Produktion künftig in Bosnien

Verkauf von Möbel Wössner ist besiegelt / Mitja Hauser zweiter Geschäftsführer

Der Übernahme des Möbelherstellers Wössner durch die Parramatta Capital Holding hat das Bundeskartellamt mittlerweile zugestimmt. Der Produktionsstandort Sulz wird aufgelöst und nach Bosnien-Herzegowina verlagert. Damit fallen rund 120 der 170 Arbeitsplätze weg.

23.02.2016

Von cristina priotto

Sulz. Der Verkauf ging schnell und vor allem still und heimlich über die Bühne: Nachdem am 8. Januar nach außen durchgesickert war, dass die Parramatta Capital Holding aus Wolfsburg Interesse an einer Übernahme bekundet hatte (wir berichteten), hat mittlerweile auch das Bundeskartellamt dem Verkauf zugestimmt – und zwar schon am 19. Januar. Die Öffentlichkeit wurde darüber allerdings bislang nicht informiert.

Nachdem die SÜDWEST PRESSE bei der Recherche in einschlägigen Branchenportalen im Internet auf entsprechende Mitteilungen stieß und daraufhin bei Möbel Wössner nachfragte, bestätigte eine Firmen-Sprecherin am gestrigen Montag den erfolgten Verkauf.

Das Online-Portal „Möbelkultur“ vermeldet, was zu befürchten war: Der Produktionsstandort Sulz wird aufgelöst und die Herstellung von Speisezimmern ins Ausland verlagert, genauer gesagt in die Stadt Visoko nach Bosnien-Herzegowina, die etwa 25 Kilometer nordwestlich von Sarajevo liegt. Dort verfügt Prevent Interior, eine Tochtergesellschaft von Prevent, zu deren Gruppe auch die Parramatta Capital Holding gehört, bereits über ein Polstermöbelwerk. Prevent Interior ist nach Informationen des Europäischen Wirtschaftsdiensts (EuWiD) Teil der Möbelsparte des Prevent-Konzerns, die unter Neofacture Furniture GmbH firmiert.

Für Sulz bedeutet dies den Verlust von etwa 120 der 170 Arbeitsplätze. Lediglich 50 Stellen in der Verwaltung und Entwicklung des Unternehmens mitsamt Entwicklungsschreinerei und -polsterei sollen am Traditionsstandort verbleiben – als reine Vertriebsgesellschaft. Fortgeführt wird außerdem der Fabrikverkauf.

Die IG Metall Freudenstadt hatte bereits Mitte Januar Sozialplanverhandlungen aufgenommen. Wie Stefan Prutscher, Gewerkschaftssekretär und zuständig unter anderem für Tarifverhandlungen bei holz- und kunststoffverarbeitenden Betrieben, am Montag unserer Zeitung sagte, sind die Gespräche mittlerweile abgeschlossen: „Wir haben einen Interessensausgleich und Sozialplan mit Schwerpunkt auf einer Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft ausgehandelt“, sagte Prutscher. Die Verhandlungen seien schwierig gewesen, weil die neuen Eigner nur ein begrenztes Budget zur Verfügung stellten, berichtete der IG Metall-Vertreter.

Entlassen werden 105 Mitarbeiter, der Großteil aus der Produktion sowie einige aus der Verwaltung. Zudem ist ein gutes Dutzend auf geringfügiger Basis beschäftigter Rentner betroffen.

Die betroffenen Angestellten können für drei bis maximal zehn Monate in eine Transfergesellschaft wechseln. Die Herstellung auf Kastell soll noch bis Ende September laufen, die endgültige Verlagerung der Fertigung nach Bosnien-Herzegowina soll voraussichtlich Ende September beginnen.

Unklar ist laut Stefan Prutscher, was mit den riesigen Gebäuden passiert: Nach dem Aus für die Produktion werden Hallen dieser Größe langfristig wohl nicht benötigt.

Wie Geschäftsführer Oliver Gutekunst Anfang Januar mitgeteilt hatte, waren der jetzt erfolgten Übernahme schon seit rund eineinhalb Jahren Gespräche mit potenziellen Investoren vorausgegangen, denn der Fortbestand des vor 110 Jahren gegründeten Unternehmens ist Inhaberin Angelika Wössner ein großes Anliegen. Die 70-Jährige hat allerdings keine Nachkommen und hatte daher nach einer Nachfolgelösung gesucht.

Das Traditionsunternehmen hatte in den vergangenen Jahren mit Verlusten zu kämpfen gehabt und mehrfach Personal abgebaut.

Mit der Übernahme gehen auch personelle Veränderungen auf Geschäftsführungsebene einher: Wie einer Eintragung des Handelsregisters zu entnehmen ist, wurde Mitja Hauser zum 10. Februar als zweiter Mann an die Spitze der erweiterten Geschäftsführung berufen: Der 42-Jährige ist nun für die Produktion zuständig, der bisherige Alleingeschäftsführer Oliver Gutekunst fungiert jetzt am Standort Sulz als Geschäftsführer für den Vertrieb.

Die beiden Geschäftsführer Oliver Gutekunst und Mitja Hauser waren gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.