Cold War - Der Breitengrad der Liebe

Cold War - Der Breitengrad der Liebe

1949 wollen ein polnischer Komponist und eine Sängerin gemeinsam fliehen. Doch sie treffen sich erst Jahre später in Paris wieder.

21.11.2018

Von Dorothee Hermann

Cold War - Der Breitengrad der Liebe
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Der polnische Regisseur Pawel Pawlikowski („Ida“) braucht keine verblüffenden technischen Erfindungen, um seine Zeitmaschine in Gang zu setzen. Er hat sie auch nicht Richtung Zukunft, sondern auf die Vergangenheit eingestellt. Das elegante Schwarz-Weiß der bestechend komponierten Bilder (Kamera: Lukasz Zal) scheint den Zuschauer in sich hineinzuziehen. Es ist, als wäre auf der Leinwand zugleich eine psychische, innere Realität und – zu Anfang – das kriegszerstörte Polen der unmittelbaren Nachkriegszeit zu sehen.

In dem tiefverschneiten Land macht sich der Pianist und Musikarrangeur Wiktor (Tomasz Kot) mit einer Kollegin daran, traditionelle Lieder zu sammeln. Die beiden fragen bei der Landbevölkerung herum und nehmen alles auf, was ihnen vorgetragen wird.

Dann bekommen sie den Auftrag, in einem bröckelnden masurischen Herrenhaus ein Musikinstitut einzurichten und die Gesangskünstler von morgen auszubilden. Rumpelnd fährt ein Lastwagen voller junger Leute heran. Eine von ihnen ist die schwer durchschaubare Zula (Joanna Kulig). Nach den an Sibirien erinnernden Schneemassen und den kärglichen Lebensverhältnissen auf dem Land ist der Film nun bei seinem emotionalen Glutkern angelangt, der Amour fou zwischen Zula und Wiktor.

Das junge Ensemble aus dem Herrenhaus bringt es rasch zu einiger Virtuosität, als auch schon die politische Einflussnahme beginnt: Das Repertoire soll propagandatauglicher werden. 1952 kommt eine Einladung nach Ost-Berlin. Wiktor will von Berlin in den Westen. Doch Zula zögert.

Fortan sind die beiden durch den Eisernen Vorhang getrennt. Was nach verzweifelter Endgültigkeit klingt, erweist sich als unerwartet löchrig, aber eben nur punktuell und kaum vorhersehbar. Bei Gastspielen in Paris, Jugoslawien und Berlin kommt es zu rauschhaften, aber nur kurzen Begegnungen der Liebenden.

Bei Zulas Auftritten scheint der dem realsozialistischen Gute-Laune-Sound angepasste Rhythmus des in Trachten gekleideten Ensembles mit jedem stampfenden Tanzschritt jegliche individuelle Leidenschaft niederzutreten. Für Wiktor bringt die erhoffte Freiheit des Westens vor allem Einsamkeit und Sehnsucht. Doch es sind nicht nur die eisigen politischen Verhältnisse, die das Paar voneinander trennen.

Der Kalte Krieg und zwei Liebende, die für jedes beiseite geschaffte Hindernis sofort ein neues auftürmen.


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Erstellt:
21.11.2018, 15:48 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 03sec
zuletzt aktualisiert: 21.11.2018, 15:48 Uhr

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