Gemeinderat

Zustimmung trotz Unbekannten

Das Gremium hat sich gestern für einen Umzug des Bauernfeindmuseums in die Sonnenstraße 2 ausgesprochen, fordert aber mehr Mitspracherecht.

25.07.2017

Von Cristina Priotto

Ins einstige Modehaus Vayhinger an der Ecke Sonnenstraße/Brucktorstraße soll das Bauernfeindmuseum ziehen. Der Gemeinderat hat am Montag die Verwaltung beauftragt, einen Antrag auf „Leader“-Förderung zu stellen und mit dem Investor einen Mietvertrag auszuhandeln. Bild: Kuball

Ins einstige Modehaus Vayhinger an der Ecke Sonnenstraße/Brucktorstraße soll das Bauernfeindmuseum ziehen. Der Gemeinderat hat am Montag die Verwaltung beauftragt, einen Antrag auf „Leader“-Förderung zu stellen und mit dem Investor einen Mietvertrag auszuhandeln. Bild: Kuball

Fast ein Jahr lang befassten sich die Stadtverwaltung und der Gemeinderat nicht-öffentlich mit einem möglichen Umzug des Bauernfeindmuseums. Die SÜDWEST PRESSE machte die Planungen Anfang Dezember 2016 öffentlich, doch die Diskussion ging seither hinter verschlossenen Türen weiter. Erst am gestrigen Montagabend stand der Punkt auf der öffentlichen Tagesordnung.

Die Frage nach der Zukunft des Museums hätten sich Kernstadtbeirat und Gemeinderat in den vergangenen Jahren mehrfach gestellt, fasste Bürgermeister Gerd Hieber zusammen. Fest stand ein Verbleib in der Kernstadt.

Beim bislang einzigen Umzug des Museums – vom Marktplatz ins ehemalige Forstamt – wurde nicht in die Konzeption oder die Didaktik investiert. Was die Fläche betrifft, bedeutete die erste Standortverlagerung indes eine deutliche Verbesserung: Von 100 Quadratmetern im alten Rathaus auf aktuell 260 Quadratmeter in der Unteren Hauptstraße 5.

Der Mietvertrag mit der Vermögen & Bau Baden-Württemberg wurde 2006 für zehn Jahre geschlossen, 2016 beschloss der Gemeinderat eine Verlängerung bis Februar 2021, doch das Land möchte nicht in das sanierungsbedürftige Gebäude investieren.

Auf der Suche der Stadt nach einer Neukonzeption wurden Studenten der Hochschule für Technik Stuttgart und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste aktiv und erarbeiteten ein neues Ausstellungskonzept für die Werke des in Sulz geborenen Orientmalers Gustav Bauernfeind (1848 bis 1904) mit dem Sulzer Architekten Herwarth Lange.

Im Juni folgte dann der Coup von Ulrich Scholtz, Dozent in Stuttgart: Der Professor kaufte mit seinen Söhnen die Gebäude Sonnenstraße 2 und 4. Seit einigen Monaten werden im hinteren Teil die Räume für das ab November einziehende Notariat umgebaut.

„Die zentrale Lage bietet eine riesengroße Chance für die Stadt und das Museum“, hob Hauptamtsleiter Hartmut Walter die Vorzüge des Standorts hervor. Zudem verspricht sich die Verwaltung davon eine Aufwertung des Bereichs und dank künftig barrierefreiem Zugang mehr Besucher als die bislang 560 im Jahr.

Das Erdgeschoss und die erste Etage des Gebäudes mit einer Gesamtfläche von 252 Quadratmetern bot der neue Eigentümer der Stadt zur dauerhaften Unterbringung des Bauernfeindmuseums an – für 19500 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Für die Räume in der Unteren Hauptstraße 5 zahlt Sulz jährlich 10980 Euro. „Die bisherigen Gespräche waren manchmal nicht einfach“, verriet Hieber und begründete damit die lange nicht-öffentliche Diskussion des Projekts. Die Stadt sei jedoch an einem langfristigen Mietverhältnis interessiert – die Rede ist von einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.

