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Rolling Stones oder Rachmaninoff:

Macht Musik Kinder wirklich schlauer?

Musikalische Früherziehung ist ein großes Thema. Nicht nur zu Hause, auch in den Schulen wird Musik immer wichtiger. Gemeinsames Musizieren macht Spaß und bleibt fürs Leben. Dabei ist neben der Musikalität aber noch etwas Anderes wichtig.

14.11.2016

Von PR

Macht Musik wirklich intelligenter? Der „Mozart-Effekt“ ist heiß diskutiert und Gegenstand diverser Forschung. Am Ende müssen ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die musikalische Erziehung auch fruchtet. Foto: fotolia.de © rubchikova (#86388922)

Macht Musik wirklich intelligenter? Der „Mozart-Effekt“ ist heiß diskutiert und Gegenstand diverser Forschung. Am Ende müssen ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die musikalische Erziehung auch fruchtet. Foto: fotolia.de © rubchikova (#86388922)

Der heiß diskutierte „Mozart-Effekt“ soll Kinder, die musizieren, intelligenter machen – aber nicht nur das. Auch Kinder, die der Musik ausgesetzt sind, sollen einen Effekt auf den IQ mitbekommen. Heißt: Wer früh anfängt sich mit Musik auseinander zu setzen, wird intelligenter. Aber ist das so?

Studien und Verwirrungen

1993 wurde die erste Studie zum Thema veröffentlicht. Die US-Psychologin Frances H. Rauscher berichtete von ihren Studenten, die räumliche Aufgaben besser lösten, wenn sie vorher zehn Minuten lang eine Mozart-Klaviersonate gehört hatten. Der „Mozart-Effekt“ sorgte für Aufhorchen und viele Konzepte, wie Kinder der klassischen Musik ausgesetzt sein sollten. Schon im Mutterleib, möglichst klassische Musik oder geht auch mal was Anderes? Mozart in jeden Fall – das mache erwiesenermaßen intelligenter, kreativer und geistig gesünder.

Das Problem kam erst wenig später zum Vorschein. Denn Forscher ergänzten das Ergebnis um flottere, wenig anspruchsvollere Musik und schließlich um ein paar Seiten von einem Stephen King Buch und um ein sehr schmales Zeitfenster von nur 15 Minuten von der Interaktion bis zur Lösung der Aufgabe. Am Ende blieb übrig: Rege das Gehirn für zehn Minuten an und sei für die nächsten 15 Minuten aufnahmefähiger, produktiver und denkfähiger.

Das zeigte: Das bloße Aussetzen der Musik hat keinen nennenswerten Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten, vor allem keinen langfristigen Effekt. Blieb noch die Frage: Macht das eigentliche Musizieren sie denn intelligenter? Nun, hier wiederum steht vor allem die sozioökonomische Komponente der Eltern im Weg der Untersuchung. Wenn schließlich wahllos Kinder, die Geige spielen, auf ihren IQ getestet werden und anschließend mit dem IQ von nicht-musizierenden Kindern verglichen werden, kommt am Ende im Zweifel das Ergebnis dabei raus, dass Geige-spielende Kinder intelligenter sind. Ob es der Geigenunterricht war, der diese Entwicklung provoziert hat oder die allgemein höhere Intelligenz der Kinder von sozial-besser gestellten Eltern, die ihre Kinder in den Geigen Unterricht geben, wird vernachlässigt.

Das Problem wird deutlich: Es ist beinahe unmöglich die Kinder nur auf ihre Intelligenz und ihre Musikalität zu testen, wenn so viele andere Faktoren mit hineinspielen und weder Ursache noch Wirkung einwandfrei bekannt sind. Das perfekte Experiment hingegen müsste in etwa wie folgt aussehen: „Man nehme eine repräsentative Gruppe kleiner Kinder aus allen sozialen Schichten und entscheide bei jedem Kind per Los darüber, ob es Musik- oder zum Beispiel Kunstunterricht bekommt. Nach 20 Jahren schaut man, in welcher der beiden Gruppen die Mitglieder einen höheren IQ haben, einen besseren Schulabschluss, mehr soziale Kontakte oder was immer man sich vom Musikunterricht erwartet.“ Was vielversprechend klingen mag hat jedoch gleichzeitig seine Tücken: „Nur: Das würden weder die Eltern mitmachen noch die Kinder – wie jeder weiß, der schon einmal versucht hat, ein unwilliges Kind zum Üben eines Instruments zu bewegen.“

Nicht Musik, sondern Musizieren?

Glenn Schellenberg, einer der größten Kritiker, wenn es um die Frage nach Intelligenz und der Musik geht, ging schließlich ein eigenes Experiment an, um zu zeigen, dass Musik zwar nicht direkt schlauer macht, jedoch etwas mit dem Menschen tut. Schließlich sei der Mensch schon immer musikalisch gewesen – und das aus gutem Grund. Sei doch Musik immer schon ein Mittel zum einen von Gruppen gewesen. Volkslieder, Nationalhymnen oder gar Kriegsgesänge.

Probanden seiner Studie waren Kinder, die entweder jahrelang Schauspiel-AG Teilnehmer waren oder Instrumental Unterricht gehabt hatten. Die musikalischen Kinder zeigten zwar allgemein eine höhere Intelligenz, doch ausgerechnet beim Faktor der emotionalen Intelligenz waren die Schauspieler besser aufgestellt. Es vergingen einige Jahre bis Schellenberger begriff, wo der Fehler lag: Musik war schon immer der Teil einer Gruppe gewesen, das alleinige Musizieren gehöre evolutionstechnisch nicht zum Menschen.

