Montag ist Mülltag

Schwanholz ist ein beliebtes Ausflugsziel – aber nach schönen Wochenenden sieht es dort wild aus

Für den Nehrener Bauhof beginnt die Woche in der warmen Jahreszeit mit einer Müllabfuhr: Eine halbe Stunde bis zwei Stunden dauert es jeden Montagmorgen, die Freizeitanlage Schwanholz von leeren Flaschen, Scherben, Essensresten, Verpackungen und manchmal gar alten Möbeln zu befreien.

24.05.2016

Von Gabi Schweizer

Schwanholz am Montagmorgen, 9, Mai, nach dem sonnigen langen Wochenende: Der Bauhof musste so viel wegkarren, dass Christine Maile die „Müllabfuhr“ dokumentiert hat, als sie ihren Sohn zum Kindergarten-Waldtag auf Schwanholz brachte. Bild: Maile

Schwanholz am Montagmorgen, 9, Mai, nach dem sonnigen langen Wochenende: Der Bauhof musste so viel wegkarren, dass Christine Maile die „Müllabfuhr“ dokumentiert hat, als sie ihren Sohn zum Kindergarten-Waldtag auf Schwanholz brachte. Bild: Maile

Nehren. Stopp Diebstahl, warnt ein Schild am Parkplatz: Lassen Sie ihr Auto nicht unabgeschlossen! Das wirkt wie ein schlechter Witz, denn das Problem an jenem Montagmorgen ist keinesfalls, dass Dinge fehlen – eher schon sind säckeweise zu viele Dinge da. Ein Müllberg stapelt sich just unter jenem Schild auf der Freizeitanlage Schwanholz, wo am Wochenende offenbar gegrillt und gefeiert wurde. Manche Besucher haben sich immerhin die Mühe gemacht, den ganzen Unrat – unsortiert – in Müllsäcke zu packen. Dennoch liegen nun auf dem Parkplatz abgenagte Knochen, Becher und Plastiktüten verstreut. „Das war der Fuchs“, sagt der Bauhof-Mitarbeiter, der sich dicke Arbeitshandschuhe überzieht und dann mit der wöchentlichen Sisyphosarbeit beginnt.

Wenn er die Säcke auf die Ladefläche seines Pritschenwagens gehievt hat, wird er das gesamte Gelände nach Müll durchkämmen müssen. Auf der Wiese blinken Getränkedosen zwischen den Gänseblümchen. Kippen, Flaschen, Essensreste, Papiertaschentücher, Becher, Plastikverpackungen, Wegwerfgeschirr ist auf und um die Grillstelle, die Holzbänke und die Schutzhütte verteilt. Einer der Tische ist noch in ein weißes Einmaltischtuch gehüllt. Und jemand hat drei alte Stühle hinterlassen. Auch die wird der Bauhof-Mitarbeiter entsorgen müssen. Mülleimer gibt es keine. „Aber schauen Sie mal auf die Mössinger Olgahöhe. Da gibt es welche, und es sieht genauso aus“, gibt der Bauhof-Mitarbeiter zu bedenken. Und: Wenn Behälter dastünden, würde zusätzlich noch Haushaltsmüll abgeladen – wie an den Nehrener Bushaltestellen.

Es ist kalt und regnerisch an jenem Montagmorgen, 23. Mai, das Wochenende aber war recht sonnig. Und so ist eine stattliche Müllmenge angefallen, die beim Bauhof dennoch nur als „durchschnittlich“ gilt. Was „überdurchschnittlich bedeutet, sah die Nehrenerin Christine Maile nach dem langen Himmelfahrts-Wochenende Anfang Mai. Damals war der Bauhof-Pritschenwagen voll mit Grill- und Party-Hinterlassenschaften.

Christine Maile hatte ihren Sohn auf Schwanholz gebracht – immer montags ist Waldtag im Kindergarten Reisser. „Es könnte so idyllisch sein“, sagt sie. Zuweilen sei es zunächst ein „Mülltag“. Jedenfalls, bis „der nette Nehrener Bauhofmitarbeiter“ alles aufgesammelt hat. „Vor allem nach langen Wochenenden, an denen auch noch das Wetter schön war, spottet die Wiese jeglicher Beschreibung.“ Die Kinder bekämen so vor Augen geführt, wie man sich nicht verhalten sollte.

Dass das Schwanholz ein Ausflugsziel für die gesamte Region ist, ist Bürgermeister Egon Betz gut bekannt. Damit hat er eigentlich gar kein Problem – normalerweise. Und vieles, was nicht ganz korrekt abläuft, lässt sich regeln.