Zugang über Brucktorstraße

Herwarth Lange stellte dem Gremium die vorgesehene Gebäudestruktur vor: Im Erdgeschoss sollen ein Teil der Austellung, der Empfang sowie Damen- und Behinderten-WC unergebracht sein, das erste Geschoss böte Raum für weitere Bilder, ein Büro und ein Lager. Noch offen ist die Gestaltung der Fassade. „Das hängt von der Innenplanung ab“, erklärte der Architekt. Fest steht jedoch, dass die großen Fenster aus Sicherheits- und Platzgründen größtenteils verschlossen werden müssen. Die Erschließung ist über eine neue Treppe und einen Aufzug vorgesehen. Der spitz zulaufende Hintereingang kann aus konstruktiven Gründen nicht gehalten werden, weshalb der Zugang künftig über die verkehrsberuhigte Brucktorstraße erfolge.

Zusätzlich zu Peter Vosseler und Richard Weinziel als ehrenamtlichen Museumsleitern schlug die Verwaltung vor, als hauptamtliche Verstärkung Cajetan Schaub, den Leiter der städtischen Museen, einzusetzen und dafür dessen 75-Prozent-Stelle auf 90 Prozent aufzustocken. Dieser sieht vor allem Bedarf für einen Werbeetat und Sonderveranstaltungen, „um das Museum attraktiv zu halten“.

Peter Vosseler erklärte: „Wir werden bei der Neukonzeption hauptsächlich Originale zeigen und nicht mehr so viele Kopien zeigen“. Der Leiter des Bauernfeind-Museums forderte Räume zum Arbeiten, als Magazin und für eine Bücherei, betonte jedoch, der vorgesehene Platz reiche. Die angedachte Gründung eines Fördervereins unter dem möglichen Vorsitz Richard Weinzierls, wie im Frühjahr vorgestellt, begrüßte Vosseler unter der Maßgabe, dass der lose Kreis „Freunde Gustav Bauernfeinds“ weitergepflegt und integriert werde. „Die Gründung ist jetzt aber schwierig, weil noch nichts Endgültiges auf dem Tisch liegt“, bemängelte Peter Vosseler.

Obwohl das Vorhaben schon lange diskutiert wird, hatten die Gemeinderäte viele Fragen. Eberhard Stiehle (FWV) hätte sich eine detailliertere Konzeption und Mitspracherecht bei der Fassadengestaltung gewünscht. Lange verteidigte die Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise des Investors. GAL-Stadträtin Heidi Kuhring nannte dies „Salamitaktik“. Tobias Nübel (CDU) sah „noch zu viele offene Fragen, um zustimmen zu können“, Fraktionskollege Rober Trautwein störte der zeitliche Druck. Cornelia Bitzer-Hildebrandt (FWV) tat sich schwer mit einer Entscheidung, „weil es so viele Unbekannte gibt“, sah aber die Notwendigkeit zu einem Beschluss, um bis 3. August einen „Leader“-Antrag stellen zu können. Denn Neukonzeption und Umzug stehen und fallen mit der Gewährung von Fördermitteln. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 310700 Euro, davon entfallen 200000 Euro auf die Neugestaltung der Ausstellung. Die Summe könnte sich auf 154049 Euro halbieren, wenn der Zuschuss im erhofften Umfang von 156660 Euro gewährt wird.

Das Gremium stimmte dem Umzug des Bauernfeindmuseums in die Sonnenstraße 2 bei drei Gegenstimmen von Dieter Kopp, Ralf Kreher (CDU) und Herbert Kehl (FWV) zu, vorbehaltlich der Genehmigung des „Leader“-Antrags und beauftragte die Verwaltung, den Antrag zu stellen und mit dem Investor einen Entwurf für den Mietvertrag zu erarbeiten.

Standorte des Museums:

12. Februar 1990: Eröffnung im zweiten Stock des ehemaligen Rathauses

12. Mai 2006: Umzug in den zweiten Stock in der Unteren Hauptstraße 5

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Erstellt:
25.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 41sec
zuletzt aktualisiert: 25.07.2017, 01:00 Uhr

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