Mein Kumpel, der Diktator. Packender Report aus den Eingeweiden einer Diktatur.

Der letzte König von Schottland

Mein Kumpel, der Diktator. Packender Report aus den Eingeweiden einer Diktatur.

24.11.2015

Von che

Die Fakten: 1971 putschte sich der ugandische General Idi Amin mit Unterstützung der Briten, die den vermeintlichen Sozialisten Milton Obote loswerden wollten, an die Regierung des ostafrikanischen Landes. Sein selbstbewusstes Auftreten, die antikoloniale Rhetorik brachten ihm anfangs auch die Sympathie von Wohlmeinenden ein. Sein einziges Ziel war aber wohl von Beginn an der Machterhalt mittels brutaler Gewalt. Bis zu seinem Sturz 1979 hatte Amin rund 300 000 Landsleute umbringen lassen und mindestens 50 000 außer Landes gejagt. In den westlichen Medien war er am Ende als „Afrikas Hitler? verschrien ? Symbol auch für die angebliche Unfähigkeit der Afrikaner zu zivilisierter Politik.

Von alldem weiß der junge schottische Arzt Nick Garrigan ? eine aus verschiedenen Realpersonen zusammengesetzte Kunstfigur ? nichts, als er im Putschjahr voller Abenteuerlust und Hilfsbereitschaft nach Uganda reist. Durch Zufall lernt er Amin kennen, der ihn mit seinem kumpelhaften Charme und dem knuddeligen Äußeren sofort in Bann schlägt. Ohne lange zu zögern, lässt er sich zu dessen Leibarzt befördern und steigt in den Hofstaat auf. Von der Macht und dem Luxus geblendet, übersieht „Amins weißes Äffchen? (so der Jargon in der britischen Botschaft) konsequent die Gräuel, die um ihn herum geschehen.

Das Klischeefilmbild vom „weißen Retter? Afrikas auf den Kopf stellend, entwickelt sich Garrigan aus Naivität und Eitelkeit zum unfreiwilligen Handlanger einer wildwütigen Schreckensherrschaft. Dass er uns dennoch bis zum Schluss sympathisch bleibt, liegt an seinem Gegenüber Amin, wie Forest Whitaker ihn verkörpert. Weit entfernt von den medialen Zerrbildern vom „Kannibalen? oder „Monster? arbeitet der dafür zurecht mit dem Oscar belohnte Schauspieler vor allem dessen charismatische Kraft, das kindlich Einnehmende, die Showman-Qualitäten heraus, von denen sich nicht nur ein (fiktiver) Jungspund aus Schottland einwickeln ließ, sondern Jahre lang fast die gesamte Weltöffentlichkeit. Nur gelegentlich kommen sein paranoider Wahn und die zügellose Gewaltbereitschaft zum Vorschein.

Trotz Whitakers fulminanter Leistung ist der Film aber weniger ein Amin-Porträt als eine Analyse des Innenlebens einer Diktatur. Am Einzelfall Uganda dringt der gelernte Dokumentarfilm-Regisseur Kevin Macdonald tief in die Dynamik des Verführens und Verführtwerdens, in das so banale wie effiziente System des Belohnens und Bestrafens. Mehr als dem „Untergang?, an den sich einige Kritiker erinnert fühlten, ähnelt er einer anderen, viel besseren Filmstudie zur Nazi-Herrschaft: Istvan Szabós „Mephisto? (nach Klaus Mann) über die Beziehung zwischen Hermann Göring und dem Theatermann Gustaf Gründgens. Was wiederum beweist, dass „Der letzte König von Schottland? weit über das „finstere? Afrika hinaus von Belang ist.

Der letzte König von Schottland