Ein Schelmenstück

Was ist eigentlich aus der Kunst- und Kultur-AG geworden? Eine Spurensuche

Ein Jahr ist es her, dass in Horb eine AG gegründet wurde, die der Stadt mehr Kunst und Kultur bescheren sollte. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt seitens der Stadtverwaltung und den Kulturtreibenden. Doch seither hat sich nichts getan. Kulturexperte Mike Zerhusen wirft OB Peter Rosenberger mangelnde Initiative vor. Dieser wehrt sich.

26.08.2016

Von Dagmar Stepper

Mike Zerhusen. Archivbild:Kuball

Mike Zerhusen. Archivbild: Kuball

Horb. Im Juli 2015 wurde zum Pressegespräch ins Horber Rathaus geladen. Der Termin war prominent besetzt: Oberbürgermeister Peter Rosenberger, Bürgermeister Jan Zeitler und Mike Zerhusen als Vertreter der Horber Kunstszene präsentierten ein ambitioniertes Konzept. Horb, das sich selbst gern als „Kulturhauptstadt des Nordschwarzwalds“ sieht, wollte diese Position noch weiter ausbauen, und zwar mit einer Kunst- und Kultur-AG. Viele Ideen wurden in den Raum geworfen: ein Kulturbüro am Marktplatz, eine 450-Euro-Stelle für die Kunst- und Kultur-AG, ein Kulturportal im Internet, eine Bündelung der Kulturförderung, ein umfassendes Kunstnetzwerk und noch vieles mehr. Das Manko in Sachen Kunst fasste Mike Zerhusen damals so zusammen: „Die Stadt wuchert nicht mit ihren Pfunden, die sie hat.“

Der Winter ging ins Land und nun ist wieder Sommer. Da stellt sich die Frage, was ist eigentlich mit der hochgepriesenen Kunst- und Kultur-AG geworden? Seit dem Pressegespräch im Juli 2015 hat man von ihr nichts mehr gehört. Ein Anruf bei Mike Zerhusen: Was geht eigentlich bei der Kunst- und Kultur-AG? Seine Reaktion spricht Bände: Er wäre nicht mehr der richtige Ansprechpartner dafür, denn er habe sich aus dem Projekt mehr oder weniger zurückgezogen: „Ich habe mich mächtig aufgeregt, wie die Stadt die Initiative bei der Kunst- und Kultur-AG verschlafen hat“, sagt er aufgebracht.

Das Pressegespräch sollte eigentlich die Initialzündung für die AG werden. Zwei Wochen zuvor hatten sich mehrere Kunst- und Kulturschaffende mit Vertretern der Stadt getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei wurden Prioritäten festgelegt. Als Nächstes sollte eine Kulturzeitung und ein Kulturbüro angegangen werden. Angedacht war, nach dem Vorbild von Haigerloch eine vierteljährliche Kulturzeitung über Horb herauszubringen. Das Kulturbüro sollte mehrere Sachen in sich vereinen: die Koordination und die Kommunikation von Kulturprojekten und als Ansprechpartner für Bürger, Unternehmen und Organisationen. BM Zeitler sprach dabei explizit nicht nur von einem Kulturbüro für die Horber, sondern auch für die Region. Da war er wieder: der Anspruch der Neckarstadt als führende Kulturstadt der Umgebung.

Zumindest was die Kunst- und Kultur-AG angeht, beginnt dieser Ruf zu bröckeln. Denn im zweiten Halbjahr 2015 ging nicht viel: Bei einem Treffen Ende Oktober wurde als nächster Schwerpunkt ein Kulturportal im Internet festgelegt. Darüber sollte dann Neuigkeiten in der Dezember-Sitzung verkündet werden. Doch dieser Termin wurde recht kurzfristig seitens der Stadt von Robert Hermann, Fachbereichsleiter Bürgerdienste, abgesagt. Die Begründung: Derzeit werde geprüft, wie der Bereich Kunst- und Kultur in die städtische Homepage eingebunden werden könne. Zur 450-Euro-Stelle hieß es, das sei Bestandteil der Haushaltsberatungen im Januar 2016. Hermann: „Aus diesen Gründen ist es im Moment nicht sinnvoll, dass sich die Arbeitsgruppe trifft, da es noch keine neuen Punkte gibt.“ Doch Hermann stellte ein Treffen im Februar in Aussicht.

