Schultes fehlt – keiner merkt‘s

Narren haben Fasnet auf dem Marktplatz eröffnet / Viele Zuschauer trotz des Regens

In Ketten abgeführt haben die Narren am gestrigen Schmotzigen abends Bürgermeister Gerd Hieber. Der Sulzer Schultes wehrte sich zwar nach Kräften und teilte verbal an Zunftmeister Thomas Freund aus, musste letztlich aber doch vorläufig den Narren die Macht über das Rathaus überlassen. Hunderte Zuschauer verfolgten bei Regen das Spektakel mit dem Flug der Hexen vom Becherberg und den Tanz rund um den brodelnden Kessel auf dem Marktplatz.

05.02.2016

Von cristina priotto

Alle verbale Gegenwehr nützte Gerd Hieber nichts: Der Polizeischantle legte dem Bürgermeister Ketten an und führte den Schultes in den Kerker (links). Trotz des Regens schauten hunderte Zuschauer das Spektakel auf dem Marktplatz an. Einige hatten nicht nur Regenschirme, sondern auch wasserfeste Kostüme wie diese Schneckenpost-Damen (rechts)Bilder: cap

Alle verbale Gegenwehr nützte Gerd Hieber nichts: Der Polizeischantle legte dem Bürgermeister Ketten an und führte den Schultes in den Kerker (links). Trotz des Regens schauten hunderte Zuschauer das Spektakel auf dem Marktplatz an. Einige hatten nicht nur Regenschirme, sondern auch wasserfeste Kostüme wie diese Schneckenpost-Damen (rechts)Bilder: cap

Sulz. Pünktlich um halb acht eröffnete die Stadtkapelle unter der Leitung von Edin Pasalic das närrische Spektakel. Die Musiker liefen vom Becherberg herunter und spielten unter anderem den Sulzer Narrenmarsch.

Dann wurde es ernst für Bürgermeister Gerd Hieber: Der Sulzer Schultes musste sich verbal gegenüber Zunftmeister Thomas Freund verteidigen.

Hieber spottete, dass Sparfuchs Freund auf dem Weg in den Spanien-Urlaub am Flugplatz in Mulhouse das Auto lieber drei Kilometer entfernt auf der französischen Seite abgestellt habe, weil die Parkgebühren in der Schweiz unverschämt hoch gewesen seien. „Als Schwob tut er lieber drei Kilometer laufe ond des gesparte Geld in Spania versaufe“, so das Fazit.

Der Zunftmeister konterte nicht weniger wortgewandt und attestierte Gerd Hieber Macho-Allüren: So spreche der Sulzer Schultes wegen der vielen weiblichen Angestellten im Rathaus intern vom „Frauenhaus“. Thomas Freund zeigte hierfür allerdings wenig Verständnis: „Hätsch jo au a paar Männer eistella könna“, wies der Zunftmeister den Mann an der Rathausspitze süffisant hin, zumal dieser als verheirateter Vater von drei Töchtern oft über eine weibliche Übermacht zu Hause klage.

Im Verfassen von Reden sieht sich Hieber wiederum dem Chef der Sulzer Narren überlegen und spottete daher, dass Freund bei seiner ersten Rede zur Fasnetseröffnung im vergangenen Jahr vergessen habe, die Narren und Ehrenmitglieder zu begrüßen. „Tu‘s mol mit ma Spickzettel versucha oder in der Volkshochschul an Kurs besucha“, riet der rhetorisch etwas gewandtere Schultes dem Zunftmeister, dessen paar Hirnzellen ein Training gegen Vergesslichkeit nicht schaden könne.

Thomas Freund erinnerte Hieber daraufhin schadenfroh an dessen schmerzhaften Fahrradunfall im Paul-Schmid-Weg. Die gebrochene Schulter habe Gerd Hieber sechs Wochen am Regieren und Schikanieren der Rathaus-Damen gehindert. „Solang er sich auskuriert hot ond gstärkt, hot ma sein Fehla im Rothaus fascht gar net bemerkt“, lästerte der Zunftmeister.

Deshalb hatten die Narren auch keinerlei schlechtes Gewissen, Hieber bis Aschermittwoch des Amtes zu entheben und den Schultes in Hannikels historischen Ketten fünf Tage bei trockenen Finkenweckle im Kerker schmachten zu lasen. Unter Protest wurde der entmachtete Bürgermeister dem Polizeischantle übergeben, der umgehend das Urteil vollstreckte.

In einem beeindruckend farbenprächtigen und lauten Zug kamen dann Optimist und Pessimist sowie Hexen, Salzsieder, Breagler und Narros auf den Marktplatz, während die Zuschauer unter Schirmen bei Regen tapfer ausharrten.

Danach schlug die große Stunde der Hexen: Musikalisch von schaurigem Getöse untermalt, stürzten sich die Hexen vom Becherberg und schwebten, von Feuerwerk begleitet, am Marktplatzbrunnen ein. Anschließend kletterten einige weitere Hexen aus der Kanalisation und führten rund um den rauchenden Kessel einen wilden Tanz mit viel Besengefuchtel auf.

Viel los war danach in den umliegenden Gaststätten und bei den Partys, wo Narren jeden Alters nach der Fasnetseröffnung im Trockenen feucht-fröhlich den Auftakt der Fasnet feierten.

Narren haben Fasnet auf dem Marktplatz eröffnet / Viele Zuschauer trotz des Regens

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05.02.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 05.02.2016, 01:00 Uhr

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