Vor der Morgenröte

Vor der Morgenröte

Drama um die letzten Jahre von Stefan Zweig im Exil mit Josef Hader in der Rolle des verzweifelten Literaten.

01.01.2017

Von Dorothee Hermann

Vor der Morgenröte

Wie ein Mensch am erzwungenen Leben im Exil zerbricht, möchte die Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader („Liebesleben“) an den letzten Jahren des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig nachzeichnen. Dem bekannten Kabarettisten und Serien-Ermittler Josef Hader („Der Knochenmann“) gelingt es sehr überzeugend, die Ambivalenzen von Berühmtheit, Verlorenheit, Schreibdisziplin und Schuldgefühlen (gegenüber denen, die sich nicht retten konnten) darzustellen, die den weltberühmten Autor zerrissen.

Als der bewaffnete Widerstand die einzige Möglichkeit war, das mörderische Treiben der Nazis zu stoppen, nahm Zweig eine denkbar unpopuläre Position ein: Er war Pazifist.

Allerdings erschließt sich nicht, warum der Film, der in in den ersten beiden Tableaus (die mit harten Schnitten wie Theaterszenen gegeneinander gesetzt sind) die quälende Langeweile offizieller Stehempfänge heraufbeschwört. Das gipfelt im einleitenden Galadinner, für das in einem schlossähnlichen Saal eine derart überladene Blumen-Deko aufgefahren wird, dass man an die aufgemotzte Marketingstrategie eines Edelcaterings denken kann.

Beim Schwenk nach Nordamerika sieht man als erstes ein von Eisblumen dick überkrustetes Fenster und muss folgern: Aha, es ist bitterkalt. Eine gewisse Intensität jenseits dieser überdeutlichen Bebilderung stellt sich erst ein, als Zweig in New York seine erste Frau Friderike (Barbara Sukowa, schon als „Hannah Arendt“ an diesem Exilort zu sehen) wiedertrifft. Sie hat es offenbar geschafft, den gewohnten Lebensstil (Marmorkamin, Gemälde, gemütliche Möbel) in die Neue Welt zu retten und sich wie die beiden Töchter zupackend auf die Situation einzulassen.

Zweig steht dieser Weg nicht offen. Hader lässt ihn zunehmend schmaler und blasser werden, als wäre nur noch seine Hülle anwesend. Aenne Schwarz in der Rolle von Zweigs zweiter Frau Lotte nimmt man die fluchtbedingte Desorientierung nicht ganz ab.

Um Zweigs Vision eines freien Europa - „Dass Pässe und Grenzen eines Tages der Vergangenheit angehören“ - erneut als Appell zu verstehen, wäre mehr nötig als politische Kernsätze in homöopathischen Dosen.

Beeindruckender Hauptdarsteller in allzu schematischen Tableaus vom Exil.

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Erstellt:
01.01.2017, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 59sec
zuletzt aktualisiert: 01.01.2017, 11:11 Uhr

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