So viele Argumente, lieber daheim ein Buch zu lesen, gibt es im Kino selten.

Der menschliche Makel

So viele Argumente, lieber daheim ein Buch zu lesen, gibt es im Kino selten.

24.11.2015

Von che

Der menschliche Makel

Nach 30 Jahren wurde wieder einmal ein Roman von Philip Roth, einem der wichtigsten lebenden Schriftsteller Nordamerikas, verfilmt, und das Resultat liefert gute Gründe, es die nächsten 30 Jahre bleiben zu lassen.

Roths Romane sind spröde in der Handlung, tiefschürfend in der Charakterisierung der Figuren und präzise in der Zeitgeistanalyse ? also genau das Gegenteil eines Hollywoodfilms. Eine Inhaltsangabe kann ihren Gehalt daher nur unscharf widerspiegeln. Hier geht es um einen eloquenten Literaturprofessor, der kurz vor der Emeritierung wegen einer angeblich rassistischen Anspielung aus dem Universitätsdienst fliegt, bald darauf seine Frau verliert, sich in eine Affäre mit einer 30 Jahre jüngeren Putzfrau stürzt und nebenher sein von Selbstverleugnung und verzweifelter Identitätssuche geprägtes Leben reflektiert.

Was auf 400 Seiten Buch ein komplexes Charakterbild und Sittengemälde Amerikas ist, verwandeln die Hollywood-Veteranen Robert Benton (Regie) und Nicholas Meyer (Drehbuch) in 105 Minuten zuweilen peinlich platte Buchstaben-Bebilderung. Eine ungelenke Erzählerstimme und hölzerne Rückblenden pervertieren die beabsichtigte Werktreue.

Dem Rothschen Furor und Raffinement entkleidet, versackt die Story zur schlichten Professor-Unratiade, gegen die auch der tapfer um Nuancen bemühte Anthony Hopkins in der Hauptrolle keine Chance hat. Das übrige Personal ? Hochkaräter wie Nicole Kidman oder Ed Harris ? ist von vornherein bloß zum Stichwortgeben verdammt.