So bieder kann Punk sein: Rocko Schamonis Roman als Coming-of-Age-Geschichtchen im Fernsehspiel-Format.

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So bieder kann Punk sein: Rocko Schamonis Roman als Coming-of-Age-Geschichtchen im Fernsehspiel-Format.

23.11.2015

Von Dorothee Hermann

Sie fallen verdammt auf, wenn sie auf dem Schmalenstedter Marktplatz die Bierdosen herausholen, die Jungs, die 1984 dem Punk in der norddeutschen Provinz
nacheifern. Stachelhalsband, Ketten, alles da, und die kleinen Ladenbesitzer holen gleich die Polizei.

Der düsterste ist zweifellos Sid (Pit Bukowski) wie Sid Vicious, der den wütenden Garagensound als Verweigerung gegen kapitalistische Verwertung versteht. Malte alias Roddy Dangerblood (Cecil von Renner) hat wohl die liberalsten Eltern. Deshalb übt die Instantband mit den wechselnden Namen Warheads und Fuck of Tomorrow (oder lieber Fuck off Tomorrow?) meistens bei Roddy. Meistens sieht man sie, samt Roadie, an einem baumumstandenen Aussichtsplatz abhängen, wo „geil? das Universalwort ist.

Für die auseinander driftende Band trifft es immer weniger zu. Breit sein und Musik machen oder lieber nur gründlich breit sein? Der Bassist entscheidet sich als erster für die einfachere Alternative.

Der Soundtrack bietet unter anderem Slime, Fehlfarben und die Stranglers und misst den harten Abstand zum Großstadtpunk aus. Die verkürzte Filmversion von Rocko Schamonis Autobiografie (Regie: Lars Jessen) ist vor allem etwas für Nostalgiker/innen, die bei Öko-Limonade, Bier und Chips an die eigene Provinzjugend zurückdenken, ausgeleuchtet wie die schwarzen Klamotten der Szene.

Stachelhalsband und krachende Schrammelriffs bleiben Requisiten, wie von einem Poster. Der nüchterne Blick des an Captain Beefheart geschulten Kneipenwirts (Axel Prahl) hätte auch nichts anderes erwartet.

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