Die Schranke sei aufgebrochen worden, Autos parkten dahinter, er solle doch vorbeikommen und sich das anschauen, meldete eines sonntagnachmittags ein aufgeregter Nehrener. So machte Betz also einen kleinen Ausflug auf Schwanholz – um dort eine fröhlich feiernde Gesellschaft anzutreffen. Richtig nett war das, berichtet er: „Ich hätte mich am liebsten dazugesetzt und mitgegrillt.“ Die Leute hatten für ihre Autos einen Schattenplatz gesucht und deswegen hinter der Schranke geparkt – waren aber nach einem klärenden Gespräch umstandslos bereit, ihre Fahrzeuge wieder zurückzustellen. Ja, es bleibt mal Müll liegen und mal nicht, wenn Familien scharenweise das Freizeitgelände bevölkern. Auch Betz bezweifelt, dass Mülleimer etwas bringen würden. „Die müssten groß sein“, gibt er zu bedenken und berichtet von einer Grillstelle im Schönbuch, wo die soziale Kontrolle so groß ist, dass alle ordentlich aufräumen. Dass es so auch auf Schwanholz abliefe, würde er sich wünschen.

Das eigentliche Problem seien aber jene Gruppen, die nachts auf Schwanholz feierten und dann – vermutlich nach übermäßigem Alkoholgenuss – Randale machten. Auf die Weise sind schon Tische und Bänke herausgerissen worden worden. Oder es flogen Flaschen mit so großem Schwung aufs Dach der Schutzhütte, dass Ziegel zerbarsten und fortan der Regen eindringen konnte. Tischgrille wurden auf den Holzbänken abgestellt – „weil die ja gar nicht brennen und kokeln“, kommentiert der Schultes sarkastisch. Man denke nun über eine Betongarnitur nach. Eine solche bietet kein komfortables Sitzerlebnis, wäre dafür aber dauerhafter. „Da oben war mal ein richtig schöner Spielplatz“, erzählt der Bürgermeister. „Jetzt steht da noch eine Schaukel.“ Die Gemeinde habe wenig Lust, in weitere Geräte zu investieren, wohl wissend, dass jenen keine lange Lebensdauer beschieden ist.

Ein einziges Mal während seiner bisherigen Amtszeit sind ein paar Randalierer geschnappt worden. „Da saßen die Büble vor mir und haben Buße getan“, erzählt Betz. „Die machen’s nicht mehr!“ In den meisten Fällen, das schließt er aus Erzählungen, seien es aber gar keine Nehrener, die sich nachts auf Schwanholz träfen.

Betz weiß: Es herrscht Handlungsbedarf. Gleichzeitig gesteht er: „Ich bin relativ hilflos.“ Kontrollen seien schwierig: „Du kannst immer nur hinterhertappen.“ Ob Schilder was bringen würden? Oder ein Halteverbot ab 22 Uhr? Momentan darf man zwischen 24 und 6 Uhr zwar nicht hochfahren – doch wer nachts oben parkt, kann jederzeit behaupten, er sei schon am Abend angekommen und gehe erst am Morgen wieder.

Der Bauhof-Mitarbeiter lässt seinen Blick hinüber zur Schutzhütte und zu den im Freien stehenden Bänken schweifen, wo schon von Weitem Flaschen zu erkennen sind. Wie lange es dauert, ehe er alles aufgeräumt hat, hängt davon ab, ob jemand Glas zerdeppert hat. Denn die Scherben verteilen sich im dümmsten Fall in der Wiese. Die Erzieherinnen des Reisser-Kindergartens verbieten den Kindern, barfuß zu laufen.

Das Freizeitgelände Schwanholz in Nehren: Es könnte idyllisch sein, wenn alle Besucher hinter sich aufräumen würden.

Das Freizeitgelände Schwanholz in Nehren: Es könnte idyllisch sein, wenn alle Besucher hinter sich aufräumen würden.

Die Schutzhütte am Samstagmorgen, 21. Mai: Sie ist nicht nur vermüllt, sondern riecht auch wenig einladend nach abgestandenem Rauch und Bier.

Die Schutzhütte am Samstagmorgen, 21. Mai: Sie ist nicht nur vermüllt, sondern riecht auch wenig einladend nach abgestandenem Rauch und Bier.

Auf diesem Tisch hat mal jemand einen Grill abgestellt. Bilder: Schweizer

Auf diesem Tisch hat mal jemand einen Grill abgestellt. Bilder: Schweizer

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Erstellt:
24.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 42sec
zuletzt aktualisiert: 24.05.2016, 01:00 Uhr

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