Keine halben Sachen

Physiotherapeut Markus Swierkot kehrt öffentlichem Dienst für eine Vision den Rücken

„Mit halben Schritten kommt man nicht voran“, sagt Markus Swierkot mit festem Blick. Und sowieso: Halbe Handlungen machen für Swierkot keinen Sinn. Deshalb mache er auch keine halben Sachen, versichert der durchtrainierte Mittfünfziger. Er arbeitet zusammen mit dem Horber Alexander König derzeit an der weiteren Umsetzung einer Vision.

08.02.2016

Von Gerd Braun

Geübt wird grundsätzlich nur an der Puppe: Markus Swierkot (links) hat sich unter anderem auf die therapeutische Behandlung von Babys und Frühgeborenen spezialisiert. In Zusammenarbeit mit Alexander König gibt er sein Wissen in Horb weiter.Bild: gen

Geübt wird grundsätzlich nur an der Puppe: Markus Swierkot (links) hat sich unter anderem auf die therapeutische Behandlung von Babys und Frühgeborenen spezialisiert. In Zusammenarbeit mit Alexander König gibt er sein Wissen in Horb weiter.Bild: gen

Horb. Swierkot und König. Beide Physiotherapeuten, beide Vollblutsportler. Sie kennen sich von Kindesbeinen an, haben, wie Swierkot mit einem kleinen Schmunzeln erklärt, schon in der selben „Minstranten-Gang“ ihre Dienst versehen. Und beide führte ihr Lebensweg aus der oberschlesischen 40 000-Einwohner-Stadt Nikolai in Deutschlands Südwesten. Per Handschlag besiegelt ist ihre Zusammenarbeit, die Swierkot seit nunmehr zweieinhalb Jahren aus dem 67 Kilometer entfernten Gammertingen auf der Schwäbischen Alb stetig nach Horb führt.

Markus Swierkot ist, so klingt schnell durch, kein gewöhnlicher Physiotheapeut. 23 Jahre lang war der 55-Jährige Leiter der Physiotherapie beim Institut für motorische Gesundheitsförderung im Fachkrankenhaus Mariaberg. Dem öffentlichen Dienst den Rücken gekehrt hat er, weil er das System, bei dem es zunehmend um den „Homo Economicus“ gegangen sei, nicht mehr mittragen wollte. Der Profit als Motivation, sagt er, widerstrebe ihm. Wie schon erwähnt: Swierkot macht keine halben Sachen.

Wenn Markus Swierkot anfängt, über sein Spezialgebiet, die neurologische Therapie im Allgemeinen und für Babys und Frühchen im Speziellen, zu erzählen, kann man eigentlich nur gefesselt zuhören. Physiotherapie für Frühchen – das klingt nicht nur spannend, das ist es auch. Swierkot, der sich nicht nur im Zuge eines sportmedizinischen Studiums sehr stark mit den wissenschaftlichen Hintergründen seines Fachgebietes auseinandergesetzt hat, erzählt von Schäden, die durch falsche Behandlung von Babys und Frühgeborenen überhaupt erst entstehen können. Unmissverständlich, ja fast schon streng gehe er da mit den jungen Müttern um. Zu groß ist die Verantwortung dem neugeborenen Leben gegenüber, um hier Dinge auf die leichte Schulter zu nehmen. Dabei geht es um Themen wie die Lagerung des Kindes oder kleine Tricks und Kniffe, um dem zerbrechlichen jungen Leben Perspektiven zu eröffnen. Allein schon über diesen Sektor der Tätigkeit Swierkots könnte man ganze Bücher schreiben.

Ein weiterer zentraler Bereich, den der erfahrene Kampfsportler (7. Dan Jiu-Jitsu, 4. Dan Judo) zu seinen Spezialgebieten zählt, ist die neurologische Therapie an sich. Die Arbeit mit geistig eingeschränkten oder behinderten Menschen schrecke ihn nicht, versichert Swierkot glaubhaft – auch wenn er ab und an bei der Arbeit mal einen kleinen Kratzer oder Spucke abbekommt.

