Regisseur Ridley Scott ist gerade 70 geworden. Sein Film ist ein leuchtendes Argument für die Rente mit 80.

American Gangster

Regisseur Ridley Scott ist gerade 70 geworden. Sein Film ist ein leuchtendes Argument für die Rente mit 80.

23.11.2015

Von che

14.09.2015 American Gangster
© null 02:18 min

Im Jahr, als Martin Luther King ermordet wurde, hat Frank Lucas (Denzel Washingtion) einen Traum. Der Afroamerikaner aus Harlem möchte ohne Bevormundung ein Gewerbe aufziehen. Geschäftszweck: Handel mit Heroin, das sich gerade zum Massenkonsumgut entwickelt. Lucas (und ein paar andere) agieren dabei so erfolgreich, dass US-Präsident Richard Nixon im Jahr darauf, 1969, die Drogen zum Staatsfeind Nummer eins erklärt.

Zu dessen Bekämpfung im Raum New York wird der Polizist Richie Roberts (Russell Crowe) mit der Bildung einer Einsatzgruppe beauftragt. Seine Befähigung: Er gilt als ehrliche Haut in einem durch und durch korrupten Polizeiapparat. Zwar ist Roberts mehr schmuddeliger Underdog als strahlender Held, doch immerhin so fleißig und zäh, dass die Schlinge um Lucas? Hals im Lauf der Jahre immer enger wird. Dass nebenbei seine Ehe in die Brüche geht, nimmt der Vollblut-Ermittler achselzuckend hin.

Wer von Ridley Scotts Doppelporträt zweier historischer Figuren der amerikanischen Kriminalgeschichte das übliche Katz-und-Maus-Spiel zwischen Cop und Gangster erwartet, wird enttäuscht werden. Klassische Krimispannung gibt es allenfalls im hinteren Drittel. Der große Rest ist ein ziemlich verästeltes „Lehrstück der politischen Ökonomie? (Georg Seeßlen) anhand zweier zeittypischer Charaktere, die psychologisch noch nicht einmal besonders vertieft werden.

Im Minutentakt führt Scott Einzelphänomene vor, die nach und nach ein zusammenhängendes Geflecht ergeben: Der Vietnamkrieg als Basis für Lucas? Heroinbeschaffung und zugleich als wichtigste Ursache der massenhaften Nachfrage nach Drogen. Die Verluderung der Staatsmacht vom Präsidenten bis hinunter zum Streifenpolizisten. Der einsetzene Umbruch im organisierten Verbrechen von mafiös-patriarchalen Strukturen hin zu kühlem kapitalistischem Kalkül (Luacs vereint beide Seiten). Die stecken gebliebene Gleichberechtigung der Afroamerikaner, die in Aufstiegsträume durch die kriminelle Hintetür mündet. Eine der Schlüsselszenen zeigt, wie Lucas seine bäuerlich arme Südstaatenfamilie voller Stolz in einem prächtigen Herrenhaus unterbringt.

Ein weniger stilsicherer Regisseur als Scott könnte sich mit so etwas leicht verzetteln. Der Macher von „Blade Runner? und „Black Hawk Down? legt indes eine bildnerische Gestaltungskraft an den Tag, dass man fast jede Einstellung vor Freude zum Stillstand bringen möchte. Die Assoziationsräume öffnende Montage, das präzise, manchmal beinahe skrupulös gezügelte Spiel der beiden Hauptdarsteller und die erfreulich klischeefreie Popsong-Kollektion als Katalysator der Zeitstimmung machen „American Gangster? vollends zu einem heißen Klassiker-Kandidaten.

American Gangster

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Erstellt:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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Tommy 03.12.200712:00 Uhr

Gut, dass es mal jemand anspricht Spielbergle.

shevad 02.12.200712:00 Uhr

American Gangster ist ein guter Film, daran sollte nicht gezweifelt werden. Doch stellt man ihn in Relation zu dem Stoff, den er behandelt und was man daraus hätte machen können, schneidet der Film schlecht ab. Die Biographie von Frank Lucas ist bei weitem nicht so interessant wie die Gesellschaft, in der er lebte und was sich an Skandalen in der US-Polizeibehörde abspielte. Diese Dinge blendet der Film leider völlig aus und behandelt sie nur am äußersten Rande. So bleibt ein zwar unterhaltsamer Film übrig, dem man jedoch in vielen Szenen selbst als Laie die eben verschenkten Möglichkeiten ankreiden kann. Schade!

02.12.200712:00 Uhr

Trotz der Länge von Anfang bis Ende fesselnd, sehr unterhaltsam und verdammt gut gemacht. Ansehen!

spielbergle 26.11.200712:00 Uhr

Note 3, da nicht gesehen. Warum? Weil dieser Film (ebenso wie "Abbitte") in Tübingen nicht läuft! Wie damals "Children of Men" oder auch "Prestige"! Auch ohne Programm-Rückstau durch diverse Filmtage, kommen in Tübingen einige gute Filme nicht ins Kino!?
Angeblich ein Streit mit einem Verleih? Scheiße, warum?

Mike 19.11.200712:00 Uhr

Sehr gut, vor allem Denzel Washington.

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