Lasst die Leute doch einfach spielen!

Pokémon Go ist ein Phänomen. Millionen spielen es, auf der Straße, am Bahnhof oder sogar beim Joggen

27.07.2016

Pokémon Go ist ein Phänomen. Millionen spielen es, auf der Straße, am Bahnhof oder sogar beim Joggen

Pokémon Go ist ein Phänomen. Millionen spielen es, auf der Straße, am Bahnhof oder sogar beim Joggen im Wald sieht man dutzende Menschen, die mit ihrem Smartphone in der Hand nach den verschiedenen Taschenmonstern suchen. Mitten in der Stadt sammelt sich plötzlich eine Gruppe von zehn oder 15 Menschen an, weil es an dieser Stelle besonders viele Pokémon zu fangen gibt. Ich muss jedes Mal unwillkürlich lächeln, wenn ich sehe, wie ein 35-jähriger Mann im Anzug sich diebisch freut, wenn er auf dem Weg in die Mittagspause eins der Wesen erfolgreich gefangen hat.

Auch ich habe das Spiel auf meinem Smartphone. Natürlich habe ich es. Immerhin habe ich, laut dem Speichersystem meines alten Gameboy, über 300 Stunden meiner Kindheit damit verbracht, Taschenmonster zu jagen, zu trainieren und Kämpfe mit ihnen auszutragen. Und ich bemerke gerade tagtäglich: Ich bin einer von vielen, sehr vielen Menschen im Alter von Anfang Mitte 20, die das Kindheitsphänomen Pokémon nach Plusminus zehn Jahren wieder eingeholt hat. Alleine die Tatsache, dass ich bis heute die Namen von 492 der virtuellen Wesen auswendig aufsagen kann, zeigt, wie sehr die Fernsehserie, die Spiele, die Sammelkarten und all die anderen Gimmicks zu Nintendos Taschenmonstern meine Kindheit geprägt haben.

Nun wird Pokémon Go aber nicht nur von treuen Fans der Serie beachtet, sondern plötzlich von diversen großen und kleinen Medien aufgegriffen. Eigentlich toll, meiner Meinung nach verdient die Serie im Jahr ihres 20-jährigen Bestehens diese Aufmerksamkeit. Was mich jedoch stört, ist die Art und Weise, wie das Thema in manchen Zeitungen oder Fernsehsendungen abgehandelt wird. Da werden Namen falsch geschrieben oder gar komplett abgeändert, Bilder aus völlig anderen Anime-Serien benutzt oder Behauptungen aufgestellt, die jedem Anhänger von Pikachu und Co. die Haare zu Berge stehen lassen. Wenn man schon den Trend mitmachen will, finde ich es nur angemessen, dass man sich zumindest ansatzweise mit dem Thema auseinandersetzt und Pokémon nicht nur als „Kinderthema“ abstempelt, für das es weder einer kurzen Recherche noch einer abschließenden Überprüfung bedarf.

Genauso ärgerlich finde ich die, bei jedem neuen Trend aufkommende Anti-Bewegung, die das Spiel ohne jedes Hintergrundwissen – und meist ohne es auch nur eine Minute gespielt zu haben – mit allen Mittel schlechtreden will. Auch ich finde das Argument, Pokémon Go würde mehr Jugendliche nach draußen locken und soziale Kontakte fördern, eher fragwürdig. Aber das gute alte „Jetzt schauen die jungen Leute nur noch auf ihr Handy“ schwächelt da deutlich mehr. Denn seien wir ehrlich: Ob im Zug, an der Bushaltestelle oder beim Mittagessen, Smartphones sind allgegenwärtig. Und das sicherlich nicht nur bei jungen Menschen, sondern bei allen Altersgruppen zwischen 13 und 70.

Deshalb mein Appell: Lasst die Leute doch einfach spielen und ihren Spaß haben! Stören tut die Suche nach den Taschenmonstern niemanden, außer natürlich diejenigen, die partout einen Grund suchen, sich aufzuregen. Und noch ein letzter, wichtiger Hinweis an alle Presse- und Medienvertreter,
die sich zukünftig mit dem Thema beschäftigen: Die Mehrzahl von Pokémon ist Pokémon. Wenn
ich noch einmal was von „Pokémons“ lese, werde ich mal
präsentieren, was mein frisch gefangenes Paras (Bild) so alles kann. Waidmannsheil!FABIAN SCHÄFER

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Erstellt:
27.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 27.07.2016, 01:00 Uhr

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