Zusammen mit Alexander König, dessen Lebensweg sich auch nach der Ministranten-Zeit in regelmäßigen Abständen mit dem seinen gekreuzt hat, ist Swierkot daran, eine Vision zu verwirklichen. Wie bekannt ist, hat König das Gebäude Nummer vier der ehemaligen Hohenbergkaserne gekauft. Dorthin soll, so der ideale Zeitplan, im Herbst der Umzug aus den jetzigen Räumen neben dem Autohaus AHG erfolgen. Und das Kasernen-Gebäude, bei dem vergangenen Montag die erste Wand herausgebrochen wurde, soll zu einem ganzheitlichen Gesundheitszentrum auf Top-Niveau werden. Neben der Koordination der Bauarbeiten ist Alexander König derzeit dabei, weitere Partner zu suchen, die zu ihm und in das Konzept passen. Logopädie, Ergotherapie und mehr sollen das Angebot vervollständigen.

Ausbildungsangebote

für Therapeuten

und Hebammen geplant

Ernährungsexperte Sven Bach ist bekanntlich schon im Boot, und Markus Swierkot soll nicht nur therapeutisch tätig sein, sondern auch auf dem Gebiet der Ausbildung. Aktuell müssen angehende neurologisch arbeitende Therapeuten lange Wartezeiten für Ausbildungsangebote in Kauf nehmen; hier möchten König und Swierkot ansetzen und entsprechende Angebote vorhalten. Speziell wird Markus Swierkot die sogenannte Bobath-Therapie lehren, wobei keine Geringere als Zofia Szwilling, auf diesem Bereich weltweit führend, die wissenschaftliche Leitung übernehmen werde. Auch Hebammen sollen, so der Plan, Spezialwissen von Markus Swierkot erlangen können. Sie haben ja mit den direktesten Kontakt mit Neugeborenen und könnten bei ihrer Arbeit von der Erfahrung und dem Wissen Markus Swierkots profitieren.

Swierkot und König. Zwei Typen, die sich schon ewig kennen und gegenseitig schätzen. Zwei Physiotherapeuten und Visionäre, im Begriff auf ihren besonderen, mitunter steinigen Lebenswegen gemeinsam neue Ziele anzusteuern. Als disziplinierte Sportler sind beide fokussiert, und Alexander Königs Söhne Patrick und Michael gehen mit auf dem Weg, um das angestrebte Werk, ein professionelles Gesundheits- und Rehazentrum, später fortzuführen.

Im Gebäude Nummer vier, in dem früher das 5. Lazarettregiment 41 untergebracht war, wird von Alexander König seit vergangener Woche umgebaut.

Im Gebäude Nummer vier, in dem früher das 5. Lazarettregiment 41 untergebracht war, wird von Alexander König seit vergangener Woche umgebaut.

Bobath-Therapie

Das Bobath-Konzept ist ein problemlösender Ansatz in der Befundaufnahme und Behandlung Erwachsener und Kinder mit neurologischen Erkrankungen. Die Behandlung beeinflusst die Partizipationsebene als auch die Struktur- bzw. Funktionsebene (ICF und ICFcy). Das Konzept wurde ab 1943 von der Physiotherapeutin Berta Bobath und ihrem Ehemann, dem Neurologen und Kinderarzt Karel Bobath, entwickelt. Das Bobath-Konzept basiert auf neurophysiologischen und entwicklungsneurologischen Grundlagen und orientiert sich an den Ressourcen des Patienten. Beide, Karel und Berta Bobath, legten schon damals großen Wert darauf, dass die angewandten Methoden und Techniken immer mit den neuesten neurologischen Erkenntnissen übereinstimmen. Dieser Anspruch bietet große Chancen in der Weiterentwicklung des Konzeptes selbst und gleichzeitig einen Grund für Kritik daran.

Das Konzept wird von Therapeutinnen und Therapeuten der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sowie von Ärzten und Ärztinnen und Pflegepersonal, optimalerweise in berufsübergreifender Zusammenarbeit angewandt. Eingesetzt wird das Bobath-Konzept in der Behandlung von Säuglingen, Kindern und Erwachsenen mit zerebralen Bewegungsstörungen, sensomotorischen Störungen und neuromuskulären Erkrankungen wie Schlaganfall, Multipler Sklerose, intrazerebraler Blutung, Schädel-Hirn-Trauma, Erkrankungen des Rückenmarks, Enzephalitis, Hirntumoren, Morbus Parkinson und peripheren Nervenschädigungen.

Quelle: Wikipedia

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Erstellt:
08.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 34sec
zuletzt aktualisiert: 08.02.2016, 01:00 Uhr

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