Horb

Was ist dem Kreis die Gesundheit der Bürger wert?

14.09.2017

Von über die Unfallchirurgie im Horber MVZ

„Wenn es nicht gelingt, in Horb Veränderungen bei den finanziellen Verlusten zu erreichen, dann müsste ich als Geschäftsführer das MVZ einstellen.“ KLF-Chef Ralf Heimbach. Bild: Kuball

„Wenn es nicht gelingt, in Horb Veränderungen bei den finanziellen Verlusten zu erreichen, dann müsste ich als Geschäftsführer das MVZ einstellen.“ KLF-Chef Ralf Heimbach. Bild: Kuball

Das Horber Spital genoss einst den Ruf, dass es sich hier vortrefflich leben lässt. Im Spätmittelalter wurden nicht nur die Armen und Siechen aufgenommen, sondern auch reiche Pfründer. Diese wurden nobel verkostet, wenn sie nach ihrem Ableben ihr Eigentum dem Spital hinterließen. Bis zu 13 000 Liter Wein flossen jährlich in die Kehlen der Spitalbewohner.

Heute hingegen gilt das ehemalige Spital als Armenkind der KLF. In Freudenstadt soll ein 100-Millionen-Krankenhaus-Neubau entstehen, in Horb ist immer nur von Verlusten die Rede. Das zieht sich seit fünf Jahren hin, als das Horber Krankenhaus geschlossen und einem Medizinischen Versorgungszentrum sowie der Geriatrischen Klinik Platz machte. So auch am vergangenen Montag in der Kreistagssitzung. In der Sitzungsvorlage war von einer „Abwicklung“ die Rede, wenn das MVZ weiterhin so schlechte Zahlen liefert. KLF-Chef Ralf Heimbach ruderte auf Anfrage von Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger zwar rasch zurück. Von „Abwicklung“ sein keine Rede. „Es ist nicht beabsichtigt, das MVZ zu schließen. Es sind dicke Bretter, die wir bohren müssen, aber wir arbeiten daran“, sagte Heimbach gestern im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE. Doch Heimbach sagte auch folgenden Satz: „Wenn es nicht gelingt, in Horb Veränderungen bei den finanziellen Verlusten zu erreichen, dann müsste ich als Geschäftsführer das MVZ einstellen.“ Bekenntnisse zum Standort lauten anders.

Doch Heimbach betont ebenfalls, dass das nicht sein Ziel sei. Daher wird das MVZ umstrukturiert. Die Unfallchirurgie soll ausgegliedert und als Privatpraxis auf eigene Rechnung laufen. Das empört die Horber. Denn Dr. Peter Paul Olinczuk gilt als Koryphäe im Bereich der Unfallchirurgie, die Horber gehen nicht zum „Chirurgen“, sonder zu „Dr. Olinczuk“. Doch nun wurde ihm zum Ende des Jahres gekündigt. Weil die Chirurgie zu hohe Verluste einfährt und Olinczuk das Rentenalter erreicht. Olinczuk will allerdings bleiben.

Wie es weitergeht mit der Unfallchirurgie, steht immer noch nicht fest. Man sei in Verhandlungen, sagt Heimbach seit Wochen gebetsmühlenartig auf solche Anfragen. Eventuell werde es mit Dr. Olinczuk weitergehen, aber definitiv nicht mehr unter dem Dach des MVZ. Vielleicht werde es auch eine andere Lösung geben. Mehr will der KLF-Chef derzeit nicht sagen, weil man sich eben in Verhandlungen befinde.

Da bleibt Platz für Spekulationen: Warum soll ein Chirurg sich freiberuflich im ehemaligen Spital ansiedeln, wenn dieser Bereich im MVZ zu den Verlustgeschäften gehört? Wer nimmt das Risiko auf sich? Wir fragen OB Rosenberger, der großen Wert drauf legt, dass es in Horb weiterhin die Unfallchirurgie und eine D-Arzt-Zulassung gibt, die für Arbeitsunfälle zuständig ist. „Manche sagen, dass ein MVZ nicht so wirtschaftlich und effizient ist wie eine private Praxis.“ Soll heißen, ein Selbstständiger hängt sich mehr rein, da er auf eigene Rechnung arbeitet.

Rosenberger würde sich wünschen, dass Dr. Olinczuk weiterhin die Unfallchirurgie in Horb betreibt. Aber für das Stadtoberhaupt zählt vor allem die Zusage Heimbachs, dass es dieses Angebot auf jeden Fall weiterhin in Horb geben wird. Doch Rosenberger stellt sich natürlich nach dem ganzen Debakel auch seine eigenen Fragen. „Man tut immer so, alles wird besser, wenn man das Krankenhaus schließt. Oder alles wird besser, wenn man das MVZ schließt. Wir sollten uns dagegen fragen, was ist uns ein MVZ, ein Krankenhaus wert?“

Medizinische Versorgung sei nicht in allen Bereichen zum Nulltarif zu haben. Rosenberger nimmt als Beispiel die Kinderklinik. „Alle sind sich einig, sie ist wichtig, aber sie ist nicht wirtschaftlich zu betreiben. Da muss der Kreis eben sagen, was uns wichtig ist.“ Das gelte auch für das Horber MVZ. „Wir als Stadt sind hier gefordert. Wir müssen mit dem Landkreis überlegen, welche Zukunft das MVZ hat.“ Rosenberger macht keinen Hehl daraus, dass er mit einem MVZ unter städtischer Regie liebäugelt. „Ich hoffe nur, dass wir als Landkreis den Mumm haben zu sagen, so viel soll uns die Gesundheit kosten.“ Die Debatten werden also weitergehen. Hoffentlich nicht auf den Rücken der Patienten. Auch wenn die goldenen Zeiten des Spitals schon lange vorbei sind – den Ausverkauf hat es nicht verdient.

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Erstellt:
14.09.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 06sec
zuletzt aktualisiert: 14.09.2017, 01:00 Uhr

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