Das fand allerdings nicht statt. Und seither auch keine weiteren. Am 16. Juni dieses Jahres – also fast ein Jahr nach der letzten E-Mail von Robert Hermann – klingelte dann das Telefon bei Zerhusen: Das Sekretariat von Oberbürgermeister Rosenberger war am Apparat und fragte nach einem Termin wegen der Kunst- und Kultur-AG nach. Da platze Zerhusen der Kragen: „Ohne mich“, antwortete er, es sei eine „Unverschämtheit, ein halbes Jahr keinen Pieps zu machen.“

Ein Anruf bei OB Peter Rosenberger: Was geht eigentlich bei der Kunst- und Kultur-AG? Der ruft aus dem Urlaub zurück. „Wir waren nicht gerade die Sprinter, sondern haben eher eine Ehrenrunde gedreht“, gibt er zu. Er gibt dafür Gründe an: Es sei viel los gewesen, Fachbereichsleiter Robert Hermann befand sich in Elternzeit. Rosenberger sagt, dass es auch unter den Kulturschaffenden nicht immer alles rund lief. Die Vereine hätten sich nicht genügend berücksichtigt gefühlt. Rosenberger: „Da war beispielsweise von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft die Rede.“ Außerdem hätte sich die Umsetzung des Internet-Kulturportals als schwieriger herausgestellt als erwartet. Doch dieses Problem sei inzwischen gelöst. Es würde zwar keinen „Reiter“ geben, also eine prominent platzierte Verlinkung auf der Homepage, sondern einen „Störer“ auf der Startseite der Stadt Horb, der auf das Kulturprogramm weiterleitet.

Auch bei den anderen Kritikpunkten geht Rosenberger in die Offensive: „Das nächste Treffen der Kunst- und Kultur-AG findet sofort nach der Urlaubszeit statt“, verspricht er. Die 450-Euro-Stelle sei vom Gemeinderat im Januar abgesegnet worden, Ende des Jahres soll sie besetzt werden. Ende des Jahres soll auch feststehen, wo das Kulturbüro seine Türen öffnet. „Ob es einen separaten Raum am Marktplatz gibt, ein Zimmer im Rathaus oder ein Leerstand besetzt wird, ist noch nicht entschieden“, sagt er. Rosenberger könnte sich aber vorstellen, dass es Anknüpfungspunkte zum Kreativraum in der Neckarstraße 46 gibt, der von Michael Grüber und Christa Stiegenroth geführt wird. Dass Horb sein Image als „Kulturhauptstadt des Nordschwarzwalds“ verspielen könnte, sieht er nicht: „Wir geben jedes Jahr mehr Geld für Kultur aus“, betont Rosenberger. Und die Vorwürfe von Mike Zerhusen? Rosenberger will auf jeden Fall keinen Zwist: „Ich würde mir wünschen, dass Herr Zerhusen wieder mitmacht und sein Fachwissen einbringt.“

Peter Rosenberger Archivbild: Kuball

Peter Rosenberger Archivbild: Kuball

Horb schmückt sich gern mit Künstlerprojekten wie das Antonie-Leins-Künstlerhaus. Doch mit der Kunst- und Kultur-AG läuft es nicht so rund. Bild:Kuball

Horb schmückt sich gern mit Künstlerprojekten wie das Antonie-Leins-Künstlerhaus. Doch mit der Kunst- und Kultur-AG läuft es nicht so rund. Bild: Kuball

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26.08.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 26.08.2016, 01:00 Uhr

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