Volleyball-Bundesliga

Vor der Entscheidung

Der TV Rottenburg und Solingen kämpfen morgen um den Ligaverbleib. Aber selbst der Verlierer darf hoffen. Kommt auch drauf an, was in Husum geht.

25.03.2017

Von Tobias Zug

Archivbild: Ulmer

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In Husum geht der Blues um, das Meer ist nicht mehr da. Blödelte zumindest die Karnevalband „De Höhner“. Und Theodor Storm dichtete einst über die 22 000 Einwohner-Gemeinde nahe der dänischen Grenze. Ansonsten gehört das Städtchen nicht zum Pflichtwissen im Geographie-Unterricht. Vor ein paar Monaten tauchte Husum dann plötzlich doch in ein paar Sportnachrichten auf, weil irgendwelche Menschen ein Volleyballteam dort in die Bundesliga bringen wollen.

Was etwa 900 Kilometer weiter südlich nicht ganz uninteressant ist: Sollte der TV Rottenburg nämlich morgen (17 Uhr, Paul-Horn-Halle in Tübingen) sein letztes Playdown-Spiel gegen die Solingen Volleys verlieren, wäre er sportlich nach zehn Jahren Zugehörigkeit aus der Bundesliga abgestiegen. Und müsste dann genauer beobachten, was da in Husum vor sich geht. Denn dort verfolgt der aus Berlin stammende A-Lizenztrainer Oliver Wagner das ehrgeizige Ziel, mit einem Team in Husum eine Wildcard für die kommende Bundesliga-Saison zu bekommen. Bisher trainiert Wagner den TSV Husum – in der Landesliga.

Bundestagsabgeordnete hilft

Vor ein paar Wochen gründeten Wagner und Helfer dafür den Verein, die Watt Volleys. In der Husumer Messe-Halle soll gespielt werden. Zu Beginn lächelten viele in und um Husum über das Vorhaben. Zumal in der Kleinstadt keine übermäßige Volleyball-Euphorie herrscht. Viele in Husum zweifeln aber, ob die angestrebten 2500 Zuschauer zu den Spielen kommen. Außer für Windenergie gibt’s auch keine Industrien oder Großunternehmen, die als Sponsoren in Frage kommen. Einen Etat von 800 000 Euro will Wagner stemmen, bis zum Lizenzantrag müssen mindestens 500 000 Euro vertraglich abgesichert sein. Spieler bekäme er aus der Region, aus dem Land und Nordamerika. Bei aller Skepsis: Selbst Husums Bürgermeister Uwe Schmitz engagiert sich rührig, dass die Watt Volleys die Eintrittskarte für die Bundesliga bekommen.

Die Anforderung für eine solche Wildcard zur Volleyball-Bundesliga sind ungefähr dieselben, wie sie der TV Rottenburg hat. So muss unter anderem die Halle mindestens 2500 Zuschauer fassen, LED-Bandenwerbung angebracht und ein Spezialboden verlegt werden. Bei der Vergabe der bis zu zwei Wildcards dachte die Volleyball-Bundesliga eher an Städte wie Hamburg oder München, die auf die deutsche Volleyball-Landkarte wollen – Ligasprecher Frank Bleydorn äußerte sich aber angetan über das Husumer Vorhaben. „Das hat alles Hand und Fuß“, sagte er. Noch kämpfen die Watt Volleys um einen Hauptsponsor, der den Großteil des Etats stemmen soll.

Sollten die Husumer jedenfalls keine Wildcard beantragen oder bekommen, steigen die Chancen für den Verlierer des Playdown-Spiels enorm, doch noch in der Liga bleiben zu dürfen. Denn: Die Liga besteht diese Saison de facto aus zehn Mannschaften, da die elfte, der VCO Berlin, außer Konkurrenz spielt und nächste Runde turnusgemäß wieder in der zweiten Liga spielt. Aus der zweiten Liga steigen im Normalfall nur die jeweiligen Meister der Nord- und Süd-Ligen auf. Und auch nur, wenn diese sich bereits für die Vorlizenzierung angemeldet haben.

