Ein Spitzel wird gewendet, am Ende darf man mit mehr Niveau als sonst ein bisschen heulen

Das Leben der anderen

Ein Spitzel wird gewendet, am Ende darf man mit mehr Niveau als sonst ein bisschen heulen

24.11.2015

Von ust

Das Leben der anderen

„Das Leben der Anderen? ist nicht nur ein Film über die DDR. Er ist auch ein Film über das wahre Leben im falschen, und damit zugleich eine Ode ans Leben. Selbst der Unberührbarste von allen, der perfekte Spitzel Gerd Wiesler, Deckname HGW XX/7 (Ulrich Mühe), entdeckt es ? zum ersten Mal, als er die „Appassionata?, die Klaviersonate von Beethoven hört. Er schließt seine ewig aufgesperrten, traurigen Augen und lauscht dem Stück, vor dem Lenin warnte, weil er damit Menschen auf die er „mitleidslos einschlagen? müsse, über die Köpfe streicheln wolle. Von nun an ist der Stasi-Hauptmann infiziert, der Spitzel wandelt sich zum Schutzengel.

Der Debütfilm von Florian Henckel von Donnersmarck ist keine einfache Liebesgeschichte. Wenn, dann ist er am ehesten die Liebesgeschichte zwischen einem aufrechten Autor, einem „guten Menschen? (Sebastian Koch) und seinem Überwacher.

Wie ein verspätet auf die Erde gelandeter Science-Fiction-Held der sechziger Jahre sitzt der Stasi-Mann in einer Raumstation unterm Dach des Schriftstellers Georg Dreysam und überwacht dessen Gespräche, seinen „Geschlechtsverkehr? und seine Gedanken. Wir befinden uns im Orwell-Jahr 1984. Doch dieser Big Brother ist ein kleiner Mann, der sich mit kleinbürgerlicher Gründlichkeit zum Spezialisten für Spitzeltechnik ausgebildet hat. Ein schier exportfähiges DDR-Produkt.

Der Autor verkörpert die andere, die bessre Welt. Er gehört zu den wenigen, die im Osten und im Westen gleichermaßen geschätzt werden. Seine Freundin Christa-Maria (Martina Gedeck) ist ein gefeierter Bühnenstar und die Sinnlichkeit in Person. In ihrer Labilität ist sie willfährige Beute des Kulturministers, der in seinem machtgeilen Untergebenen Oberstleutnant Grubitz (Ulrich Tukur) die richtige Marionette hat.

Der Film bietet viel Gelegenheit, all diese Figuren aus einer fernen DDR-Welt, die jederzeit andernorts und unvermutet wieder auftauchen kann, zu beobachten. Auch wir Zuschauer sitzen mit aufgerissenen Augen da, ohne jedoch fürchten zu müssen, von den eigenen Gefühlen überwältigt zu werden. Der Film fährt minutiös die Banalität des Schreckens ab und verkleistert den Blick nicht, indem er sich falsche Tränen erpresst.