Der Bedarf ist da

Nicole Auerbach-Köster, neue Sprecherin der Kindergarten-Eltern, hofft auf mehr Ganztagsplätze

Längere Öffnungszeiten, mehr Ferienangebote: Das sind zwei der Themen, die Nicole Auerbach-Köster anpacken will. Sie ist die neue Vorsitzende des Gesamtelternbeirats aller Rottenburger Kindergärten und Kinderkrippen.

03.05.2016

Von Michael Hahn

Nicole Auerbach-Köster, neue Sprecherin der Kindergarten-Eltern, hofft auf mehr Ganztagsplätze

Nicole Auerbach-Köster kennt die Notwendigkeit einer Ganztagsbetreuung aus der eigenen Familie. Sie wohnt mit ihrem Mann in Ergenzingen, beide sind in Vollzeit berufstätig. Doch als ihr Sohn Marice drei Jahre alt wurde, gab es in Ergenzingen keinen passenden Betreuungsplatz. Und: „Wir haben hier keine Omas, Opas, Onkel oder Tanten“, die einspringen könnten. Die 40-Jährige stammt aus Thüringen (ihr Dialekt ist unüberhörbar) und lebt erst seit wenigen Jahren im Ländle.

Immerhin, im benachbarten Seebronn war ein Kindergartenplatz frei. Also bringt der Vater das Kind morgens nach Seebronn, sozusagen auf dem Weg zur Autobahn, und nachmittags holt es die Mutter, die in Tübingen bei einem Medizintechnik-Unternehmen arbeitet, wieder ab: „Man fährt ja praktisch dran vorbei.“ In Seebronn traf Marice auf einige alte Bekannte: Er war schon als Kleinkind bei den Seebronner „Seesternen“ – einer Ganztags-Krippe (bis 16.30 Uhr) in Trägerschaft eines Vereins.

Im Unterschied zur Krippengruppe bietet der städtische Kindergarten in Seebronn nur so genannte „verlängerte Öffnungszeiten“ an: zwischen 7.30 Uhr und 14 Uhr (im katholischen Kindergarten ist es ähnlich). Das funktioniert nur, wenn mindestens ein Elternteil nur halbtags arbeitet.

Immerhin hat die Rottenburger Stadtverwaltung in Seebronn eine kreative Lösung für den Nachmittag gefunden. Um 13.30 Uhr kommt eine Tagesmutter in den Kindergarten und übernimmt dort fünf Kinder – darunter den kleinen Auerbach. Also ein privates Betreuungsangebot in städtischen Räumen. Weitere Tagesmütter nehmen Kinder mit nach Hause.

Insgesamt 14 Seebronner Kinder werden auf diese Weise betreut, sagt Auerbach-Köster. „Das würde eigentlich für eine Ganztags-Gruppe reichen. Der Bedarf ist vorhanden.“ Die Stadt sei hier in einer „Bringschuld“, findet die 40-Jährige.

Doch der Rottenburger Kulturamtsleiter Karlheinz Geppert, den wir am Telefon danach fragten, wimmelt ab: In Seebronn gebe es nicht genug Nachfrage nach einer regulären Ganztagsgruppe. Die Tagesmütter könnten die unterschiedlichen Bedürfnisse besser abdecken als eine Kindergartengruppe.

In anderen Stadtteilen ist das Angebot noch dünner. Dort sind die meisten Kindergärten nur vier bis sechs Stunden am Tag geöffnet. Nur in der Kernstadt ist es besser. Auerbach-Köster schwärmt: „Das Hohenberg-Kinderhaus ist absolut top.“

Um den wirklichen Bedarf herauszufinden, sollte es eine breite Fragebogen-Aktion geben. „Und zwar nicht nur in den Einrichtungen“, sondern auch unter den Eltern von Kleinkindern, die notgedrungen längst andere Betreuungslösungen finden mussten. Das sei vielleicht auch eine Aufgabe für den Gesamtelternbeirat, sagt die neue Vorsitzende. Sie will auch keinen Konflikt mit dem Rathaus: „Man muss ja nicht gleich mit dem Ellenbogen kommen.“

Im städtischen Kindergarten in Seebronn klappt die Zusammenarbeit zwischen Elternbeirat („das sind bei uns zwei Mamas“) und Erzieherinnen sehr gut – bei der Organisation des Sommerfests ebenso wie in pädagogischen Fragen: „Wir werden auch zu Teamsitzungen eingeladen.“

Immer im Herbst gibt es dann ein Treffen für die Elternbeiräte aus allen Rottenburger Kindergärten und -krippen (insgesamt 35 Einrichtungen). Daraus wird dann der neue Gesamtelternbeirat gebildet: Aktuell sind das elf Leute, „eine gute Mischung“ aus städtischen, kirchlichen und unabhängigen Einrichtungen.

Diese elf treffen sich mindestens einmal im Vierteljahr, mal in einem Wohnzimmer, mal „im Hirsch oder im Krokodil“. In lockerer Runde trägt das Gremium die Themen zusammen, die gerade anstehen. Locker, aber mit Protokoll. Nicole Auerbach-Köster ist die Vorsitzende, als solche hat sie auch einen Sitz (ohne Stimmrecht) im Sozialausschuss des Rottenburger Gemeinderats. Arno Tittes vom Pliksburg-Kindergarten ist ihr Stellvertreter. (Zum größten Kindergarten-Träger in der Stadt, dem katholischen Zweckverband, hat der Gesamtelternbeirat keinen direkten Draht.)

Das städtische Kulturamt begegne ihr „auf Augenhöhe“, sagt Auerbach-Köster. Sie hofft, dass der Elternbeirat künftig auch bei der Ferienplanung beteiligt wird. Die so genannten Schließtage sind ein heikler Punkt. „Mein Kind gibt mir vor, wann ich Urlaub machen kann. Zum Glück habe ich tolle Kollegen, die sagen: Du kannst in den Ferien deinen Urlaub nehmen.“

Vorträge über Kindergarten-Themen

„Viele Eltern wissen auch gar nicht, dass es den Gesamtelternbeirat gibt“, sagt Auerbach-Köster. Dem will das Gremium nun auch mit öffentlichen Veranstaltungen abhelfen. Zusammen mit der Rottenburger Volkshochschule bietet das Gremium in diesem Halbjahr drei Vorträge an.

Der nächste ist am Mittwoch, 8. Juni, um 19.30 Uhr in der VHS (Sprollstraße 22) . Thema: „Wann und wie soll mein Kind (s)eine Sprache lernen? Sprachkompetenz für Kinder mit Migrationshintergrund.“

Am Mittwoch, 6. Juli, geht es um „Inklusion in Kindergarten und Schule“.

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Erstellt:
03.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 03.05.2016, 01:00 Uhr

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