Geburtstag

Mit Pferdefuhrwerk über die Karpaten

Die Altheimerin Katharina Niebergall feiert heute ihren 90. Geburtstag und fühlt sich dabei noch fit und gesund.

24.11.2017

Von Willy Bernhardt

Die Gartenarbeit gehört(e) zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Heute feiert Katharina Niebergall aus Altheim im Kreise ihrer Familie ihren 90. Geburtstag. Bild: Bernhardt

Die Gartenarbeit gehört(e) zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Heute feiert Katharina Niebergall aus Altheim im Kreise ihrer Familie ihren 90. Geburtstag. Bild: Bernhardt

In den „Schwanen“ nach Kälberbronn geht es heute Abend für Katharina Niebergall, wo die geistig noch überaus rüstige Frau, die aus Lechnitz in Siebenbürgen (Rumänien) stammt, im Kreise ihrer Familie ihren 90. Geburtstag feiert. Dort dürfte es sehr viel zu erzählen geben über ein Leben, das unter unmittelbarem Einfluss der großen politischen Umwälzungen in den 1930er- und 1940er-Jahre gerade in Südosteuropa stand. Und sicherlich noch über viele mehr, nämlich auch über die Zeit, in der das Schlimmste überstanden war und darüber wie es sich anfühlt, endlich ein Leben in Freiheit genießen zu dürfen. Die Wahl-Altheimerin Katharina Niebergall hat zu allem wirklich viel zu erzählen.

Knapp 17 Jahre alt war sie, als sie im Jahre 1944 gemeinsam mit ihrer Großmutter Maria Sacharie und ihrer mit dem gleichen Vornamen bedachten Mutter ihre Heimatstadt Lechnitz während der Kriegswirren und dem Anrücken der Russen verlassen musste. Mit einem Pferdefuhrwerk ging es über die Karpaten. Zunächst wurden noch ein paar Kühe in dem Treck mitgeführt, „damit wir auch etwas Milch hatten“. Doch dies erwies sich während der praktisch erzwungen Übersiedlung in Richtung Westen als zu kompliziert, weshalb die Kühe unterwegs verkauft wurden. Katharinas Vater Georg und ihr Bruder gleichen Vornamens blieben zunächst noch in Lechnitz und kamen erst später nach, als die junge Katharina mit Oma und Mama 1945 am Ende des Zweiten Weltkrieges bereits in Deutschland waren.

Stricken und Nähen für die Familie

Die Flucht mit dem Pferdefuhrwerk führte zunächst bis zum Frühjahr 1945 nach Österreich und dann ging es für kurze Zeit weiter nach Peigarten in Niederbayern. Ende 1945 landeten Katharina Niebergall mit Oma und Mama in Rothenburg ob der Tauber. Bis dorthin schafften es dann auch wenig später ihr Vater Georg und ihr Bruder Georg. Der Vater war von Beruf Förster, in Rothenburg wurde ihm empfohlen, „doch mehr in Richtung Schwarzwald zu gehen“.

Die junge Katharina trug durch Strickarbeiten dazu bei, die Familie mit zu ernähren. Im Jahre 1948 kam sie dann nach Grünmettstetten. Sie fand Arbeit bei den Tumlinger Fischer-Werken und anschließend als Näherin im Altheimer „Rößle“ und später dann bei der Textilfirma Merk in Horb. In der Zeit Ende der 1940er- und Anfang der 1950er-Jahre lernte sie auch ihren späteren Mann, den Gipser Ludwig Niebergall aus Altheim kennen, der, ebenso wie sie, auch aus Bessarabien stammte. Bereits 1950 haben sie zusammen in der Königsbergerstraße 6 in Altheim ihr schmuckes Häusle gebaut, in dem sie noch immer wohnt und sich zu Hause fühlt. Geheiratet wurde im Jahre 1955.

Viel Laufen als Geheimrezept

Ein Jahr später wurde Sohn Manfred geboren und wiederum ein Jahr darauf erblickte der zweite Sohn Harald das Licht der Welt. Der ganze Stolz von Katharina Niebergall sind ihre Enkel Jasmin und Oliver sowie Urenkelin Mara. In Vereinen war die Jubilarin nie so richtig engagiert, dennoch trieb sie viel Sport und fühlt sich vor allem bei der von ihr so geliebten Arbeit im Garten pudelwohl – auch wenn das jetzt nicht mehr so geht wie früher. Die Schmerzen in den Schultern und Knien lassen dies nicht mehr zu. „Aber ansonsten fühle ich mich fit und gesund“, sagt Katharina Niebergall, der nun mit Liliana aus Rumänien eine Haushaltshilfe zur Seite steht.

Bis vor geraumer Zeit besuchte sie dreimal wöchentlich die Tagesstätte in Beihingen, inzwischen sei sie nur noch einen Tag in der Woche dort, was sie schon bedauert. Denn dort gefällt es ihr sehr. Sie trifft auf gleichaltrige und vielfach gleichgesinnte Menschen und kann sich mit ihnen austauschen. Und einen Tipp hat sie auch noch parat, wenn sie danach gefragt wird, was man tun kann, um so alt zu werden wie sie: „Ich bin ein Leben lang viel gelaufen und tue dies auch jetzt noch, auch wenn ich dazu einen Stock brauche.“

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Erstellt:
24.11.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2017, 01:00 Uhr

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