Gericht

Sparplan wird zum Bumerang

Einsicht und Reue kamen reichlich spät, um ungestraft durchs Leben zu gehen. Immerhin bekam ein 52-Jähriger mit einem nachsichtigen Urteil auch eine Chance, sein Leben neu auszurichten.

18.10.2017

Von Hans-Michael Greiß

Der Verlust von Arbeitsstelle und Partnerin hatte dem Angeklagten den Boden unter den Füßen weggezogen. Mit der deutschen Einigung verschwand sein Arbeitgeber vom Markt, nach Übernahme seiner Firma verlor er erneut seine Anstellung im Außendienst. Die Wahrung des gewohnten Lebensstils endete in überzogenen Dispokrediten, und schließlich zerbrach die Partnerschaft.

Aus der Suche nach Einsparmöglichkeiten wählte er seine Fahrzeugversicherung aus, worauf das Kennzeichen seines Kleinwagens entstempelt wurde. Findig fälschte er die Stempelmarke und geriet im Mai prompt in eine Fahrzeugkontrolle. Den Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu 40 Euro beglich er nicht, vielmehr klebte er nach der Rückgabe der Kennzeichenschilder erneut eine Stempelmarke auf. Im Juni fuhr er zum Tanken und ließ im Kassenraum eine Flasche Wodka mitgehen, aufgezeichnet von einer Überwachungskamera.

Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick führte dem reuigen Sünder eindringlich vor Augen, warum er Fahrten in unversicherten Autos als strafwürdig erachte, denn bei einem Unfall werde ein Opfer zusätzlich mit den Kosten belastet, die ein Verursacher nur selten aufbringen könne. Außerdem bringe eine solche Fahrt Strafpunkte, was den Angeklagten sehr verwunderte.

Nach seinem einstmals gut bezahlten erlernten Beruf bezeichnete sich der Angeklagte als froh, wieder in einer, wenn auch befristeten Stelle arbeiten zu dürfen. Doch damit meldeten sich auch die Gläubiger wieder. Nach der Gehaltspfändung bliebe nicht viel übrig. Ob eine Geldstrafe nicht in soziale Arbeitsstunden umgewandelt werden könne, fragte er tief zerknirscht. Dies liege nicht in der Entscheidung des Gerichtes sondern der Staatsanwaltschaft, klärte ihn der Richter auf, dort müsse er einen Umwandlungsantrag stellen.

Die junge Staatsanwältin hielt das Geständnis für glaubhaft und erkannte auch eine gewisse Reue, aber die kurze Zeit zwischen beiden Taten lastete sie ihm als hohe kriminelle Energie an. Zusammengerechnet wollte sie alle drei Taten mit drei Monaten Haft bestraft sehen. Sie billigte dem Angeklagten aber eine positive Gesamtprognose zu, die eine dreijährige Bewährungszeit verdiene. Ein Bewährungshelfer werde ihm die benötigte Lebenshilfe vermitteln.

In seinem Schlusswort zeigte sich der reuige Sünder hoffnungsfroh, nicht ins Gefängnis zu müssen und fand einen verständnisvollen Richter. Erziehung durch eine Haftstrafe bedürfe er nicht, befand Trick. Seine Vermögensverhältnisse berücksichtigend, reduzierte er das Vorurteil zu einer Gesamtstrafe von 75 Tagessätzen à 20 Euro und zur Übernahme der Gerichtskosten, störte sich aber sehr, dass sich der Mann vor dem Termin Mut angetrunken hatte.

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Erstellt:
18.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 17sec
zuletzt aktualisiert: 18.10.2017, 01:00 Uhr

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