Initiative

Kampf gegen Ungerechtigkeit geht weiter

Witwen sammeln Unterschriften für eine Erhöhung des Rentenfreibetrags.

16.03.2017

Von Cristina Priotto

924 Unterstützer hatte die Petition von Witwen aus dem Raum Sulz zur Erhöhung des Freibetrags bis Mittwochabend im Internet erhalten. Zum Erreichen des Quorums sind bis Januar 2018 aber 110000 Unterzeichner nötig.

Initiatorin Gisela Schwalber und rund 50 weitere Betroffene aus dem Raum Sulz, Vöhringen und Dornhan haben sich in ihrem Kampf gegen Ungerechtigkeit Witwen gegenüber von der Ablehnung der beim Petitionsausschuss des Bundestags eingereichten Petition nicht unterkriegen lassen. Deshalb sammeln die Betroffenen seit Ende Januar nicht nur über die Online-Petitionsplattform „Open Petition“, sondern wollen ab nächster Woche in Geschäften in der Region ausgedruckte Unterschriftenlisten auslegen, um ein Anliegen, für das es noch keine Lobby gibt, zu pushen.

Im Kern geht es den Frauen darum, dass der seit 2016 auf 800 Euro im Monat begrenzte Freibetrag für den Dazuverdienst von Witwen auf 1300 Euro erhöht wird.

Denn alles, was Betroffene darüber hinaus einnehmen – dazu zählen auch Einspeisevergütungen aus Solaranlagen sowie Erlöse aus Vermietungen oder Verpachtungen – wird auf die Rente des Mannes angerechnet und 40 Prozent davon werden abgezogen. Den Witfrauen bleiben häufig weniger als 60 Prozent, denn wenn angestellte Ehemänner vor Erreichen des Rentenalters von 63 Jahren sterben, fallen die Abzüge sogar noch höher aus. Von der Gattenrente werden zudem die Beiträge für Sozial-, Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. „Es wird immer weniger“, ärgert sich die Sulzerin Schwalber.

„Freche Antwort“ von Kauder

Die Witwen argumentieren, bei einer höheren Verdienstgrenze auch mehr in die Rentenkassen einbezahlen zu können. Gemeinsam mit Angelika Haas aus Dornhan war die Initiatorin vor kurzem beim CDU-Bundestagsabgeordneten Volker Kauder. Dieser riet den Frauen, 120 Prozent zu arbeiten, um nicht mehr auf die Witwenrente angewiesen zu sein. „Es ist frech, das zu sagen“, ärgert sich Haas über den Politiker.

Die aktuelle Gesetzgebung berücksichtige nicht, dass verheiratete Frauen mit Kindern für die Erziehung teils mehrere Jahre zu Hause geblieben seien, anstatt einem Beruf nachzugehen. „Die Rente wird als Unterhalt dargestellt“, stört sich Gisela Schwalber an der Sicht des Gesetzgebers.

Die Betroffenen fühlen sich dreimal über den Tisch gezogen: Erstens dürfen Witfrauen nicht soviel verdienen, wie sie möchten, zweitens werden sie nach einem Trauerjahr in Steuerklasse I (wie Ledige und Geschiedene) gruppiert, drittens drohen beim eigenen Eintritt in die Rente Abzüge.

Die finanziellen Einbußen für Witwen sind nicht das Hauptanliegen der Petentinnen: „Es geht uns auch darum, dass in einer solchen Situation Arbeit als Beschäftigung auch für die Psyche wichtig ist“, betonte Angelika Haas am Mittwoch beim Pressegespräch.

Gemäß geltender Gesetzeslage würden arbeitswillige Frauen für den Willen zu Mehrarbeit aber bestraft, argumentiert Schwalber, und Haas ergänzt mit Blick auf die vielen Formulare, die Witfrauen ausfüllen müssen: „Man kriegt viele Steine in den Weg gelegt“. 800 Euro seien zu wenig und beförderten die bei vielen Frauen drohende Altersarmut. Früher gab es diese Grenze nicht, was bei den Initiatorinnen Unverständnis hervorruft, weshalb das willkürliche Maximum für die Hinterbliebenenrente eingeführt wurde.

Die Petentinnen hoffen, bis in einem Jahr die nötigen 110000 Unterschriften beisammen zu haben. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Die Witwen wären durchaus bereit, die Listen im Bundestag zu übergeben.

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Erstellt:
16.03.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 16.03.2017, 01:00 Uhr

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