Cruise mal monströs: Alptraumhafter Großstadt-Trip ohne große Krimi-Allüren.

Collateral

Cruise mal monströs: Alptraumhafter Großstadt-Trip ohne große Krimi-Allüren.

24.11.2015

Von che

Collateral

In einem anderen Film wären sie vielleicht gute Geschäftspartner geworden. Max, der verträumte und nach Höherem strebende Taxifahrer, und sein Fahrgast Vincent, ein höflicher, grau melierter Herr, der seinem antriebsschwachen Vordermann eingangs der Tour lebensberatend auf die Sprünge hilft. Doch schon an der nächsten Straßenecke entpuppt sich der vermeintliche Gentleman als skrupelloser Profikiller, der Max zwingt, ihn eine Nachtlang durch Los Angeles zu kutschieren. Fünf Mitwirkende an einem Prozess gegen die Drogenmafia müssen der Reihe nach zur Strecke gebracht werden.

„Collateral? ist ein Film von Michael Mann („Ali?), einem der letzten Stilisten Hollywoods, und entsprechend hoch sind die Erwartungen. Der Plot enttäuscht sie auf der ganzen Linie. Die Handlung ist im großen Ganzen hanebüchen konstruiert und in den Einzelheiten oft zum Schreien unglaubwürdig. Die gute Nachricht ist, dass einen das über weite Strecken überhaupt nicht stört.

Das liegt zunächst daran, dass sich die Aktion hier ganz dem Atmosphärischen unterordnet. Mehr als einem Thriller gleicht der Film einem Trip ins Herz der Finsternis, einem düsteren Kino-Alptraum in der Art von „Apocalypse Now?, nur eben auf den Großstadt- und Highway-Dschungel von Los Angeles bezogen. Und wie Coppola in seiner Vietnamkriegs-Oper spart auch Mann nicht bizarren Begebenheiten. Ein fast surreales Blei-Ballett in einer Diskothek braucht sich vor Tarantinos Choreographie-Künsten nicht zu verstecken. Fast unnötig zu erwähnen, dass jedes einzelne Bild exquisit komponiert und der Soundtrack, eine Mischung aus Popsongs und Geräusch-Collagen, äußerst stimmig ist. Und zum Showdown frisst man dem Zauberer Mann trotz aller Logiklöcher sogar die Suspense gierig aus der Hand.

Dass „Collateral? dennoch kein ganz großer Film ist, liegt an den Hauptdarstellern. Jamie Foxx ist als Chauffeur eine Spur zu eindimensional schlaff. Tom Cruise macht als Monster mit Manieren zwar eine ganz ordentliche Figur; es will einem aber die ganze Zeit nicht aus dem Kopf gehen, dass hier einer mit Gewalt gegen sein Good-Guy-Image anspielt.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 00sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Sebastian Selig 27.09.200412:00 Uhr

Die Nacht habe ich noch nie reicher eingefangen gesehen. Bilder und Töne wie mit dem Skalpell geschnitten, Farben wie aus einer anderen Welt. Keiner inszeniert momentan dichter als Mann. Ok, der Plot klingt nacherzählt erst einmal nicht besonders stark, verfügt aber über ausgezeichnete Struktur, die auf einen ersten und zweiten Akt komplett verzichtet und die perfekte Projektionsfläche bietet, für die hier wahrlich in die Tiefe gehenden Obsessionen Manns. DER UNSICHTBARE DRITTE dieses Jahrzehnts.

Boris Dollinger 24.09.200412:00 Uhr

Michael Mann inszeniert souverän, und wie immer in grandiosen Bildern einen Thriller dessen Plot zwar tatsächlich eher Standard ist, und der auch ein bißchen zu sehr in die Länge gezogen wird, der aber auch vielmehr vom intensiven und grandiosen Spiel seiner beiden Hauptdarsteller lebt die ihre garnichtmal so unterschiedlichen Figuren mit einer Begeisterung spielen die man so selten sieht. Sicherlich nicht Manns großartigster Film, sicherlich auch kein Meisterwerk, ein bemerkenswerter Film jedoch allemal!

Andreas 19.09.200412:00 Uhr

Absoluterstandardplot,schlecht in Szene gesetzt

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