„Dark Universe“

Schauer am Fließband

Wie die Comic-Schmieden Marvel und DC setzt nun auch Universal auf einen eigenen Film-Kosmos. Erdacht werden solche Serien von Autoren-Teams.

07.06.2017

Von MAGDI ABOUL-KHEIR

Die Stars des „Dark Universe“ (v.l.): Russell Crowe (Dr. Jekyll & Mr. Hyde), Jarvier Bardem (Frankensteins Monster), Tom Cruise (Mumien-Jäger Nick Morton), Johnny Depp (Invisible Man, hier aber sichtbar) und Sofia Boutella (Ahmanet, die aktuelle Mumie). Foto: Universal

Die Stars des „Dark Universe“ (v.l.): Russell Crowe (Dr. Jekyll & Mr. Hyde), Jarvier Bardem (Frankensteins Monster), Tom Cruise (Mumien-Jäger Nick Morton), Johnny Depp (Invisible Man, hier aber sichtbar) und Sofia Boutella (Ahmanet, die aktuelle Mumie). Foto: Universal

Und wieder mal wacht sie auf und schält sich aus ihren Bandagen, die Mumie. Doch wer schleicht da noch durch die Nacht? Dr. Jekyll und Mr. Hyde! Mittelfristig könnten die beiden auch Gesellschaft bekommen vom Werwolf, von Dracula und Frankensteins Braut. Was treibt eigentlich der Schrecken vom Amazonas?

All diese gruseligen Gestalten gehören zum Figuren-Schatz von Universal Pictures. Die legendäre, einst vom Schwaben Carl Laemmle gegründete Produktionsfirma, die seit fast 90 Jahren nicht zuletzt für Horror steht, hat beschlossen, aus ihren Figuren wieder mehr Kapital zu schlagen – durch eine Film-Reihe. „Dark Universe“ soll der Kino-Kosmos heißen. Und in dem jagt Tom Cruise jetzt zum Auftakt nicht nur die Mumie (Kinostart: 8.6.), sondern bekommt Gesellschaft von Dr. Jekyll & Mr. Hyde, gespielt von Russell Crowe.

Das Verfahren hat im Blockbuster-Kino durch die Comic-Schmiede Marvel Schule gemacht. Die hat mit Hilfe Disneys seit 2008 meist gekonnt und stets kassenträchtig ihre ikonografischen Figuren wie Iron Man, Thor, Hulk, Captain America und Co. auf die Leinwand gebracht, was in den „Avenger“-Spektakeln gipfelte, in denen alle Helden gemeinsam gegen das Böse kämpften. In der zweiten und dritten Phase des „Marvel Cinematic Universe“ wurde das Personal dann um die Guardians of the Galaxy und Doctor Strange erweitert. Auch der neue Spider-Man, der im Juli loslegt, gehört nun zu dieser Film-Welt.

Marvels Konkurrent DC Comics und dessen Partner-Studio Warner hat sich mit ihrem „DC Extended Universe“, also mit Superman, Batman & Co., hingegen bislang noch schwer getan. Was sich mit dem jetzt in den USA angelaufenen „Wonder Woman“ (deutscher Start: 15. Juni) ändert.

Das Besondere an diesen Film-Universen ist, dass sie nicht von einzelnen Autoren ersonnen werden, sondern von Teams. „Writers? Room“ heißt das Konzept, es stammt aus dem Fernsehen, wo Serien schon länger von Kreativ-Gruppen entwickelt werden: Im Brainstorming werden Geschichten-Ideen geboren und diskutiert, Handlungsbögen entworfen und fortgesponnen und dann in einzelne Folgen aufgebrochen. Erst danach steht das eigentliche Drehbuchschreiben an.

Da die Kino-Reihen Fernsehserien insofern ähneln, als sie auch über zahlreiche Haupt- und und noch mehr Nebenfiguren sowie über einzelne Filme hinausgehende komplexe Handlungsfäden verfügen, werden auch sie in Writers? Rooms entwickelt.

Man mag sich fragen, ob das nicht zu einer Ent-Individualisierung der Schaffensprozesse führt, zu gleichförmigen Unterhaltungsprodukten, zu immer sterileren Blockbustern. Umgekehrt kann man aber argumentieren, dass Kreativ-Teams mehr gute Einfälle haben (ein Beispiel ist der brillante Writers? Room des Animations-Studios Pixar) und die Kontinuität in Film-Serien besser gewahrt bleibt.

Ohnehin ist das Modell offenbar so praktikabel wie erfolgreich. Für immer mehr Merchandises, wie die lukrativen Film-Marken heißen, werden durchaus namhafte Autoren in Writers' Rooms eingeladen.

Cineasten sind zwar eher skeptisch, wenn ein Akiva Goldsman – Oscar-Preisträger für „A Beautiful Mind“, aber auch für etliche Film-Gurken verantwortlich – einem Writers? Room vorsitzt. Goldsman wurde von Paramount beauftragt, die alberne, doch megaerfolgreiche Transformers-Filmserie in ein eigenes „Transformers Cinematic Universe“ mit mindestens zwölf Teilen auszubauen – eventuell mit anderen Figuren des Spielwaren-Konzerns Hasbro wie „G.I. Joe“. Daraus wird dann, tatsächlich, das „Hasbro Cinematic Universe“.

Ein anderer Writers? Room widmet sich derweil „Sherlock Holmes“ – nicht der famosen britischen Serie, sondern den Kinofilmen mit Robert Downey.. Autoren wie Gary Whitta („Star Wars: Rogue One“), Nicole Perlman („Guardians of the Galaxy“) und Justin Malen („Baywatch“) sind damit befasst.

Und das „Dark Universe“ von Universal? Das wird erschaffen von Alex Kurtzman („Transformers“, „Star Trek“) und Chris Morgan („Fast and Furious“). In ihrem Writers? Room fließen zudem Ideen von Noah Hawley („Fargo“), Aaron Guzikowski („Prisoners“) und Ed Solomon („Die Unfassbaren“) ein.

Nach dem Auftakt mit der „Mumie“ geht es im „Dark Universe“ im Februar 2019 mit einer Neuauflage von „Bride of Frankenstein“ fort. Bill Condon („Die Schöne und das Biest“) führt Regie, Javier Bardem spielt das Monster. Danach sind ein „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“-Film mit Russell Crowe und der „Invisible Man“ mit Johnny Depp vorgesehen. Und, ja, auch ein neuer „Schrecken vom Amazonas“ wird geplant. Damit es der Mumie nicht langweilig wird. Und hoffentlich auch nicht den Kinofans.

Den Monster-Mix gab es schon vor 75 Jahren

Horror Universal hat seine Monster schon früher aufeinander losgelassen. So sagt der Titel des fünften Films der klassischen Frankenstein-Reihe schon alles: „Frankenstein Meets the Wolf Man“ (1943). Und in weiteren Fortsetzungen wie „House of Frankenstein“ (1944) war dann sogar noch Dracula mit von der Partie.

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Erstellt:
07.06.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 07.06.2017, 06:00 Uhr

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