Fasnetsgeschichte

Vor Mitternacht durfte keiner nach Hause

Die Gruppe der Bettträger des Weitinger Narrenvereins „Bettschoner“ kann ihr 50-jähriges Jubiläum feiern.

25.02.2017

Von Hermann Nesch

Die Bettträger im Jahr 1970 mit zwei Gründungsmitgliedern des Narrenvereins, Andreas „Enderes“ Gaus und Franz „Stromer“ Breining. Archivbild: Nesch

Die Bettträger im Jahr 1970 mit zwei Gründungsmitgliedern des Narrenvereins, Andreas „Enderes“ Gaus und Franz „Stromer“ Breining. Archivbild: Nesch

Der Narrenverein „Bettschoner“ geht auf das Jahr 1930 zurück und hat daher auch schon das 90-jährige Jubiläum anno 2020 im Blick. Ihm voraus ging bereits der Lugenbeutelverein, dessen Fahne noch vorhanden ist und bei verschiedenen Anlässen und Umzügen mitgetragen wird.

Weitingen ist daher eine alte Narrenhochburg, die aber immer jung geblieben ist. Das heißt, es kommt genügend Narrensamen nach, der auch Verantwortung übernimmt, Brauchtum und Traditionen pflegt, aber auch den Blick fürs Neue hat. Denn Brauchtum wandelt sich.

Groß macht den Narrenverein auch sein buntes Bild an Nar-rengruppen. Da sind zunächst die maskierten Bettschoner, die dem Verein seinen Namen gaben sowie die Jaunerschecken, Blotzer und Urnburghexen. Weiter dazu gehören die reinen Hästräger der Langen Männer, die Kanoniere mit ihrer Kanone „Dicke Berta“, die auf die einstige Bürgerwehr zurückgehen sowie der Narrenrat und die Tanzgarde. Fester Bestandteil bei den Umzügen ist auch der Musikverein als Narrenkapelle. Sind die Weitinger bei Umzügen unterwegs, dann geben sie mit annähernd 200 Teilnehmern ein imposantes, abwechslungsreiches und farbenprächtiges Gesamtbild ab.

Und auch die „Tiger-Band“, eine Art Lumpenkapelle aus ehe-maligen Musikern, ist von der Weitinger Fasnet nicht wegzu-denken.

Bleibt noch eine Gruppe, die in diesem Jahr etwas im Vorder-grund steht, das sind die Bettträger mit ihrem Bett. Was wäre der Narrenverein „Bettschoner“ ohne diese lebhafte Männertruppe, die zusammen mit den Kanonieren für viel Stimmung bei den Umzügen sorgt? Die Bettträger sind die älteste nicht maskierte Narrengruppe.

Aber wie kommen der Narrenverein und Bettschoner eigentlich zu ihrem weitbekannten Namen und Symbol? Dazu ein kurzer Blick zurück in die Vereinsgeschichte.

1930 – die Gründung

Das Bett spielte schon bei der Gründung 1930, dem Jahr der „geordneten“ Entwicklung der Narretei, eine bedeutende Rolle. Nachdem sie zuvor schon erfolgreich die Fasnet und Umzüge organisiert hatten, entschlossen sich einige Mitglieder des damaligen Turnvereins zur Gründung der Kameradschaft „Bettschoner“ und somit zum gleichnamigen Narrenverein.

Als Symbol wurde eine eigene Fahne angeschafft und im selben Jahr noch vor dem Rathaus eingeweiht. Die Fahne ist heute noch vorhanden und wird bei besonderen Anlässen mitgeführt. Bei den Zusammenkünften im Vereinslokal zur „Blume“, wurde am Sonntagabend die Uhr zugehängt und die „Heilige Stund“ gehalten. Wer vor Mitternacht nach Hause ging, verstieß gegen die Vereinsstatuten und musste eine Strafe in die Vereinskasse bezahlen, die jedoch sofort wieder in einen Humpen Bier umgesetzt wurde.

Ab 1967 wurde dann bei den Umzügen ein leeres Bett mitgetragen, als Beweis und Symbol dafür, dass die Liegestätte zuhause geschont wird. Ein Jahr später folgte der erste Auswärtsbesuch des Narrenvereins überhaupt in Hirrlingen und 1969 der zweite beim ersten Ringtreffen in Dettingen, einschließlich der Bettträger. Das noch leere Bett trugen damals Lothar Breining („Stromer“ junior), Matthias Pekari, Rudolf Raible und Hermann Raible.

Beim Ringtreffen in Weitingen in Verbindung mit dem 50-jährigen Jubiläum des Narrenvereins hatten einige der noch lebenden Vereinsgründer die Ehre, das Bett zu tragen. Frauen und Mädchen zu fangen und in die Bettlad‘ zu holen, war damals noch nicht so in Mode, nur ab und zu einmal.

Heute ist dies das vorrangigste Ziel, und so fangen die Bettträger schwungvoll und mit großem Hallo am liebsten junge hübsche Damen ein, um sie in die Federn zu stecken und mit lautem Hauruck nach oben zu stemmen und ein Stückle weit in der „Bettlad“ davon zu tragen. Das Vergnügen der unfreiwillig „bettlägrigen“ Damen dauert dann so lange, bis der nächste Fang ausgespäht und erhascht ist.

Zunächst gab es noch keinen richtigen Leiter der Gruppe, deren Verkleidung aus einem weißen Nachthemd, langen weißen Unterhosen und einer schwarzen Zipfelmütze – zum Jubiläum mit Zylinder – besteht, waren Karl Fahrbach (1976 – 1987), ihm folgte 1988 der 2007 verstorbene Wolfgang Mattenschlager. Für ihn übernahm dann bis 2011 Erwin Teufel mit seinem Adjutanten Jochen Teufel das Amt, dem wiederum bis dato Jan Schmid folgte. Das Jubiläum wird heute im Rahmen des großen Zunftballs und am Sonntag beim und nach dem Umzug gefeiert.

So sehen sie heute aus, die Weitinger Bettträger – aus aktuellem Anlass mit Zylinder.Bild: Nesch

So sehen sie heute aus, die Weitinger Bettträger – aus aktuellem Anlass mit Zylinder.Bild: Nesch

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Erstellt:
25.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 25.02.2017, 01:00 Uhr

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