Sein neuer Test nahm sich also Kinder vor, die in einer Gruppe das Musizieren lernten und schließlich gemeinsam Musik machten. Die Kontrollgruppe hingegen bekam Kunstunterricht in der Gruppe. Dieses Setup brachte schließlich den Beweis: Das gemeinsame Musizieren wirkt sich auf die soziale Intelligenz der Kinder aus, die anschließend deutlich mehr Mitgefühl zeigten. Und auch ihren Instrumenten gegenüber waren sie rücksichtsvoll.

 

Das Kind zur Musik bringen

Nun – das Ergebnis ist nicht mehr mit dem Mozart-Effekt gleichzusetzen, bei dem das Neugeborene im Mutterleib mit ein wenig Klassik bereits auf die Überholspur gebracht wird. Auch wenn doch anzumerken ist, dass der Fötus durchaus Notiz von der Musik nimmt und später mit dem Wiedererkennungswert im Musikunterricht glänzen kann. Vielmehr geht es aber darum, dass das gemeinsame Musizieren die Kinder eint und zu einem besseren Team macht, als anderer Unterricht, in dem Musik zwar theoretischer aber kein praktischer Gegenstand ist. Deswegen haben einige Schulen in Deutschland ein Pilotprojekt begonnen. Das Projekt „Musikalische Grundschule“ ist aktuell in sechs Bundesländern in der Praxis und ermöglicht es Kindern, kostenlos ein Instrument zu erlernen und die Musik auch fächerübergreifend anzuwenden. Denn viele Konzepte aus beispielsweise der Mathematik lassen sich mit Musik einfacher umsetzen und erlernen.

Aber nicht nur in der Schule ist die Musik sinnvoll. Auch zu Hause im privaten ist es gut für das Kind, sich mit Musik zu beschäftigen. Verschiedenste Instrumente sind bereits für die Kleinsten geeignet um Musikalität zu erlernen, Rhythmus und Wortgewandtheit zu schulen. Für viele wird es gar der Weg werden, sich auszudrücken und ein lebenslang begleitendes Hobby werden. Manche Instrumente lohnen sich besonders für junge Musikanten. Die Geige beispielsweise braucht ohnehin den jahrelangen Prozess des Übens bis die Töne richtig sitzen. Auf einem Piano hingegen können selbst junge Schüler schon nach wenigen Unterrichtsstunden die ersten Melodien spielen und vor den Eltern glänzen.

Die Motivation des Kindes sollte jedoch nicht von außen aufgedrängt werden. Heißt: Eltern, die zwingend ein musikalisches Kind haben möchten, das jedoch lieber auf dem Fußballplatz steht und Bälle aufs Tor spielt, werden auf Dauer nur wenig Erfolgsaussichten haben und sollten deshalb lieber das fördern, was das Kind von sich aus anbietet und mit Spaß ausübt. Aber auch Kinder, die an sich gerne musizieren, müssen hin und wieder motiviert werden, ihre Übungen auch durchzuführen. Dazu raten Experten, die Übungszeiten in kleine Schnipsel aufzudröseln, die dann innerhalb der Woche beliebig oft eingebaut werden können. Fünf Minuten sind bereits ein guter Anfang und zumindest ein Zwölftel von zwei Stunden Übungszeit pro Woche.

Ist es zu Hause eher schwierig mit der Musik, können Kinder auch von der Musikschule profitieren. Besonders wenn die Schule keinen musikalischen Unterricht in Form von Instrumentenunterricht anbietet, kann so der soziale Effekt zum Tragen kommen, der von Glenn Schellenberg beschrieben und bewiesen wurde.

Fazit: Der Ton macht die Musik

Musik macht Kinder nicht per se schlau – so traurig das auch sein mag. Es ist vielmehr das Musizieren selbst, das das Gehirn schult, kreativ macht und vor allem die Aufnahmefähigkeit für Laute verbessert. Das lässt sich auch auf die Sprache übertragen. Es ist jedoch vor allem die soziale Kompetenz, die unter dem Einfluss von gemeinsamer Musik geschult wird – etwas, das sich auch in Familien bezahlt macht und in Form von Hausmusik konkret schulen lässt. In Anbetracht der Tatsache, dass unter den acht Intelligenzen auch die musikalisch-rhythmische Intelligenz sowie die soziale Intelligenz zu finden sind, die vom Ausüben der Musik nachhaltig beeinflusst werden, ist doch zu sagen, dass Musik intelligenter macht. Und auch wenn dies nicht so wäre oder das Kind nicht direkt von einem messbar höheren IQ erfasst wird – ein Instrument zu erlernen ist dennoch etwas für das Leben, was jedes Kind für sich weiterbringt.

Es ist in erster Linie das gemeinsame Musizieren, das am Ende einen Effekt auf die Schüler hat und die soziale Intelligenz eines jeden Einzelnen schult. Foto: fotolia.de © highwaystarz (#81391057)Group Of Students Playing In School Orchestra Together

Es ist in erster Linie das gemeinsame Musizieren, das am Ende einen Effekt auf die Schüler hat und die soziale Intelligenz eines jeden Einzelnen schult. Foto: fotolia.de © highwaystarz (#81391057)Group Of Students Playing In School Orchestra Together

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Erstellt:
14.11.2016, 14:32 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 56sec
zuletzt aktualisiert: 14.11.2016, 14:32 Uhr

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