Das haben bei den Süd-Teams tatsächlich nur der souveräne Tabellenführer Volleys Eltmann und der SV Fellbach, der als Tabellen- Achter aber nicht mal mehr die Chance hat, Dritter zu werden – was Mindestvoraussetzung ist, um aufzusteigen, falls der Meister und der Zweite ihr Aufstiegsrecht nicht wahrnehmen. Eltmann versucht zwar alles, um die Voraussetzungen für die erste Liga zu erfüllen. Selbst die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär klopft bei potenziellen Sponsoren an, um für das Ziel Bundesliga zu werben. Nach TAGBLATT-Informationen fehlen den Volleys aber bis jetzt 100 000 bis 150 000 Euro, um den geplanten Etat von 500 000 Euro aufzustellen. Mit einem geringeren Etat wollen die Eltmanner nicht antreten, da ihnen dafür das Risiko zu groß sei – vor acht Jahren ging der Vorgängerverein SG Eschenbacher in der Bundesliga insolvent.

Giesen verzichtet auf Aufstieg

Eltmanns Management hat sich zudem vorgenommen, erst nach der Zusammenstellung des Etats mit den Spielern zu reden. Sollte die halbe Mannschaft gehen, so würde der Klub nach TAGBLATT-Information auf die Bundesliga verzichten. Ob Eltmann aufsteigt, ist also alles andere als sicher.

Ähnlich sieht es im Norden aus: Tabellenführer CV Mitteldeutschland will sich nächste Woche „positionieren“, wie es Team-Managerin Sandy Penno sagt. Die Spergauer wollen mit ihrem Etat „kein Risiko eingehen“ und haben wegen ihrer langjährigen Erstliga-Zugehörigkeit ebenfalls wie der TV Rottenburg höhere Anforderungen des Liga-Masterplans zu erfüllen als beispielsweise ein Liga-Neuling, der erstmals sportlich in die Beletage aufsteigen würde. CVM-Verfolger Giesen Grizzlys nahm zwar an der Vorlizenzierung teil. Aber: „Wir haben uns entschieden, definitiv nicht hochzugehen“, sagte Manager Sascha Kucera, „wir sind zwar auf einem guten Weg, aber uns fehlt dieses Jahr noch das Geld.“

Klar ist: Nur wenn zwei potenzielle Aufsteiger in die Bundesliga wollen und die Voraussetzungen dafür erfüllen plus mindestens ein weiteres Team eine Wildcard erhält (Bleydorn: „Es könnte ja noch einer im Verborgenen an einer Wildcard arbeiten“), dann steigt der Verlierer des Playdown-Spiels in Tübingen ab. Und theoretisch könnte ja sogar der TV Rottenburg als Verlierer die Wildcard beantragen… Am sichersten ist es aber, die Rottenburger gewinnen heute. Dann bleiben sie ganz gewiss Erstligist. Sportlich zumindest.

Entscheidung im letzten Saisonspiel

Das letzte Spiel der Saison haben die Bundesligavolleyballer des TV Rottenburg morgen (17 Uhr) in ihrer Paul-Horn-Halle. Nach je einem Sieg und einer Niederlage in den Playdowns kommt es zum Entscheidungsspiel gegen die Solingen Volleys um den Klassenverbleib. Solingens Co-Spielertrainer und Ex-TVR-Spieler Oliver Gies sagte: „Wir werden mit breiter Brust nach Tübingen fahren.“ TVR-Coach Hans Peter Müller-Angstenberger sprach vom Heimvorteil, den sein Team nutzen will, „um das Ding zu uns zu holen“.

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Erstellt:
25.03.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 51sec
zuletzt aktualisiert: 25.03.2017, 01:00 Uhr

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