Portrait

Von Bergfelden ins Emirat

Pascal Klaiber ist seit vier Jahren Schlagzeuger im „Doha Philharmonic Orchestra“ in Katar. Der 35-Jährige erzählt vom Leben als Musiker am Persischen Golf.

24.03.2017

Von Cristina Priotto

Eine Trommel hat Pascal Klaiber auch im Heimaturlaub dabei. Wenn der nach Katar Ausgewanderte zurzeit mal nicht übt, genießt der Profi-Musiker das Grün rund ums elterliche Haus in Bergfelden.Bild: Priotto

Eine Trommel hat Pascal Klaiber auch im Heimaturlaub dabei. Wenn der nach Katar Ausgewanderte zurzeit mal nicht übt, genießt der Profi-Musiker das Grün rund ums elterliche Haus in Bergfelden.Bild: Priotto

Der Unterschied zwischen Bergfelden und Doha könnte größer kaum sein: Auf der einen Seite das beschauliche Dorf im Mühlbachtal, auf der anderen die Millionenmetropole am Persischen Golf. Pascal Klaiber pendelt zwischen beiden Welten. Der Sprung aus Deutschland in das Emirat gelang dem 35-Jährigen dank der Begeisterung fürs Schlagzeugspielen.

Schon als Kind hatte Pascal Klaiber Freude am Rumtrommeln auf den Töpfen der Oma: „So hat‘s angefangen“, erzählt der Profi-Musiker mit schelmischem Grinsen. Als Tribut für die Blasmusikfraktion in der Familie probierte Klaiber auch Trompete aus. Doch nach der D1-Prüfung war Schluss. Als Neunjähriger folgte der erste Schlagzeug-Unterricht – die Liebe zu Pauken und Co. war geweckt.

Eine berufliche Laufbahn mit Musik stand für den passionierten Percussionisten schon früh fest: 2002 begann Pascal Klaiber, an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt zu studieren. Den Abschluss hat der Mittdreißiger zwar noch nicht in der Tasche – aber dafür jede Menge Orchester-Erfahrung mit verschiedenen Ensembles gesammelt: Zunächst spielte der Schlagzeuger im Orchester des Stadttheaters Trier, später folgten Engagements am Staatstheater Darmstadt, am Nationaltheater Mannheim und im Gürzenich Orchester Köln.

Von Lorin Maazel dirigiert

Den Wechsel aus Deutschland an den Persischen Golf findet der Profi-Musiker nicht so außergewöhnlich. Als das „Doha Philharmonic Orchestra“ 2007 gegründet wurde, erhielten zwei Kommilitonen Zeitverträge. Pascal Klaiber war damals freischaffender Percussionist und sprang zweimal jährlich als Aushilfe ein. So erlebte der Bergfelder 2008 das Eröffnungskonzert mit Lorin Maazel.

Etwa 30 der aktuell 101 Mitglieder des renommierten Ensembles vom Persischen Golf stammen aus Deutschland. Als das Orchester einen neuen Percussionisten suchte, schickte Klaiber zunächst Videos ein. Aus rund 200 Bewerbern wurden 14 zum Vorspiel nach München eingeladen – der Bergfelder war einer davon.

Mama Gitte Klaiber erinnert sich an den Moment, als der Sohnemann die Nachricht vom Auswandern per Telefon mitteilte: „Sitzt Du?“, fragte Pascal Klaiber, dann: „Ich hab das Vorspiel gemacht.“ Bange Frage der Mutter: „Und?“. Antwort: „Und gewonnen!“. Der einzig Eingeweihte war Bruder René gewesen – denn der ein Jahr Ältere musste Noten und Schlegel nach München bringen.

Seit März 2013 ist der Schlagzeuger im „Doha Philharmonic Orchestra“ einer von vier Percussionisten. Das Orchester hänge stark am Schlagzeug als Fundament. „Das Schlagzeug ist für Orchester das Salz in der Suppe“, vergleicht Klaiber sein Instrument mit dem wichtigen Gewürz.

Die Profi-Musiker proben jeden Tag viereinhalb Stunden, zudem übt der leidenschaftliche Schlagzeuger in der Freizeit. Das Repertoire umfasst eine Mischung aus westlicher und orientalischer Musik. Im Mai stehen Aufnahmen mit einer Komponistin aus Katar für „Qatar Airways“ an. 35 bis 40 Konzerte gibt das „Doha Philharmonic Orchestra“ im Jahr, hinzu kommt einmal im Jahr eine Tournee. Dabei ist der Bergfelder Percussionist schon in Washington, in der Royal Albert Hall in London, in Rom, China und Linz aufgetreten. Zudem spielt Pascal Klaiber in verschiedenen Bands
– von Soul-Funk-Cover bis Jazz. Ansonsten passiere in Doha kulturell nicht viel. „Man kriegt als Profi-Musiker dort leider keinen Input“, bedauert der 35-Jährige.

Arabisch hat der Ausgewanderte noch nicht gelernt. „Verständigungssprache ist Englisch, viele sprechen aber auch Deutsch“, erzählt der Bergfelder.

Dem Mittdreißiger gefällt es in dem Emirat: „Von meiner Wohnung kann ich in einer Viertelstunde ans Meer laufen“, schwärmt Klaiber. Viele in Deutschland selbstverständliche Dinge sind in Katar aber nicht möglich: „Straßenleben wie Cafés und Kneipen zum Draußensitzen gibt‘s kaum, das Meiste spielt sich in den Malls ab“, berichtet der Musiker. Der Blick ins Grüne, Wald, Wiesen oder Fahrradfahren, wie Klaiber es von zu Hause kennt, fehlt in der Millionenstadt.

Aus dem ursprünglich geplanten einen Jahr sind mittlerweile vier geworden. „Ich hab mal gesagt, ich bleib‘, bis ich 40 bin, aber ich mache keine Pläne mehr“, sagt Pascal Klaiber lachend.

Auftritt mit Posaunenchor

Zwei bis drei Mal im Jahr nimmt der Profi-Musiker den siebenstündigen Flug auf sich und besucht seine Eltern und die beiden Geschwister in Bergfelden. In seinem Heimatort unterstützt Pascal Klaiber am Ende eines dreiwöchigen Aufenthalts am Sonntag das Konzert des Posaunenchors, den Vater Bernd Klaiber leitet. Bereits am Montag sitzt der 35-Jährige im Flieger zurück an den Persischen Golf – denn nächsten Dienstag probt das international besetzte „Doha Philharmonic Orchestra“.

Im „Qatar Opera House“ finden die meisten Konzerte statt. „Es sieht nett aus, der klang ist aber extrem trocken“, findet Klaiber.Privatbild

Im „Qatar Opera House“ finden die meisten Konzerte statt. „Es sieht nett aus, der klang ist aber extrem trocken“, findet Klaiber.Privatbild

Der Schlagzeuger im Einsatz bei einem Konzert in Doha.

Der Schlagzeuger im Einsatz bei einem Konzert in Doha.

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Erstellt:
24.03.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 10sec
zuletzt aktualisiert: 24.03.2017, 01:00 Uhr

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