Peter Ertle denkt über eine Aussage Boris Palmers nach

Palmer weiß, was Männer brauchen

Drei Dinge braucht der Mann: Feuer, Pfeife, Stanwell. Das war früher. Und ist spätestens überholt, seit ein Journalist der „Süddeutschen Zeitung“ Boris Palmer auf der Buchmesse zitierte: „Wir Männer brauchen ab und zu eine Frau, damit wir nicht verwahrlosen.“

18.10.2017

Von Peter Ertle

Symbolbild: Metz

Symbolbild: Metz

Man fragt sich, warum man nicht selbst drauf kam angesichts der zunehmenden Flut verwahrloster Männer überall. Denen das Schuhband lose ist und das Hemd heraushängt, die es mit der Hygiene nicht so ernst nehmen wie sie es sollten, die sich vordrängeln beim Bäcker, weil ihnen niemand Manieren beigebracht hat, die einfach in Geschäfte reingehen und fotografieren und es auf Facebook stellen mit dem Hinweis, da könnte doch eigentlich ein anderer Laden rein. Natürlich! Das sind die Alleinstehenden, die Singles. Die werden ja immer mehr in unserer Gesellschaft. Deshalb verroht alles immer mehr. Da fehlt ganz klar: die Frau.

Am heruntergekommensten sind die katholischen Pfarrer, das ist ja bekannt. Aber jetzt wird klar, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Wobei Palmer sich ja nicht eindeutig geäußert hat. Meint er die Frau in mütterlich sorgender, liebender Ehefunktion, die den Mann segensreich an sich bindet? Oder meint er die gelegentliche Triebabfuhr des Mannes und beklagt die Auswirkungen sexueller Abstinenz? Dann könnte mit gelegentlichen sexuellen Kontakten das Schlimmste verhindert werden.

Das „ab und zu“ in Palmers Satz legt die zweite Variante nahe, dauerhaft stört die Frau vermutlich doch eher. Aber wahrscheinlich meint Tübingens Oberbürgermeister schon irgendwie beides. Die meisten Lehrbücher zur Rolle von Mann und Frau aus den 50er Jahren würden ihm da auch sicher recht geben. Vielleicht sind wir ja auf dem Weg zurück in diese Zeit und Palmer ist so gesehen ein Vorreiter, wieder brandaktuell.

Damit er uns jetzt nicht vorwirft, wir hätten das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen, sei hier nachgereicht, wie der Satz vor dem zitierten Statement lautete, nämlich: „Stellen Sie sich mal vor, 500 schwäbische junge Männer wären ein Jahr lang in einer Halle untergebracht, ohne Frauen, ohne Arbeit, ohne Perspektive, die wären dann vielleicht auch nicht mehr sehr nett.“

Ein rhetorischer Schachzug. Indem Palmer das Soziale anstelle der Herkunft fokussiert, darauf hinweist, dass auch schwäbische junge Männer so wären, fährt er all jenen in die Parade, die in ihm den Ausländerfeind sehen. Unter diesem Visier platziert er dann seinen entscheidenden Satz: „Die wären dann vielleicht auch nicht mehr so nett.“ Dass so untergebrachte Flüchtlinge „nicht mehr so nett“ sind, wird so nebenbei zur Tatsache, die nicht mehr bewiesen werden muss.

Wir können es jetzt auch nicht beweisen, vermuten aber, dass es auch Männer gibt, die nicht mit 500 in einer Halle, sondern mit Frau und Kind in einer schönen Wohnung leben, vielleicht sogar ein hohes Amt bekleiden und – naja, nicht unbedingt verwahrlosen, aber so ein bisschen aus dem Ruder laufen.

Und brauchen Männer nicht eigentlich vor allem: ein Pferd? Also heutzutage: ein Auto? Und was brauchen eigentlich Frauen? Ganz viele Schuhe? Und ab und zu einen Kerl, der es . . . Entschuldigung, mit solchen Verlautbarungen wie der Palmerschen ist man sehr schnell auf einem unschönen Niveau. Frage: Was brauchen Frauen? Antwort: Lange im Bad.

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Erstellt:
18.10.2017, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 32sec
zuletzt aktualisiert: 18.10.2017, 01:30 Uhr

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