Halbe als Ersatz für den hohen Flüssigkeitsverlust trug manchmal auch dazu bei.

Interessant sind auch immer die Ü50-Spieler. Zu den Ältesten zählten unter anderem der Torhüter des VfL Nagold Rul Jetter, der einmal sogar mit gebrochener Hand das Turnier zu Ende spielte, oder erst kürzlich der 69-jährige Bernd Dittus vom SV Affstätt, der wieder mit Fahrrad angeradelt kam und mit dem Mumm in den Beinen dieses Jahr sogar Torschützenkönig wurde.

Oder Werner Grathwol vom SV Bergfelden, der aufgrund seiner Torgefährlichkeit auch als „Vava“ bekannt ist, dem erfolgreichen Torjäger und Weltmeister Brasiliens. Er spielt als 77-Jähriger immer noch Fußball. „Nur bringt man da keine Mannschaft mehr in der näheren Umgebung zusammen“, so Grathwol vor Wochen beim Verbandsspiel seiner Mühlbach-Kombi in Weitingen.

Thomas Buchwald, Bruder von VfB-Kapitän und Weltmeister Guido Buchwald, meinte einmal, er wäre zwar der bessere Fußballer als sein Bruder, nur sei er halt ein „fauler Kerle“ gewesen. Statt in die weite Welt, komme er nur nach Weitingen, das sei von Walddorfhäslach ja auch Stückle weit weg.

Die Reihe ließe sich fortsetzen. Erzählt werden manche Ge-schichtchen alle Jahre wieder. So freuen sich alle auf die Neuauflage im kommenden Jahr, wenn auch nur als Zuschauer, denn so einer der treuen Gäste: „Wo sieht ma‘ suscht so viel uff oim Haufa?“ Auch ein Verdienst von Gerhard Böckle, und vor allem großes Lob und hohe Anerkennung.

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27.05.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 04sec
zuletzt aktualisiert: 27.05.2017, 01:00 Uhr

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