Entspannt ironische Aufbereitung von Familienkrisen-Klischees. Aber wenn's Ernst wird, hört der Spaß auf.

Das wahre Leben

Entspannt ironische Aufbereitung von Familienkrisen-Klischees. Aber wenn's Ernst wird, hört der Spaß auf.

24.11.2015

Von che

Das wahre Leben

Im Goldenen Dreieck aus „Vier Minuten?, „Das Parfum? und „Wer frü­her stirbt? ging beinahe unter, dass auch „Das wahre Leben? am ver­gangenen Wochenende mit einer Lola bedacht wurde. Der neue deu­tsche Shooting-Star Hannah Herzsprung bekam sie als beste Ne­ben­darstellerin ? was wohl als Trost zu verstehen ist, weil sie in „Vier Minuten? dem Alter (Monica Bleibtreu) den Vortritt lassen musste.

Der Film, für den die Tübinger Agentur b.casted die Komparsen ausge­sucht hat, knöpft sich eine deutsche Mittelschichtsfamilie vor. Der Vater (Ulrich Noethen) malocht fast rund um die Uhr als Risikomana­ger. Die Mutter (Katja Riemann) betreibt lustlos eine Galerie. Der Sohn arbeitet etwas umständlich an seinem Coming Out, während sein kleiner Bruder mit Bomben aus dem Chemiebaukasten das Vor­stadt-Viertel in Schrecken versetzt und in dem Nachbarsmädel (Herzsprung) aus noch chaotischeren Verhältnissen eine Mitstreiterin findet. Wer da die Klischees trapsen hört, hat vollkommen recht ? allerdings werden sie von dem in Ludwigsburg ausgebildeten Regisseur Alain Gsponer so entspannt und sanft ironisch verabreicht, dass man sie wie liebe alte Bekannte umarmen möchte.

Im ersten Teil eine gallige Edel-Sitcom, steuern die unterschwellig lodernden Konflikte schließlich auf die Explosion zu, als der frisch entlassene Papa das traute Heim zu belagern beginnt. Mehr als Herzsprung hätte die Lola übriges Katja Riemann verdient, die wie schon in „Agnes und seine Brüder? be­weist, dass sie, wenn der Stoff es nur hergibt, eine brillante Schauspielerin ist ? und das ohne jedes exaltierte Kabinettstückchen.