„Sehr schade“ und „Traurig“

Reaktionen zur Absage des diesjährigen „Weitinger Hoametfeschts“

Die Nachricht von der Absage des „Weitinger Hoametfeschts“ schlug wie eine Bombe ein. Sie war am Wochenende das Gesprächsthema Nummer eins in Weitingen und in der ganzen Umgebung und verbreitete sich mündlich und über die sozialen Medien in Windeseile. Erst recht gestern Morgen, nachdem mehrere Medien ausführlich über den Ausfall der für Weitingen so wichtigen Veranstaltung berichteten.

23.08.2016

Ein Anblick, den es in diesem Jahr nicht geben wird. So sah das große Weitinger Fest im vergangenen Jahr aus. Archivbild:hn

Ein Anblick, den es in diesem Jahr nicht geben wird. So sah das große Weitinger Fest im vergangenen Jahr aus. Archivbild: hn

Weitingen. Selbst der SWR 4 in Tübingen meldete sich, verbreitete die Absage mehrmals in den Regionalnachrichten ins Land und bat den „Hoamet“-Vorsitzenden Hermann Nesch noch um ein vierminütiges Interview, das ebenfalls gestern Nachmittag ausgestrahlt wurde. „Das zeigt“, so Nesch, „welchen Stellenwert die Weitinger Heimattage in der Region erlangt haben.“

Es gab unzählige Reaktionen über Facebook, E-Mails und Anrufe. „I hock bloß no am Telefon und am Schreibtisch, muss alles x-mal von vorne erklären, erst recht auf der Straße und überall, wo ich hinkomme. I komm fascht zu nix mehr.“ Unter den heutigen und ehemaligen Weitingern sowie auch vielen anderen Auswärtigen ist die Enttäuschung recht groß. Das Hoametfescht ist auch immer ein Treffpunkt beispielsweise für Verwandtschaften, Jahrgänge und Arbeitskollegen.

Das Spektrum reicht von Jung bis Alt. Der fünfjährige Simon Bernhard war mit seinem Opa Franz auf dem Friedhof, meinte dass er traurig sei. Mira Hofmeester (12), Jana Rainer und Lisa Scheurer (beide 13), die auch dieses Jahr beim Heimat- und Mundartabend wieder im Programm mitgewirkt hätten: „Wir haben uns so darauf gefreut, etwas machen zu dürfen. Das „Hoametfescht“ und die Fasnet sind einfach schöne Feste und absolute Höhepunkte.“

Martin Breining aus Hailfingen schrieb: „Sehr, sehr, schade. Diese Veranstaltung ist normalerweise ein fester Punkt in unserem Kalender. Für das nächste Jahr wünsche ich gutes Gelingen.“ Thomas Däuble aus Eckenweiler: „Das ist sehr schade. Wir freuen uns aber auf das „Hoametfescht“ nächstes Jahr und melden uns hiermit auch gleich an.“ Er nimmt jedes Jahr mit Traktor und alter Mostpresse am Umzug teil und verteilt anschließend frisch gepressten Süßmost an die Besucher. Für ihn und seine Familie ist es ein sehr schönes und uriges Fest mit Charakter.

Rainer Müller von den Oldtimer-Freunden Eutingen, für die das Fest ebenfalls zum festen Jahresprogramm gehört, fragte wie viele andere, ob es nicht doch eine Alternative als Umleitung gegeben hätte, hatte aber Verständnis dafür, dass die Kosten, die der Veranstalter hätte übernehmen müssen, einfach zu hoch gewesen wären: „Dô hettet’r jô omsonscht gschaffet, ond des g^hat au et!“ Seine Schwiegereltern in Weitingen haben derzeit Besuch aus den USA, die sich so auf ein „Volksfeschtle mit Blasmusik“ gefreut haben. „Jetzt müsset se halt nächsch Jôhr wieder komma!“, meinte Gastgeber Otto Schlichter zu seinem US-Bruder.

Charly Brennenstuhl aus Göttelfingen war der Meinung: „Diesmal habt ihre keine Wahl, aber mit dem Stimmzettel bei den nächsten Wahlen.“ Das deckt sich mit dem einen oder anderen, der ungenannt bleiben möchte und seine Wut per SMS zum Ausdruck brachte: „Warum muss man sich immer den Bürokraten beugen und klein beigeben. Man kann nicht immer den Duckmäuser spielen und sich alles gefallen lassen.“

Ortsvorsteher Roland Raible, obwohl vom „Hoamet“-Vorsitzenden Hermann Nesch ein paar Tage zuvor kurz vorgewarnt, musste „erst môl schlucka“. Schließlich sei die Veranstaltung ein ausgezeichnetes Aushängeschild für Weitingen und als fester Bestandteil ein Höhepunkt im Jahr. Die Vorsitzenden der veranstaltenden Vereine und ihre Mitstreiter hätten sich ihre Entscheidung sicherlich nicht leicht gemacht. „Es fehlen neben dem kulturellen Aspekt auch die Einnahmen in die Vereinskassen, um die Vereinszwecke erfüllen zu können. Aber man kann noch so jucken und zucken, die Straße gehört nun mal dem Land.“ Er hätte auch nie gedacht, dass das „Hoametfescht“ einmal wegen dem Verkehr abgesagt werden müsse, nachdem das nicht einmal in 36 Jahren wegen schlechter Witterung der Fall gewesen sei. Er findet nach einiger Überlegung die Entscheidung der Vereinsgremien richtig. „Es ist ein sauberer Schritt. Alle Ersatzlösungen wären dem Ruf der Heimattage eher abträglich gewesen. Jetzt haben die Vereine und ihre Verantwortlichen genügend Zeit, um den Fokus auf 2017 zu richten und das Fest mit weiteren Ideen, wie der Einbindung der neuen Markthalle noch weiter aufwerten.“

Bürgermeister Armin Jöchle findet „die Absage des „Hoametfeschts“ mehr als schade. Das Fest im Herzen von Weitingen haben viele Besucher inzwischen fest in den Jahresablauf eingeplant.“ Jöchle kann verstehen, dass die Enttäuschung bei Nichtmitgliedern wie bei den Veranstaltern und Programmmachern groß ist. Die Absage zeige aber auch, wie schwierig es sei, in der Ortsmitte Veranstaltungen durchzuführen, wenn dadurch die Straßen gesperrt werden müssen. „Die großen Auflagen und die damit verbundenen Risiken lassen aber keine andere Entscheidung zu. Wir hoffen natürlich, dass durch dieses unfreiwillige noch größere Bekanntwerden der Veranstaltung im nächsten Jahr die Besucher wieder zahlreich voller Freude nach Weitingen strömen werden.“

Einige Leute sahen die Absage aus ganz menschlichen Gesichtspunkten und machten sich schon Sorgen, es könne etwas Schlimmes passiert sein. „Wenn nur sonscht nix isch!“ Als Hoamet-Vorsitzender Nesch am Samstagnachmittag auf den Friedhof kam, meinte jemand im Gespräch mit anderen: „Ah, dô konnt’r jô. Nô isch’m Gott sei Dank nix passiert!“ Und eine Frau gestand stellvertretend für andere, sie sei extra am Haus vorbeigefahren, um sich zu vergewissern. An der Fasnet würden man sagen: „Der alte Holzmichel lebt noch!?“hn

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23.08.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 33sec
zuletzt aktualisiert: 23.08.2016, 01:00 Uhr

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